Im Rahmen der deutschen Präsidentschaft der Europäischen Union hatte der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu einer Konferenz nach Berlin am 20. und 21. Mai eingeladen.
Im Rahmen der deutschen Präsidentschaft der Europäischen Union hatte der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu einer Konferenz nach Berlin am 20. und 21. Mai eingeladen. In ihrer Begrüßungsrede unterstrich die Ausschussvorsitzende Frau Ulrike Höfken die Bedeutung der Landwirtschaft in der Europäischen Union, nutzt diese die meisten Flächen im ländlichen Raum und stellt den wichtigsten Faktor für die Qualität der Landschaft und der Umwelt dar.
Zusammenspiel Umwelt und Landwirtschaft
Sie hob den Stellenwert der vier Achsen der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP hervor, insbesondere die erste und die zweite Achsen. Neben der wichtigsten Aufgabe der Landwirtschaft, die Produktion von Lebensmitteln stellt die Bereitstellung von Umweltgütern durch die Agrarumweltmaßnahmen eine weitere Grundlage für Wachstum und Beschäftigung dar. Sie schafft den Freizeitwert und die touristische Attraktivität unserer ländlichen Gegenden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Gesellschaft bereit ist, den Landwirten eine angemessene Vergütung für ihre Umweltleistungen anzubieten.
Nach Aussagen der OECD stellen die ländlichen Gebiete etwa 92 % der EU-Fläche dar, in diesen leben etwa 56 % der EU-Bevölkerung, 19 % in überwiegend ländlichen Gebieten und 37 % in teilweise ländlichen Gebieten, hier befinden sich 53 % der Arbeitsplätze der EU. Der größte Teil der Flächennutzung entfällt auf die Land- und Forstwirtschaft, diese beiden Sektoren spielen eine wichtige Rolle bei der Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen in den ländlichen Gebieten und prägen deren Charakter. Die Landwirtschaft erbringt, ganz im Sinne der Lissabon-Strategie, einen wertvollen Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung unserer Landschaften.
Im ersten Teil der Konferenz wurde von den beiden Gastrednern John Bensted-Smith, Direktor für ökonomische Analysen und Evaluation bei der Europäischen Kommission und Dr. Karlheinz Knickel, Leiter des Institut für ländliche Strukturforschung (Johann Goethe – Universität in Frankfurt/Main) auf das Potenzial des ländlichen Raumes hingewiesen.
Neue Beschäftigungsmöglichkeiten
Der Erhalt unserer Landschaften stellt eine Investition in die Zukunft da, gewährleistet neue Beschäftigungsmöglichkeiten und fördert die ländliche Diversifizierung. Es gilt vor allem, durch gezielte Maßnahmen allen Regionen, insbesondere den 10 neuen EU-Mitgliedsländern, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, damit der Abwanderung aus den strukturschwachen ländlichen Regionen entgegengewirkt werden kann. Nur durch gezielte Investitionen im ländlichen Raum werden den Menschen die benötigten Entwicklungspotenziale aufgezeigt. Die Stabilisierung und die Entwicklung der ländlichen Räume als Wirtschafts-, Sozial-, Kultur- und Naturraum gehört zu den wichtigsten Zielen, neben der Strukturförderung.
Diese Überlegungen reihen sich auch in die Lissabon-Strategie für die Belebung des ländlichen Raums ein. Eine weitere wichtige Komponente der wirtschaftlichen Belebung stellen der Aufbau und die Durchdringung mit den Informations- und Kommunikationstechnologien dar. Wie auch in anderen Bereichen müssen nützliche Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung in der Landwirtschaft den Weg aus den Laboratorien möglichst schnell in die Betriebe finden, dies zuerst durch die Ausbildung.
Die Schaffung von Kompetenzzentren stellt die Voraussetzung für die rasche Umsetzung dar und bietet den Landwirten die Möglichkeit, durch ein Leben begleitendes Lernen, ihr Wissen permanent auf dem Laufenden zu halten. Daneben können Maßnahmen wie die Initiative Leader dazu beitragen, weitere dauerhafte Arbeitsplätze in den ländlichen Gegenden zu schaffen und so die Chancengleichheit zu fördern. Die Landschaft und der damit zusammenhängende Fremdenverkehr sind in den ländlichen Gebieten eine wichtige Einkommensquelle und bieten ein hohes Beschäftigungspotenzial.
Nachwachsend und nachhaltig
Die Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe in der dezentralen nachhaltigen Energieversorgung war Gegenstand des zweiten Teils der Konferenz.
Die beiden Gastredner Luc Werring, von der Europäischen Kommission und Hermann Scheer EP-Abgeordneter, Vorsitzender des Weltrates für erneuerbare Energien erläuterten in ihren Beiträgen die Rolle der erneuerbaren Energien und der nachwachsenden Rohstoffe im Sinne der Diversifizierung der europäischen Energieversorgung angesichts der steigenden Abhängigkeit der Energieversorgung.
Die Energiepolitik ist eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft, an der die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ihre Handlungsfähigkeit im 21. Jahrhundert beweisen müssen. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung wird in hohem Maße von den politischen Entscheidungen auf diesen Feldern beeinflusst und geprägt.
Der Europäische Rat hat am 8. und 9. März 2007 seine Vision bis 2020 hinsichtlich der Verringerung der EU-Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern bekannt gemacht. Neben der Verringerung der CO2-Emissionen um nahezu 30 %, der Erhöhung der Energieeffizienz um 20 %, der Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien um 20 %, wird dem Aktionsplan zur Förderung der Nutzung von Biomasse eine hohe Tragweite beigemessen. Die Erhöhung der Beimischung von Biotreibstoffen zu den konventionellen Treibstoffen soll auf 10 % bis 2020 angehoben werden. Mit dem gegenwärtigen Erdölpreis um die 70 $ Marke pro Barrel ist eine wesentliche Barriere für die verstärkte Biomassenutzung gefallen.
Biomasse als Energiequelle
Der Erzeugung von Energie aus Biomasse kommt hinsichtlich der Reduzierung des Verbrauchs der endlichen fossilen Energieträger und der Verminderung der CO2-Emissionen eine überaus hohe Bedeutung zu. Damit werden auch wichtige Beiträge zur Verminderung des Treibhausproblems und zur Vermeidung von Umwelt- und Versorgungsproblemen geleistet. Es lässt sich nicht leugnen, mit Blick auf den Anbau und die Verarbeitung der nachwachsenden Rohstoffe hat sich die europäische Landwirtschaft eine hervorragende Startposition verschafft, es gilt diese nun zu unterstützen and auszubauen.
Einsatz von Energiepflanzen und Holz aus heimischen Gegenden gepaart mit Umweltwissen aus der Forschung bedingen neue Arbeitsplätze
Eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist die Sicherung einer nachhaltigen Energie- und Rohstoffversorgung. Erhebliche Reserven liegen in der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und von Bioenergien in der Landwirtschaft. Neben ihrer primären Aufgabe – die Produktion von Lebensmitteln, vermögen die Landwirte durch die Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe ihr Einkommen zu stabilisieren. Die nachwachsenden Rohstoffe werden sich zu einem wichtigen nachhaltigen Standbein der Landwirtschaft entwickeln. Die Produkte aus den nachwachsenden Rohstoffen setzen bei ihrer Verwertung immer nur die Menge an Kohlendioxid frei, die die Pflanzen während des Wachstums der Atmosphäre entnommen haben. Im Gegensatz zu den fossilen Rohstoffen sind sie weitgehend kohlendioxidneutral. Ihr Einsatz hilft, den sich verstärkenden Treibhauseffekt zu verringern und den globalen Klimaveränderungen entgegenzuwirken.
Es werden außerdem Wertschöpfungspotenziale für den ländlichen Raum erschlossen und die benötigten Arbeitsplätze durch die neuen Technologien im ländlichen Raum geschaffen. Man sollte, bevor man in Euphorie über dieses neue finanzielle Standbein verfällt, die schleichenden Auswirkungen des Klimawandels beobachten und einsehen, dass sich weltweit die Ackerfläche reduziert und dies angesichts des Anwachsens der Weltbevölkerung. Die landwirtschaftlichen Flächen nur für die Produktion von Biokraftstoffen bereitzustellen, ist eine kurzfristige Sichtweise dar. Hat nicht das rezente Aufbegehren der Bevölkerung in Mexiko aufgrund der steigenden Preise für das Hauptnahrungsmittel Mais gezeigt, wohin diese Reise geht. Die steigende US-Nachfrage zur Herstellung von Ethanol um die Abhängigkeit von den Erdölförderländern zu reduzieren, hat einen Boom nach Mais aus Mexiko hervorgerufen.
In diesem Zusammenhang sollte hervorgehoben werden, dass wir uns langsam auf die 2. Generation der nachwachsenden Rohstoffe besinnen müssen. Mit Blick auf die die Verwertung von Biogas, von Biomasseverflüssigungsverfahren (BtL) und von Bioethanol aus Lignozellulose bedarf es noch viel Forschungsarbeit, dies in enger Kooperation der Landwirtschaft mit den Universitäten. In der Landwirtschaft und in den ländlichen Gebieten versucht die EU, die Ziele des ausgewogenen Wirtschaftswachstums, der technischen Verbesserungen und der Schaffung von Arbeitsplätzen in umweltverträglicher Form zu erreichen. Die Kernpunkte sind die marktorientierte GAP und die innovative Politik zur Förderung der ländlichen Entwicklung.
Dr.-Ing. Marcel Oberweis
Abgeordneter, Präsident des parlamentarischen Ausschusses Landwirtschaft, Weinbau und Ländliche Raumentwicklung