Der CSV-Abgeordnete Marcel Oberweis über die Notwendigkeit einer entschlossenen Entwicklungshilfepolitik für Afrika
Auch wenn sich der G8-Gipfel in Heiligendamm vor einigen Wochen mit schwierigen aktuellen Problemen der Weltpolitik beschäftigte, so soll doch nicht in Vergessenheit geraten, dass der von vielen Krisen gebeutelte Kontinent Afrika ebenfalls im Fadenkreuz der Gespräche stand. Ein Blick auf die wirtschaftlichen Kenndaten in Afrika zeigt mit Brisanz, dass sich eine tiefe Kluft zwischen den industrialisierten Ländern und den Entwicklungsländern südlich der Sahara aufgetan hat. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte diesbezüglich sehr treffend: “Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und werden unsere Verpflichtung auch erfüllen.”
Leider haben sich die reichen Länder schon oft in dieser Richtung geäußert, aber vor Ort darben die Menschen weiter. Bei genauem Hinsehen kann nicht bestritten werden, dass viele direkte Finanzhilfen an die Staaten in dunklen Kanälen versickerten und nie bei den Bedürftigen anlangten. Demzufolge flossen wenige Finanzmittel in den Aufbau der Infrastrukturen, der Armutsbekämpfung und der Ausbildung der Jugend. Um Remedur auf breiter Front zu schaffen, werden wir die wirtschaftliche Situation umgehend verbessern müssen, dann können die Menschen auf bessere Lebensbedingungen hoffen. Es leuchtet ein, dass dies nur über den Weg der Einbindung Afrikas in den Welthandel geschehen kann. Es bedarf in diesem Langzeitprozess sowohl der privaten Investoren für den Aufbau Afrikas als auch ausgebildeter Menschen, die an ihre Zukunft glauben.
Eine wichtige Aufgabe kann das länderübergreifende Projekt: Die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung, übernehmen. Es stellt ein wirtschaftliches Entwicklungsprogramm der Afrikanischen Union dar und wurde im Juli 2001 in Lusaka ins Leben gerufen. Die wichtigste Aufgabe besteht darin, nachhaltige Aktivitäten zu entwickeln, den demokratischen Prozess voranzutreiben und die Grundlagen für private Investitionen schaffen. Die G-8 Länder hatten anlässlich früherer Gipfel zugesagt, konkrete Partnerschaften mit den NEPAD-Ländern einzugehen. Es sollten Projekte im Wassermanagement, im Einsatz der erneuerbaren Energien, im Gesundheitswesen, im Bereich der Wirtschaft sowie im Schuldenerlass eingeläutet werden. Insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Umwelt fühlen sich die Länder Afrikas angesichts des Nichtstuns auf breiter Front allein gelassen.
Klimawandel verstärkt Probleme
Die G8 -Staaten haben sich nun in Heiligendamm aufgerafft, den Menschen in Afrika eine finanzielle Spritze in Höhe von 44 Milliarden Euro bis 2013 zur Verfügung zu stellen, davon möchten die USA allein die Hälfte erbringen. Vor allem sollen die Bekämpfung von Aids, der Tuberkulose und der Malaria im Mittelpunkt der Hilfe stehen. Neben den “traditionellen” politischen Krankheiten greift nun ein weiteres Phänomen sehr negativ in das Geschehen ein, der Klimawandel mit seinen schleichenden Konsequenzen ruft zunehmend Spaltungs- und Konfliktlinien hervor, so dass Verteilungskonflikte in und zwischen den Ländern auslöst werden.
Die Streitigkeiten bis zum offenen Konflikt werden durch den Mangel an Land hervorgerufen, dies angesichts von bereits 200 Millionen chronisch unterernährten Menschen. 1,1 Milliarden Menschen haben weltweit keinen sicheren Zugang zu ausreichendem Trinkwasser guter Qualität. Insbesondere in Afrika leiden die Menschen unter dieser Krise, größere Schwankungen in den Niederschlägen und eine geringere Wasserverfügbarkeit werden die Krise noch verschärfen. Im Gefolge werden auch die Ernten weniger üppig für die wachsende Bevölkerung ausfallen.
Die direkte Konsequenz wird das Abwandern der Jugend in die Städte auf der Suche nach Arbeit sein. Die steigende Arbeitslosigkeit in den Städten bedingt die Migration hin zu den Industrieländern, ein beschwerlicher und überaus gefährlicher Trip mit offenem Ende. Diese Wanderungen rufen einen politischen Kraftakt sowohl für Afrika als auch für die Länder der Europäischen Union hervor, der Migrationsdruck stellt auf der mittelfristigen Zeitachse sicherlich ein Problem der europäischen Sicherheitspolitik dar. Die sozioökonomischen Folgen dieser Landflucht kann man in den Ländern der Sahelzone sehr gut beobachten, es verbleiben Frauen, Kinder und ältere Menschen im ländlichen Raum, der sich demzufolge nicht entwickeln kann.
Es stimmt indes traurig, wenn man erkennt, dass für die Lösung der anstehenden Probleme so wenig getan wird. Im Jahr 2000 hat sich die Welt acht hehre Milleniumsziele gegeben u.a. den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, zu halbieren, die Kindersterblichkeit zu verringern und den Schutz der Umwelt zu verbessern. Kein einziges Land in Afrika befindet sich auf dem Weg, diese Entwicklungs-Milleniumsziele zu erreichen. Kein Wunder, wenn man sieht, dass die weltweite Hilfestellung sich reduziert, hingegen aber der Waffen- und der Drogenhandel blühen.
Das Milleniumsziel, die Zahl der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben bis 2015 zu halbieren, wird in Afrika nicht erreicht. Allein die aufzubringenden finanziellen Mittel für sanitäre Anlagen und Trinkwassergewinnung würden sich in Afrika auf jährlich 24 Milliarden Euro belaufen. Nur in Asien verzeichnet man, laut dem letzten UN-Bericht zum Erreichen der Milleniumsziele, einen leichten Fortschritt. Erfreulich die Tatsache, dass hier die Kinder immer mehr in die Schule drängen und die Kindersterblichkeit zurückgeht.
Um an dieser Front den Sieg zu erringen, bedarf es ein hohes Maß an intellektueller Redlichkeit und an menschlicher Größe, die Verantwortung jetzt zu übernehmen. Wenn wir hier versagen, dann dürfte sich das Zusammenleben im globalisierten Dorf als sehr schwierig erweisen.
Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter