Wohnungsbau, Gemeindefinanzen, Kinderbetreuung, Klimaschutz … Vier Fragen an Gilles Roth, Erster Vizepräsident des Syvicol und Bürgermeister der Gemeinde Mamer
Profil: “Wie sehen Sie als Bürgermeister der Gemeinde Mamer und als erster Vizepräsident des Syvicol das von Wohnbauminister Fernand Boden auf den Instanzenweg gebrachte Maßnahmenpaket?”
Gilles Roth: “Minister Fernand Boden hat den richtigen Ansatz gewählt. Es geht darum, zügig das Angebot an Bauland und an Wohnungen zu steigern, um so die Preise zu stabilisieren. Die Gemeinden haben dabei eine wichtige Verantwortung. Die im Gesetzesprojekt aufgeführten Bestimmungen stärken die Möglichkeiten der Gemeinden maßgeblich zu erschwinglichen Bauland-, Haus- und Wohnungspreisen beizutragen. Wichtig ist ebenfalls, dass die Prozeduren des Flächennutzungsgesetzes von 2004 unkompliziert angewendet werden, um die Genehmigungsverfahren zügig abzuwickeln. Es darf schließlich nicht soweit kommen, dass letztendlich steigende Zinssätze die Baupreise regulieren.”
Profil: “Die Gemeindefinanzen sind ein Dauerbrenner …”
Gilles Roth: Fakt ist, die Gemeinden sind verantwortlich für wichtige öffentliche Dienstleistungen und um diese zu gewährleisten, müssen sie über die notwendigen Finanzmittel verfügen. Die im Koalitionsabkommen zwischen CSV und LSAP vorgesehene Neuausrichtung der Gemeindefinanzen, die bisher in erster Linie von Gewerbesteuer und kommunalem Dotationsfonds getragen werden, muss zu einer größeren finanziellen Planungssicherheit führen. Das Koalitionsabkommen stellt ebenfalls eine stärkere Koppelung der kommunalen Einnahmen an die staatlichen Einnahmen in Aussicht. Auch eine transparentere staatliche Subsidienpolitik sowie die zügigere Auszahlung der Zuwendungen tragen dazu bei, dass die Gemeinden finanziell sicherer planen können.”
Profil: ” Wohnungsbau, Sozial- und Sportinfrastrukturen, Mobilität …, an die Gemeinden werden zusehends neue Anforderungen gestellt. Gibt es eine Aufgabe, die als Herausforderung hervorragt?”
Gilles Roth: “Die Gemeindeverantwortlichen müssen den veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang ist eine besondere Herausforderung für die Gemeinden die Ausweitung des Angebots zur Kinderbetreuung, Stichwort: Maisons-relais. Bei der Schaffung flexibler Empfangsstrukturen die die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Schule erleichtern und die Chancengleichheit von Kindern sowie das Zusammenleben von Luxemburgern und Nicht-Luxemburgern fördern, können die Gemeinden nicht Abseits stehen. Umso mehr ihre Dienststellen das wichtigste Scharnier zwischen Eltern, Kindern, Betreuern und den lokalen Vereinen sind.”
Profil: “Der Klimawandel ist in aller Munde. Der Kampf gegen den Klimawandel stand im Mittelpunkt eines europäischen Gipfeltreffens. Wie stark ist die Handlungsfähigkeit der Gemeinden?”
Gilles Roth: “Sehr stark. Erwähnt sei zum Beispiel die anerkannte Vorreiterrolle der 30 Klimabündnisgemeinden. Die Gemeinden können unbürokratisch konkrete Maßnahmen ergreifen. Und viele Gemeinden haben das auch bereits getan. Sie leisten Überzeugungsarbeit und Energieberatung, sie achten auf den Energieverbrauch und die Energieeffizienz der öffentlichen Gebäude. Die Gemeinden arbeiten lokale Verkehrskonzepte aus, die zu einer Verringerung des Individualverkehrs führen. Sinn macht in diesem Zusammenhang die Idee eines Energiepaktes zwischen Staat und Gemeinden, der zu positiven Synergieeffekten führt, dadurch dass er die Akteure zusammenführt und die vielfältigen Klima- und Umweltschutzinitiativen bündelt und aufeinander abstimmt.