Keine fundamentalen Bedenken : Staatsrat heißt Grundphilosophie der Reformen gut

Unterschiedliche Auffassung: Im Gegensatz zu einem Teil der Schüler und Studenten ist der Staatsrat der Meinung, dass die im Gesetzesprojekt 5611 geplanten Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit durchaus Sinn machen.

In seinem Gutachten vom 28. November zeigt sich der Staatsrat im Großen und Ganzen einverstanden mit den im Gesetzesprojekt 5611 vorgesehenen Beschäftigungsmaßnahmen. Die Basisphilosophie des Entwurfs – Arbeit statt Arbeitslosengeld – heißt die Hohe Körperschaft eindeutig gut, lediglich in einigen Punkten schlagen die Räte Änderungen vor.

Kaum ein Gesetzesprojekt wurde in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit so rege diskutiert und kritisiert wie der Entwurf 5611. Für Ärger hatten vor allem die Neuregelung der Beschäftigungsmaßnahmen und die Höhe der Entschädigung gesorgt. Der Staatsrat beanstandet die Höhe des Entgelts nicht. Bereits in seinem Gutachten vom 4. April zum Gesetzesprojekt 5501, der ursprünglich die Beschäftigungsmaßnahmen enthielt, zeigte sich die Hohe Körperschaft in diesem Punkt mit dem Gesetzgeber einverstanden.

In ihren Änderungsanträgen hatte die Tripartite-Kommission nachträglich angeregt, dass der Inhalt des Ausbildungsplanes beim Contrat d’appui-emploi (CAE) und beim Contrat d’initiation à l’emploi (CIE) über ein großherzogliches Reglement festgeschrieben werden sollte. Grundsätzlich zeigt sich der Staatsrat zwar einverstanden mit den eingebrachten Änderungsanträgen, gleichzeitig weist er aber in diesem Punkt darauf hin, dass das Instrument Ausbildungsplan flexibel bleiben muss.

Weniger strenge Sanktionen bei zu wenig Eigeninitiative

Eher zähneknirschend akzeptiert die Hohe Körperschaft die geplanten Sanktionen, wenn sich die Arbeitslosen nicht an die Auflagen der Convention d’activation halten. Hier hatte die Tripartite-Kommission im November noch einmal nachgebessert und die Regelung verschärft: Wer nicht genügend Eigeninitiative bei der Arbeitssuche zeigt, riskiert sein Recht auf Arbeitslosengeld. Der Staatsrat schlägt in diesem Zusammenhang vor, sich wieder dem ursprünglichen Text anzunähern: “Lorsque le chômeur ne respecte pas ses obligations … le directeur de l’Administration de l’emploi peut décider soit le retrait de l’indemnité de chômage complet pendant une période allant de cinq jours à trois mois soit le retrait définitif du droit à l’indemnité.”

Dass Arbeitslose, die drei Mal in Folge ihren Termin beim Arbeitsamt nicht wahrnehmen, künftig ihr Recht auf Arbeitslosengeld verlieren können, heißt der Staatsrat hingegen gut. Viel kritisiert wurde auch das Proportionalitätsprinzip beim Recht auf Arbeitslosengeld. Für den Staatsrat ist die vorgesehene Regelung allerdings gerechtfertigt.

Dass die Betreuung der Arbeitslosen künftig weitaus individueller sein soll, bewerten die Räte insgesamt sehr positiv. Angesichts der vielen neuen Aufgaben, die nach Inkrafttreten der Regelungen auf das Arbeitsamt zukommen, macht sich die Hohe Körperschaft allerdings Gedanken, ob die Adem ihren neuen Verpflichtungen gewachsen sein und ob sie über genügend Mitarbeiter verfügen wird. Bereits heute gerate die Verwaltung häufig hinsichtlich ihrer Funktionsweise und ihrer Effizienz ins Kreuzfeuer der Kritik. Für die Gutachter stellt sich denn auch die Frage, ob die Maßnahmen wie geplant am 1. Juli in Kraft treten können. Ursprünglich war der 1. Januar als Stichdatum zurückbehalten worden.

Problematische Erwachsenenbildung

Problematisch wertet der Staatsrat schließlich einige Aspekte der Erwachsenenbildung. Die Hohe Körperschaft hätte es lieber gesehen, dass die Maßnahmen, die nun im Tripartite-Gesetz verankert werden sollen, in das Gesetzprojekt zur Berufsausbildung eingeflossen wären. Das hätte eine kohärentere und globalere Vorgehensweise ermöglicht, heißt es in dem Gutachten.

Die nun vorgeschlagene Reform versperre den unqualifizierten Jugendlichen den Zugang zur Erwachsenenbildung. Besonders die Bedingung, dass Jugendliche unter 23 Jahren bereits 25 Monate gearbeitet haben müssen, um in die Erwachsenenbildung aufgenommen zu werden, hält der Staatsrat für zu restriktiv. Vor allem aber müssten die Ausnahmeregelungen im Gesetzestext präzisiert werden, fordert die Hohe Körperschaft, andernfalls drohe eine opposition formelle. Zudem sei die geplante Regelung nicht in Einklang mit der Lissabon-Strategie. Handlungsbedarf sieht der Staatsrat auch beim maintien dans l’emploi. Beim Plan für den Arbeitserhalt will die Hohe Körperschaft klarere Regeln. Da auf das Konjunkturkomitee neue Aufgaben zukommen, müsse die Regierung dafür sorgen, dass die Verwaltungsstruktur des Gremiums über ausreichend Personal verfüge. Bei den vorgesehenen Audits wollen die Gutachter genauere Details hinsichtlich der Bezahlung der externen Experten. Außerdem begrüßt der Staatsrat, dass der plan de maintien dans l’emploi auf freiwilliger Basis beruhen soll.

VON DANI SCHUMACHER

Quelle: d’Wort vom 4. Dezember 2006