50 Jahre Römische Verträge oder die Banalität des Erfolgs

Parteipräsident François Biltgen zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge

Wir feiern den 50. Jahrestag der Römischen Verträge. Nach dem Erfolg der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (CECA) und dem Misserfolg der geplanten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, brachte vor allem die Schaffung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft neuen Schwung in die europäische Einigung.

Die CECA wollte durch die supranationale Nutzung von Kohle und Stahl, den Grundstoffen für Waffenherstellung, der säkularen Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland ein Ende setzen und den Frieden sichern. Die EWG wollte durch die Herstellung eines großen Wirtschaftsraumes mehr Wohlstand schaffen. Diese europäische Politik hat kontinuierlich zu mehr Frieden und mehr Wohlstand in Europa geführt. Auch und vor allem in Luxemburg:

– Vor 50 Jahren waren wir ein Agrarland, das wirtschaftlich von der Stahlindustrie und ihren Absatzmärkten abhängig war. Dass wir allein in den letzten 20 Jahren die Arbeitsplätze in Luxemburg mehr als verdoppelt haben, verdanken wir dem großen europäischen Wirtschaftsmarkt, in dem sich in Luxemburg niedergelassene Betriebe frei entfalten können.

– Vor 50 Jahren waren unsere Löhne nicht durchwegs die höchsten in der Großregion, waren die soziale Absicherung und die Arbeitsbedingungen weit entfernt von unseren heutigen Standards. Unser Arbeitsrecht wurde auch immer wieder durch europäischen Druck verbessert. Der EWG-Vertrag kannte zwar nur eine einzige Bestimmung über die Harmonisierung vom Arbeitsrecht, das Gleichheitsprinzip bei der Entlöhnung von Mann und Frau. Damals gab es in dieser Frage krasse Unterschiede hierzulande. Europa hat das verbessert.

– Vor 50 Jahren wurden wir von unseren Grenzen erdrückt. “Nieder mit den Schlagbäumen” hieß das Losungswort der Jugend. Grenzschmuggel und penible Zollkontrollen waren alltäglich. Heute reisen wir frei durch Europa und bringen ohne Probleme Waren von überall mit nach Hause.

– Vor 50 Jahren hatten unsere Eltern noch Albträume vor dem Krieg. Krieg war nämlich jahrhunderte lang allgegenwärtig in unserem Land. Die heutigen Generationen denken nicht mehr daran.

Doch die anfängliche Begeisterung ist verflogen. Wir nehmen Frieden und Wohlstand als Selbstverständlichkeit hin. Wir fürchten, dass Europa beides in Frage stellen kann und vergessen, dass beides erst durch Europa entstanden ist. Unsere Kinder haben weder Schlagbäume noch eisernen Vorhang kennen gelernt. Wohlstand und Frieden sind banalisiert. Zukunftsängste sind an der Tagesordnung. Die gab es auch vor 50 Jahren, nicht zuletzt in Luxemburg. Sie wurden besiegt; durch die Visionen großer europäischer Staatsmänner. Besiegen wir auch die Zukunftsängste von heute durch neue Zuversicht. Um es mit Helmut Kohl zu sagen: “Wenn wir Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle Bürger unseres Kontinents auf Dauer sichern wollen, dann bleibt es unsere Aufgabe, mit Engagement und Optimismus für den Bau des Hauses Europa einzutreten. Denn Europa – und das gilt besonders für die junge Generation – ist unsere Zukunft!” (aus “Die Welt” 24-3-2007)

François Biltgen, Parteipräsident