Afrika- unser Partner in der nachhaltigen grenzüberschreitenden Energiewirtschaft

Der Klimawandel bedroht insbesondere zahlreiche afrikanische Länder. Von Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Die Emissionen von Treibhausgasen in die Atmosphäre beeinflussen das Klima dauerhaft, mittlerweile ist sich die Menschheit diesem Problem wirklich bewusst, die zahlreichen Konferenzen belegen dies. Der Klimawandel gefährdet grundlegend nachhaltige weltweite Entwicklung. Es ist längst nicht mehr ein reines Umweltthema. Die Zunahme von extremen Wetterereignissen: Stürme, Überschwemmungen und Dürren, das Abschmelzen von Gletschern und der polaren Eismassen mit einem prognostizierten Anstieg des Meeresspiegels werden auf die Erderwärmung zurückgeführt. Als effektive Maßnahmen zum Klimaschutz werden die Verringerung des Verbrauchs an fossilen Brennstoffen, die erhöhte Energieeffizienz und die gesteigerte Nutzung der erneuerbaren Energien angedacht. Durch den stetig wachsenden “fossilen” Energiekonsum gefährdet der Mensch das Klimagleichgewicht, es sei vermerkt, dass wir heute in nur einem Jahr fossile Rohstoffe verbrennen, für deren Aufbau in der Erdgeschichte 500.000 Jahre erforderlich waren. Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen werden trotzdem um etwa 60 Prozent bis 2030 ansteigen und Erdöl, Erdgas und Kohle werden dann noch immer etwa 83 Prozent des weltweiten Energiehungers decken.

Zurzeit können wir die Folgen, der durch den Klimawandel ausgelösten Migration, für die Stabilität einzelner Weltregionen, nicht abschätzen. Einzelne Staaten, die “kleinen Inselstaaten” im Pazifik und in der Karibik, welche dem Anstieg des Meeresspiegels ausgesetzt sind, klagen die Industrieländer bereits an. Der Klimawandel ist eine grundsätzliche Frage der Gerechtigkeit gegenüber den Entwicklungsländern und gegenüber künftigen Generationen.

Fast alle Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass der überwiegende Teil der aktuellen Erwärmung durch die ungehemmt steigenden CO2-Emissionen und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre durch den Menschen verursacht wird. Allein die CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat sich von 275 ppm im Jahr 1865 auf rund 380 im Jahr 2007 erhöht. Die Hauptemittenten der Treibhausgase sind überwiegend die Industrieländer, mittlerweile beteiligen sich auch einige Schwellenländer u.a. China und Indien, bedingt durch ihr Wirtschaftswachstum, an dieser Emissionsspirale. Laut dem jüngsten Bericht der EU-Kommission wird vorausgesagt, dass der Anstieg des weltweiten Energiebedarfs auf etwa 1,8 Prozent pro Jahr zwischen 2000 und 2030 geschätzt wird, in der EU auf 0,4 Prozent pro Jahr beschränkt. Der Energiebedarf in den Entwicklungsländern hingegen wird so stark anwachsen, dass mehr als die Hälfte des Energiebedarfs auf diese fällt.

Nach dem Stand der Klimaforschung gilt es als sehr wahrscheinlich, dass die durch den Menschen verursachten Klimaveränderungen die natürliche und die menschliche Lebenswelt erheblich beeinträchtigen werden. Bedingt durch die Erwärmung der Erdoberfläche wird der Meeresspiegel um möglicherweise 40 cm bis zum Jahr 2100 ansteigen. Als oberste Grenze für eine tolerierbare Klimaerwärmung wird eine Erhöhung um maximal zwei Grad C bis 2010 empfohlen. Dies kann nur geschehen, wenn wir die Konzentration der Treibhausgase dauerhaft unterhalb von 450 ppm stabilisieren. Angesichts der möglichen Schäden insbesondere für die Menschen in den Entwicklungsländern, sind wir aufgerufen, unsere Verantwortung zu übernehmen, unverzüglich wirksame Maßnahmen hinsichtlich der Reduktion der Treibhausgasemissionen zu ergreifen.

Trotz allem Missmut über die Gestaltung der globalen Energiewirtschaft und die sich ergebenden Klimaveränderungen, sollen wir folgendes beherzigen:” Es ist auch unsere Pflicht, den Menschen, die Angst zu nehmen. Wissenschaftler, Politiker und der einzelne Verbraucher sollen gemeinsam diese Aufgabe angehen und zusammenhängende Lösungen aufsuchen und umgehend Umsetzen, denn Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.”

Afrika – unser Partnerkontinent in der nachhaltigen Energieversorgung

v1_img_a5822_10_large.jpgAuch wenn sich in Europa die ersten Anzeichen des Klimawandels bemerkbar machen, so stehen die Menschen in Afrika diesem Wandel, angesichts der knappen finanziellen Mittel, machtlos gegenüber. Die Menschen in der Sahelzone und in Ostafrika fühlen sich durch die Folgen des Klimawandels bedroht. Am Horn von Afrika, in Teilen Kenias, in Somalia und Äthiopien sowie in einigen Ländern der Sahelzone herrscht die schlimmste Dürre, wir sind täglich Zeitzeugen dieser dramatischen Umstände. In den Gegenden, in denen fast zwei Jahre lang kein Tropfen Wasser gefallen ist, verlieren die Menschen durch den ausgelaugten und vertrockneten Boden ihre Existenzgrundlage. Das Anwachsen der Sahara um nahezu 60.000 km2 pro Jahr wird die unheilvolle Migration weiter beschleunigen.

Man möge sich des Weiteren vor Augen halten, dass 2 Mrd. Menschen von den 6.6 Mrd. auf dem Planeten mit weniger als 2 € pro Tag auskommen müssen. Weltweit haben 1,1 Mrd. Menschen keinen sicheren Zugang zu ausreichend Trinkwasser. Dies wird sich in einigen Regionen der Welt noch weiter verschärfen, weil es durch den Klimawandel zu größeren Schwankungen in den Niederschlägen und der Wasserverfügbarkeit kommen dürfte. Wenn sich Eiskappen und Gletscher nicht mehr bilden, wird auch kein Schmelzwasser die Täler mit Wasser beliefern und die Ernährungssicherheit wird sich regional dramatisch verschlechtern.

Der Klimawandel bedroht die Ernte insbesondere in den Entwicklungsländern. Bereits heute sind weltweit über 850 Mio. Menschen unterernährt. Des Weiteren verfügen etwa 2 Mrd. Menschen über keinen Zugang zu wirtschaftlicher Energie und sind auf ihre heimische Energie u.a. Biomasse angewiesen, unwissend, dass sich durch den Raubbau an der Umwelt ihre Lebensgrundlage drastisch verschlechtert und ihre Lebensqualität rapide sinkt. Wenn wir es schaffen, den Menschen in den Entwicklungsländern eine nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung anzubieten, dann gibt es für sie eine zentrale Voraussetzung für die Armutsbekämpfung.

Die gerechte und nachhaltige Energieversorgung in den Ländern des nördlichen Afrikas aufzubauen, besteht in der Nutzung der erneuerbaren Energien: Windkraft und Sonnenenergie. Die durchschnittliche Globalstrahlung in unseren Gegenden beträgt jährlich in etwa 1.100 kWh/m² (185 kWh/m² technisch nutzbar) und in der Sahara bei etwa 2.500 kWh/m² (375 kWh/m² technisch nutzbar).

Mittels Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagenparks im GW-Bereich können die Länder im Nordwesten Afrikas elektrische Energie erzeugen und ihren Bewohnern zur Verfügung stellen. Zusätzlich bieten die 1000 km langen Küsten ideale Verhältnisse Windenergieanlagen zu errichten. Durch die hohen Investitionen in die erneuerbaren Energien, dies in engem Zusammenwirken mit den Ländern nördlich und südlich des Mittelmeeres, wird eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit hohem Mehrwert für alle aufgebaut.

Durch die Eigenerzeugung elektrischer Energie in dezentralen Erzeugungsanlagen im Bereich von 50 bis 300 MW schaffen die Länder im nördlichen Afrika den wirtschaftlichen Aufschwung, welcher Konsequenzen auf die anliegende Sahelzone haben wird. Den sich anbietenden Überschuss an elektrischer Energie kann in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Union mit geringfügigen Übertragungskosten in das transeuropäische Hochspannungsversorgungsnetz eingespeist werden.

Als Verbindungsleitungen kann nur die Technik der Hochspannungs-gleichstromübertragung (HGÜ) eingesetzt werden (die Drehstromtechnik versagt hier); sie verbinden die Bedarfsstandorte für elektrische Energie in Europa mit den Photovoltaik- und Windenergieanlagen sowie den Solarthermiekraftwerken im Norden Afrikas. Das Übertragungsnetz könnte den Namen “Mare Nostrum” tragen, da es die Staaten am Mittelmeer über die Höchstspannungsebene verbindet.

Neben der Erzeugung von elektrischer Energie kann auch Wärme aus den Solarthermiekraftwerken für die gekoppelten Meeresentsalzungsanlagen bereitgestellt werden, das kostbare Trinkwasser wird den Menschen in den dürren Gegenden bereitgestellt. Des Weiteren würde sich durch die Aufstellung von Wärmespeichern ein kontinuierlicher Betrieb zur Erzeugung elektrischer Energie auch während den Nachtstunden anbieten.

Durch den Transport von überschüssiger elektrischer Energie nach Europa könnten die Klimaschutzziele in Europa respektiert werden. Insbesondere das Element “Clean Development Mechanism” aus dem Kyoto-Protokoll könnte voll zum Tragen kommen, da auf diese Weise Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union gegen gerechnet werden könnten.

Dass diese Verbindungen schon Gegenstand von Diskussionen sind, zeigt das MEDA-Programm der EU, welches die 700 MW-Verbindung zwischen Spanien und Marokko durch Unterwasserkabel mitfinanziert hat. Mittlerweile hat man diese Verbindung auf 1.400 MW verdoppelt und sie soll noch weiter ausgebaut werden.

Erneuerbare elektrische Elektrizität, gewonnen aus den küstennahen Windenergieanlagen soll aus dem Maghreb nach Europa exportiert werden unter der Voraussetzung der Verstärkung des dortigen nationalen Übertragungsnetzes. Die leistungsabhängigen Verluste über HGÜ-Leitungen sind für große elektrische Kapazitäten mit einer Länge von 3.500 km auf weniger als 12 % in Volllast beschränkt. Werden 5.000 MW über die HGÜ- Leitung transportiert, dann kann man mit etwa 0,005 c€/kWh und mit Stromgestehungskosten für Mitteleuropa mit etwa 0,045 c€/kWh rechnen.

Weitere Studien werden zeigen, ob der Transport von Wasserstoff sich aufdrängt, die bestehenden Pipelines könnten dann weiterbenutzt werden, wenn die Erdgaslagerstätten in Nordafrika leer gepumpt sind. Die Komponenten für diese Umwelttechnologien mit erneuerbaren Energien können vor Ort mit einheimischen ausgebildeten Fachkräften hergestellt werden, der Mehrwert für diese Länder ist noch nicht abzuschätzen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Ländern im Norden Afrikas, der nachhaltige Handel mit Wüsten- und Küstenstrom sowie die damit einhergehenden wirtschaftlichen und sozialen Verbesserungen bieten eine zusätzliche Sicherheit und eine ausgewogene Partnerschaft.

Hat nicht Prinz El Hassan bin Talal von Jordanien in seiner Eigenschaft als Präsident des “Club of Rome” gesagt: “Energie ist das unverzichtbare Fundament für eine sozioökonomische Entwicklung und zugleich eine der wesentlichen Zutaten des Rezepts für den Frieden. Der faire Zugang zu den Energiemärkten sollte ein Grundrecht für alle Gesellschaften und jeden Menschen sein – und wir sollten bedenken, dass die Produktion und der Verbrauch von Energie im Interesse der kommenden Generationen nachhaltig sein müssen”. 2)

Europa und Afrika – Global Player in Sachen Energiewirtschaft

Die mangelnde Bereitschaft der Industrieländer, ihre Produktions- und Konsummuster so zu verändern, damit der weltweite Raubbau an der Natur verringert wird, kann nicht in Einklang zum Klima- und Naturschutz gebracht werden. Es ist wichtig für die Geschichte der Menschheit, dass eine Generation die Lösung für ein globales Problem finden muss, damit die Folgen gemildert werden können und dies zum Wohl aller Bewohner. Dazu braucht es ein hohes Maß an intellektueller Redlichkeit, menschlicher Größe und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Die stabilisierenden Auswirkungen auf das Klima sowie die sozioökonomischen und technologischen Impulse für die beteiligten Länder in Afrika und in Europa, geben der Nutzung der Solarenergie und der Windkraft eine neue Bedeutung, die weit über ihren energetischen Warenwert hinaus reicht.

Die Klimapolitik wird vom Erfolg gekrönt werden, wenn wir sie als eine Entwicklungsaufgabe verstehen. Nord und Süd werden ihre Entwicklungsinteressen abstimmen müssen und wir werden unsere konkrete Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels in Afrika anbieten müssen, da führt kein Weg daran vorbei: Wegschauen ist die falsche Lösung. Die desolate Verschwendung der begrenzten fossilen Energieträger und die Umweltzerstörung müssen gestoppt werden, wenn wir den kommenden Generationen nicht ihre Lebensqualität total vermiesen wollen.

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Quellennachweis
1) zeigt die geplanten Standorte für Kraftwerke (Konzentrierte Solarenergie; Photovoltaik, Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme) sowie die Hochspannungs-Gleichstromtrassen (rote Linien) nach Solar Millennium und TREC.
2) Solarstrom aus der Wüste statt Wüste in Deutschland (Rolf Hug http://www.solarserver.de )