„Muppegesetz“ und andere Verbote – der Standpunkt der Verantwortung

Seit dem Antitabakgesetz scheint die Logik in Luxemburg jene zu sein, dass mehr und mehr verboten wird. Freie Tribüne von CSV-Fraktionspräsident Michel Wolter im Soziale Fortschrëtt

Es ist bereits verboten, in öffentlichen Gebäuden und Restaurants zu rauchen. Es sollte allgemein verboten werden, Hunde unangeleint frei laufen zu lassen. Weitere Verbote werden mit Sicherheit noch erfunden – ob sie Gesetzeskraft erlangen, bleibt abzuwarten.

Es scheint in unserer Zeit schwierig, sich dem Impuls der Verbotsdynamik zu entziehen. Was einem nicht passt, was gefährlich sein könnte oder zumindest nicht ganz risikolos, das wird per Gesetz verboten. Nun leben wir aber weiterhin in einer demokratischen und freien Gesellschaft, in der nicht das Verbot, sondern die Erlaubnis die Regel ist – und sein muss. Eine Gesellschaft, die frei und demokratisch sein will, muss nach dem Gebot der individuellen und kollektiven Verantwortung funktionieren, nicht nach jenem des Verbots.

Beispiel “Muppegesetz”. Generell ist nicht der Hund das Problem, sondern der Halter. Der Hund befindet sich unter seiner Verantwortung, eine Evidenz, die auch Artikel 1384 des Zivilgesetzbuches seit 200 Jahren festhält. Für den Umgang mit Hunden gilt also prinzipiell die Regel, dass die Halter für ihr Benehmen verantwortlich sind. Genau dieses Prinzip müsste auch einer Hundehaltungsgesetzgebung zugrunde liegen: wer seinen Hund unter Kontrolle hat, darf ihn auch unangeleint laufen lassen. Richtet der Hund einen Schaden an, greift er einen Menschen an oder verletzt ihn, ist der Halter zu bestrafen – und zwar durchaus streng. Benimmt sich der Hund so, wie es sein Halter von ihm verlangt, dann sind sowohl Hund als auch Halter in Frieden zu lassen.

Nun sollte man die besonders auffällige Hundehaltung von Sondergenehmigungen abhängig machen. Der Besitz von Kampfhunden zum Beispiel müsste, so wie das auch bei Waffen verlangt wird, an eine Eignungsprüfung des Besitzers gebunden sein – und jener Besitzer sollte auch in regelmäßigen Abständen beweisen müssen, dass er seinen Hund artgerecht unter Kontrolle hat. Wer allerdings einen Cocker Spaniel, einen Collie, einen Labrador oder einen Golden Retriever halten will, darf dafür weder eine Genehmigung brauchen müssen, noch darf für solche Hunde eine unangemessene Anleinungspflicht gelten.

Unsere Gesellschaft scheint jedoch immer mehr dem Trieb anheim zu fallen, ihren Mitgliedern Dinge zu verbieten und ihr Leben mit zahllosen gesetzlichen Auflagen zu versehen, die ein verantwortungsbewusster, mündiger und wahlberechtigter Mensch nicht brauchen dürfte. Es ist schon eigenartig: je länger unsere Gesellschaft in Freiheit lebt, desto mehr hat sie die Tendenz, genau jene Freiheit einzuschränken. Das Prinzip der Verantwortung wird immer mehr von der Regel des Verbots ersetzt. Wollen wir das? Wollen wir das wirklich?

Unsere Gesellschaft wäre gut beraten, sich mehr vom Prinzip der Verantwortung als von jenem des gesetzlichen Verbots leiten zu lassen. Auf Dauer verträgt die Freiheit es nicht, einer immer tiefer greifenden Beschneidung ausgesetzt zu sein. Dabei sollte es in erster Linie die Freiheit sein, die wir zu schützen trachten. Wir haben sie in der Vergangenheit verteidigt, als man sie uns gewaltsam nehmen wollte. Wir müssen heute auch bereit und gewillt sein, sie gegen unser eigenes Bedürfnis nach einer risikolosen Gesellschaft zu verteidigen.

Michel Wolter, CSV Fraktionspräsident

Quelle: Soziale Fortschrëtt, Februar 2007

www.lcgb.lu