… Christine Doerner, Präsidentin der CSF, Abgeordnete und zukünftige Präsidentin des Luxemburgischen Nationalen Frauenrates
Wie beurteilen Sie die luxemburgische Chancengleichheitspolitik?
Als sehr positiv. Die Frauen sind in der bezahlten Arbeitswelt, der Wirtschaft und der Politik deutlich sichtbarer als zuvor. Dass sich dies innerhalb von knapp 12 Jahren erheblich geändert hat, liegt an einer gezielten Politik unseres Chancengleichheitministeriums. Unsere Ministerin Marie-Josée Jacobs hat die internationalen und europäischen Gleichberechtigungsrichtlinien sowie den Aktionsprogramm des europäischen Rates betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männer mit sichtbarem Erfolg in unser Recht umgesetzt! Die Tätigkeitsbereiche betreffen u.a. die Anhebung der Frauenbeschäftigungsquote; eine stärkere Präsenz in Entscheidungsprozessen; die sozialen Rechte; der Kampf gegen geschlechtsbezogene Gewalt und Frauenhandel sowie Geschlechterrollen und Stereotypen.
Wie beurteilen Sie die Kritik von manchen europäischen und auch luxemburgischen Männerbewegungen, dass Gleichstellungspolitik zu sehr aus der Sicht der Frau betrieben würde?
Diese Reaktionen sind durchaus ernst zunehmen, jedoch nicht immer berechtigt. In den letzten Jahren haben sich die Verhältnisse der Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen grundlegend verändert. Ohne die Begleitung und Unterstützung der Chancengleichheitspolitik wäre die heutige Stellung der Frau im privaten und öffentlichen Leben nicht so schnell und so gut realisierbar gewesen.
Aber nicht desto trotz ist es richtig, dass eine Gleichstellungspolitik im Sinne des Mainstreaming-Gedankens der Europäischen Union beide Geschlechter einbeziehen muss. Es geht darum die Verschiedenartigkeit von Mann und Frau nicht nur zuzulassen, sondern auch als Wert anzuerkennen. Es geht hier um mehr als um Gleichstellungspolitik, es geht hier um “Gender-Diversity”.
Und damit kann Gender-Mainstreaming auch “Männerförderung” sein. Ein gutes Beispiel ist das Thema “Vereinbarkeit von Beruf und Familie”. Hier geht es nicht um Männer oder Frauen, es geht um weibliche und männliche Beschäftigte eines Unternehmens. Die Maßnahmen der flexiblen Arbeitszeiten, der qualitativen Kinderbetreuungsangebote helfen sowohl Männern wie auch Frauen die Balance zwischen Arbeit und Leben zu bewältigen.
Männer wie Frauen müssen die gleichen Rechte, Pflichten und Möglichkeiten haben. Zusammen mit den Männer und nicht gegen sie soll diese Geschlechterbalance hergestellt werden.
Was bleibt noch zu machen in Sachen Chancengleichheit und Gleichstellung? Sind politische Debatten überhaupt noch notwendig?
Im letzten Jahrzehnt hat sich viel bewegt und wir konnten viel erreichen. Aber trotz vielen Erfolgen hat die Gleichstellung von Mann und Frau ihr Ziel noch nicht erreicht, dies ist zumindest das Ergebnis des “Global Gender Gap Report 2006”, den das World Economic Forum veröffentlicht hat. Die Gleichstellung ist wohl gesetzlich verankert, aber das Recht alleine genügt nicht für die Verwirklichung der Gleichstellung. Dazu braucht es ein entsprechendes gesellschaftliches Umfeld, und das kann vom Gesetz nicht herbei kommandiert werden. Unsere Regierung setzt auf bessere Information und gezielte Sensibilisierung in allen Bereichen und auch die Universität Luxemburg ist mit der Genderforschung beauftragt.
Männer und Frauen müssen begreifen, dass für die Zukunft unserer Gesellschaft die Gleichstellung von Mann und Frau entscheidend ist.