Das Energiebündel aus dem Osten

Marie-Josée Frank – Ein Plädoyer für eine nachhaltige Familienpolitik als Grundlage einer modernen Gesellschaft

Sie pendelt zwischen ihrem Büro im Gemeindehaus in Berg und der Abgeordnetenkammer hin und her und verfolgt doch nur ein Ziel: eine Politik für den Menschen mit den Menschen. Familienpolitik ist dabei eines ihrer großen Themen. Allerdings mahlen die politischen Mühlen manchmal etwas langsam, findet Marie-Josée Frank.

Krankenschwester sei der schönste Beruf der Welt, meint Marie-Josée Frank. Und mit dem gleichen Engagement, das sie einst in ihrem Beruf an den Tag legte, geht sie auch heute noch die politischen Dossiers an. Geblieben ist auch der Blickpunkt. Bei allem was sie tut, steht stets der Mensch im Mittelpunkt, ob auf kommunaler oder auf nationaler Ebene: “Der Egoismus in der Politik ist mir zuwider”, kommentiert die CSV-Politikerin.

Die Kommunalpolitik kommt ihrer Einstellung deshalb eher entgegen. Da ist sie näher am Bürger, die Entscheidungswege sind kürzer, sie kann schneller etwas bewegen. Apropos schnell: Am meisten stört die energische Politikerin, dass die Prozeduren in der Politik sich manchmal als extrem langwierig erweisen. Da verliert das Energiebündel schon mal die Geduld.

Obwohl sie lange mit dem Gedanken spielt – der Vater und der Bruder waren über Jahre kommunalpolitisch aktiv -, geht Marie-Josée Frank erst relativ spät in die Politik. Die Familie sollte nicht unter ihrem politischen Engagement leiden. 1996 schaffte sie bei den Komplemantarwahlen auf Anhieb den Sprung in den Gemeinderat von Betzdorf. Seit dem 1. Januar 2000 ist sie Bürgermeisterin. Nach einigen Startschwierigkeiten blüht sie in ihrem neuen Amt auf. Endlich kann sie etwas bewegen. Dabei ist es ihr sehr wichtig, dass die Bürger – besonders aber die Jugend – bei den Projekten mit eingebunden werden. Sie sei eine “Bürgermeisterin zum Anfassen”, heißt es in der Gemeinde.

Besonders stolz ist die Bürgermeisterin deshalb auf den Campus scolaire et sportif in Roodt/Syr, der Primärschule, Éducation différenciée, Maison relais und Sportinfrastrukturen gleichermaßen beherbergt. Der Schulhof, ein Leader-Projekt, das zusammen mit den Eltern, dem Lehrpersonal und den Kindern unter dem Motto “Schoulhaff, eng Liewenswelt” gestaltet wurde, gilt als vorbildlich.

Das Projekt entspricht voll ihrem Verständnis von der Aufwertung des ländlichen Raums. Dass ihre Gemeinde 2006 mit dem europäischen Dorferneuerungspreis, der unter dem Motto Wandel als Chance stand, ausgezeichnet wurde, erfüllt sie mit Stolz. Allerdings sähe sie es gerne, wenn die Kommunalpolitiker im Bereich ländliche Entwicklung enger zusammenarbeiten würden.

Auch wenn die Kommunalpolitik ihrem Temperament eher entgegenkommt, so ist sich Marie-Josée Frank dennoch bewusst, dass man in der Nationalpolitik – es war die damalige CSV-Präsidentin Erna Hennicot-Schoepges, die sie zur Kandidatur bewegte – mehr Möglichkeiten hat, um dauerhaft etwas zu bewirken. Beispiel Familienpolitik. “Das Kind muss im Mittelpunkt aller Interessen stehen. Wir müssen die Familie stärken. Wir müssen aber auch versuchen, optimale Voraussetzungen zu schaffen, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen”, unterstreicht Marie-Josée Frank. Man müsse gezielt auf die Bedürfnisse der Familien eingehen, eine breit angelegte Gießkannenpolitik hält sie indes für wenig hilfreich. Mit finanzieller Unterstützung allein ist es nicht getan, meint die Politikerin, man müsse auch eine Begleitung für die Familien anbieten. Wichtig ist ihr vor allem die traditionelle Familie.

Letztendlich kommt es aber auf den richtigen Mix zwischen National- und Kommunalpolitik an: Auf Landesebene wird beispielsweise der Rahmen für die Maison relais abgesteckt, Staat und Gemeinden müssen dann eine möglichst gute Vernetzung zwischen Maison relais und Schule schaffen, fordert Marie-Josée Frank.

Neben dem Jugendschutz und der Problematik der Familien in Not liegt der diplomierten Krankenschwester besonders das Dossier Palliativmedizin am Herzen: “Hier geht es um die Würde und um den Respekt des Menschen”, betont die Politikerin, die sich vehement gegen die Euthanasie ausspricht: “Am Ende seines Lebens sollte ein Mensch an der Hand eines anderen Menschen sterben können, nicht durch die Hand eines anderen”, so Marie-Josée Frank. Um so mehr freut sie sich über das positive Gutachten des Staatsrats zum aktuellen Gesetzesprojekt. Wichtig ist der Politikerin dabei, dass Ärzte und Pfleger eine adäquate Ausbildung in Palliativmedizin erhalten. Wenn alles gut geht, könnte das Gesetz noch in diesem Jahr von der Abgeordnetenkammer verabschiedet werden, hofft Frank.

Zur Ruhe muss sich die Politikerin meist zwingen. Ausgleich findet sie mit ihren Kindern und in der Gartenarbeit. Zur Not tut’s aber auch die Hausarbeit: “Ich stamme aus einer Bauernfamilie und bin nicht gewohnt, die Hände in den Schoß zu legen”, sagt Frank über sich selbst. Kraft schöpft Marie-Josée Frank letztendlich aber auch aus ihrem Glauben.

Quelle: Wort, 6. August 2007, DANI SCHUMACHER