Arbeitsminister François Biltgen und CSV Abgeordneter Marc Spautz diskutieren mit Unternehmern und Betriebsleitern das Einheitsstatut.
Die Informationsversammlung, die am Montag, dem 23. April in Hesperingen stattfand, war die erste in einer Reihe von Veranstaltungen, um mit einer ausgewählten Zielgruppe von CSV-Mitgliedern eine spezifische politische Frage zu diskutieren.
Der Arbeitsmarkt- und Sozialexperte Marc Spautz erläuterte die Ausgangssituation beim Einheitsstatut. Die Zusammenlegung des Arbeiterstatuts und des Privatbeamtenstatuts setzt voraus, dass Unterschiede im Arbeitsrecht und im Sozialrecht zusammengeführt werden. Im Bereich des Arbeitsrechts verwies Marc Spautz unter anderem auf unterschiedliche Überstundenregelungen, Unterschiede bei den Kündigungsfristen, bei Feiertagsarbeit. Erwähnt wurde ebenfalls das sogenannte “Trimestre de faveur” in einem Todesfall, das nur für Privatbeamte gilt.
Einen besonderen Knackpunkt stellt die Lohnfortzahlung dar. Bei Arbeitern wird sie ab dem ersten Tag von der entsprechenden Arbeiterkrankenkasse übernommen. Bei Privatbeamten wird die Lohnfortzahlung 13 bis 17 Wochen vom Arbeitgeber geleistet. Daraus erklärt sich der höhere Abschlag den Arbeiter für das Krankengeld von ihrem Bruttolohn leisten müssen (2,35 Prozent im im Vergleich zu 0,10 Prozent bei Privatbeamten).
Nach der Verwirklichung des Einheitsstatus gehe für Arbeiter der Abschlag vom Bruttolohn für das Krankengeld von 2,35 Prozent auf 0,25 Prozent zurück. Für Privatbeamte stiege es von 0,10 auf 0,25 Prozent.
Bei den sozialrechtlichen Aspekten, die bei der Einführung des Einheitsstatuts zu beachten sind, erwähnte Marc Spautz, dass es nach der Einführung nur noch einen Kollektivvertrag für alle Arbeitnehmer gibt und es auch in den Grossbetrieben nur noch eine Personaldelegation gibt. Des Weiteren sprach Marc Spautz die Fusion mehrerer Krankenkassen, Pensionskassen und eine Reform des “Fonds de compensation” sowie der Privatbeamten- und der Arbeiterkammer an. In den Augen von Marc Spautz wird dies zu Synergieeffekten führen mit einer besseren Beratung und Begleitung der Arbeitnehmer. Marc Spautz erwähnte, dass für den Transport- und Horecabereich Ausnahmebestimmungen gelten, u.a. Berücksichtigung der notwendigen saisonalen Flexibilität .
Übergangszeit für die Betriebe
Marc Spautz sprach die dreijährige Übergangszeit an, während der der Arbeitgeberanteil für das Krankengeld den Betrieben bleibt. Des Weiteren die “Mutuelle” die den Arbeitgebern die Möglichkeit gibt, das Risiko abzusichern, das für Betriebe dadurch ensteht, dass die Lohnfortzahlung künftig vom Arbeitgeber gewährleistet wird. Alle Betriebe müssten mitmachen, so Marc Spautz. Ebenso müsse die Solidarität zwischen den einzelnen Betrieben spielen.
Arbeitsminister François Biltgen rief seinerseits in Erinnerung, dass die Einführung des Einheitsstatuts auf einen Tripartite-Beschluss zurückzuführen ist. Objektive Beweggründe für die Einführung des Einheitsstatuts sind die postindustrielle Gesellschaft in der sich die Trennungslinien zwischen manueller und intellektueller Arbeit verwischen. Nur noch wenige Länder machen einen solchen Unterschied zwischen den Berufskategorien. Die Zusammenlegung der Verwaltungen (Krankenkassen, Pensionskassen) stellt eine administrative Vereinfachung dar, bedeutet für die betroffenen Institutionen einen Effizienzgewinn und verschafft den Versicherten bessere Leistungen.
François Biltgen rief die drei zentralen Prinzipien in Erinnerung, die in Sachen Einheitsstatut in der Tripartite zurückbehalten wurden: Für die Gesamtwirtschaft muss die Einführung des Einheitsstatuts kostenneutral sein. Den Problemen, die sich verschiedenen Sektoren durch die Einführung stellen, muss Rechnung getragen werden. Das Einheitsstatut soll sich am Privatbeamtenstatut orientieren. Bei der Lohnfortzahlung verursacht das Einheitsmodell (Krankengeld wird für alle Arbeitnehmer von den Arbeitgebern übernommen) Mehrkosten von 56,2 Millionen Euro.
Lohnfortzahlung: Drei Ansatzpunkte zur Kostendämmung
Arbeitsminister François Biltgen skizzierte drei Ansatzpunkte, um diese eventuellen Mehrkosten zu senken.
1) Handeln bei den Fehlzeiten. François Biltgen erwartet sich Kosteneinsparungen dadurch, dass viele Betriebsführer den Fehlzeiten ihres Personals mehr Beachtung schenken, wenn die Lohnfortzahlung nicht mehr von den Krankenkassen übernommen wird. In vielen Betrieben wird sich eine andere Betriebskultur entwickeln.
Eine weitere Kostensenkung wird sich durch die Neuberechnung des Krankengeldes bei den Arbeitnehmern erwartet die vorher im Arbeiterstatut waren (anders als bisher bei der Berechnung des Krankengeldes keine Berücksichtigung von Überstunden und Zuschlägen durch Feiertagsarbeit während einer vorhergehenden dreimonatigen Referenzperiode).
Ausserdem gelte es, Missbrauch bei den Fehlzeiten resolut zu bekämpfen. Eine hochkarätige Arbeitsgruppe (zwei Minister, zwei Gewerkschaftspräsidenten, zwei Patronatsvertreter) wird Pisten in diesem Sinne ausarbeiten.
2) Des Weiteren erinnerte Arbeitsminister François Biltgen ebenfalls an die vorgesehene dreijährige Übergangsfrist, die den Betrieben den Arbeitgeberanteil am ehemaligen Arbeiterkrankengeld belässt und den Betrieben Zeit zu Anpassungen lässt. Des Weiteren plädierte François Biltgen dafür bereits zum jetzigen Zeitpunkt in das zukünftige Gesetz zum Einheitsstatut jene Massnahmen einzuschreiben, die zur Anwendung kommen, falls Betriebe nach Ablauf der Übergangszeit aufgrund des neuen Modells der Lohnfortzahlung Schwierigkeiten haben (steuerliche Massnahmen, eventuell finanzielle Beteiligung des Staates an der “Mutuelle”).
In den Augen von François Biltgen muss die “Mutuelle” insbesondere Betriebe unterstützen die nach folgenden zwei objektiven Kriterien durch das neue Modell der Lohnfortzahlung Schwierigkeiten haben: Falls der Betrieb Arbeiten leistet die besonders krankheitsgefährdend sind (z.B. Dachdecker). Ebenso Betriebe mit wenig Personal, die durch einen Krankheitsfalls nicht nur dadurch Mehrkosten haben, dass sie für den Erkrankten die Lohnfortzahlung leisten, sondern diesen durch eine dritte Person ersetzen müssen. Wie Marc Spautz wies François Biltgen daraufhin, dass alle Betriebe und Wirtschaftssektoren in Sachen “Mutuelle” an einem Strang ziehen müssen.
In Sachen Überstundenregelung, die neben der Lohnfortzahlung und den Fehlzeiten, den dritten wesentlichen Knackpunkt in den augenblicklichen Diskussionen zwischen Regierung und Sozialpartnern darstellt, (der Zuschlag für Arbeiter beläuft sich bei Überstunden auf 25 Prozent und für Privatbeamte auf 50 Prozent) plädierte François Biltgen für die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten bzw. für längere Referenzperioden, um die Möglichkeiten zur Kompensation von Überstundenzuschlägen zu erweitern. Des Weiteren regte er die Überlegung an, die Überstunden bzw. ihre Zuschläge von Sozialbeiträgen zu befreien, um die bestehende Differenz zwischen der Überstundenregelung von Arbeitern und Privatbeamten abzubauen.