Die EU und damit auch Luxemburg stehen in der Pflicht die Energieversorgung zu diversifizieren und den Energieverbrauch zu reduzieren. Dies zeigen die rezenten Unterbrechungen in der Versorgung. Von Marcel Oberweis
Das Zudrehen der Erdölpipeline Druschba (übersetzt Freundschaft) und die damit verbundene zeitweilige Unterbrechung der Erdölimporte nach Westeuropa hat die Bürger aufgeschreckt. Es war dies bereits zum dritten Mal, dass Russland seine Nachbarn über den Weg der Energiebelieferung einschüchtern wollte und eigentlich müssten die am Erdöl- und Erdgastropf hängen, endlich einsehen, dass die Zeit zum Umdenken angebrochen ist. Wir müssen uns ernsthaft damit auseinandersetzen, dass der Energiepolitik ein höherer Stellenwert in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik beigemessen wird. Wir haben dies bereits in den schicksalhaften Jahren 1973 und 1979/80 erfahren, als die OPEC den Erdölpreis drastisch anhob.
Von heute auf morgen auf die russischen Lieferungen verzichten, können wir uns nicht erlauben, aber wir müssen unsere Energieversorgung diversifizieren und den Energieverbrauch drastisch reduzieren. Angesichts der weltweit wachsenden Nachfrage nach Energie wird der globale Verbrauch um mehr als 50 % bis zum Jahr 2030 ansteigen und damit gekoppelt werden die Emissionen der treibhausfördernden Gase um weitere 55 % auf 44 Mrd. t CO2 ansteigen; dies mit allen negativen Folgen für die Biodiversität und die Menschheit.
Die Abhängigkeit der Energieimporte wird sich den Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge auf nahezu 70 % bis zum Jahr 2030 erhöhen, 85 % für das Erdgas und mehr als 90 % für das Erdöl. Die Europäische Union ist sich der Probleme wohl bewusst und hat sich seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts intensiv um neue Wege bemüht.
Fossile Energieträger bald erschöpft
In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die wirtschaftlich abbaubaren Reserven der fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas noch für 45 resp. 60 Jahre reichen. Um auf diese Tatbestände aufmerksam zu machen, hatte die Kommission im März 2006 ihr Grünbuch mit Vorschlägen für eine wettbewerbsfähige, sichere und nachhaltige Energieversorgung vorgestellt.
Nun hat sie ihre Ziele erhöht und schlägt vor, 20 % der elektrischen Energie durch die erneuerbaren Energien und die nachwachsenden Rohstoffe bis zum Jahr 2020 abzudecken, sie weist heute 6 % aus. Luxemburg bemüht sich derzeit seinen Anteil auf 5,7 % bis 2010 anzuheben, gegenüber 3,45 % im Jahr 2005. Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher und ökologischer Zwänge werden wir die Integration der erneuerbaren Energieträger Wind, Sonne, Wasser sowie die Biomasse in der dezentralen Energieerzeugung vorantreiben.
Neben dem verstärkten Einsatz der erneuerbaren Energien und den nachwachsenden Rohstoffen muss der Hauptschwerpunkt jedoch vor allem auf das Energiesparen gelegt werden, dies in allen Bereichen der Wirtschaft, des Verkehrs und der Haushalte.
Der Klimawandel wird sich als Boomerang unseres derzeitigen unvernünftigen Handelns erweisen. Die schleichenden Veränderungen werden bereits sichtbar und dies zwingt die Europäische Union dazu, sich ihrer Verpflichtung zur Umweltpolitik immer stärker bewusst zu werden. Sie muss ein leuchtendes Beispiel in der grauen Welt werden, indem sie vorgibt, die CO2-Emissionen um 20 % bis zum Jahr 2020 zu senken. Nur mit Mut und Zuversicht werden die 27 EU-Mitgliedstaaten diese erste wichtige Etappe auf einem langen Weg beschreiten.
Damit diese Aufgabe mit Erfolg gekrönt wird, bedarf es der gemeinsamen Energiepolitik, mit 27 Zungen reden ist in diesem Zusammenhang verheerend und kontraproduktiv. Der gemeinsame Auftritt des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso mit dem Kommissar für Energiefragen Andris Piebalgs und dem Kommissar für Umwelt Stavros Dimas war ein gelungener Auftakt. So wie die Europäische Union in Sachen Kyoto-Protokoll ein Wegweiser ist, so wird sie auch in Sachen Energieverbrauch den Weg zeigen.
Die vor uns liegenden Aufgaben sind wohl von globaler Tragweite, aber bei angemessener Anstrengung und Erklärung an die Mitbürger werden wir den Temperaturanstieg auf 2 °C bis 2100 beschränken. Schaffen wir dies nicht, dann dürfte sich die Menschheit auf ein überaus gefährliches Abenteuer mit offenem Ende einlassen. Die CSV wird diesen Weg nicht mitgehen, vielmehr steht sie in der Bringschuld des “de sechere Wé”, in diesem Fall der nachhaltige Weg.
Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV-Abgeordneter, 11. Januar 2007
Europäische Energiepolitik und -Versorgung, Jean-Claude Juncker im Interview