Dem Öffentlichen Transport zu hohem Ansehen verhelfen

Georges Bach zu den rezenten Ereignissen im Transportwesen

GBach.jpgZugbegleitpersonal bei Kontrolle krankenhausreif geschlagen, Busfahrer drangsaliert wegen fehlendem Fahrschein, Schalterbeamte angemacht und bedroht. Die Aggressionen und Gewaltakte im Öffentlichen Transport häufen sich in erschreckendem Masse.

Wie konnte es hierzu kommen? Was ist der Auslöser zu einer Tätlichkeit gegenüber einem Beamten der lediglich im Interessen der Allgemeinheit seinen Dienst verrichtet?

Die Beamten des Öffentlichen Transports haben inzwischen eine kommerzielle Haltung gegenüber den Kunden angenommen. Diese sind “König” und müssen dementsprechend behandelt werden, so der allgemeine Tenor während der Aus- und Weiterbildung. Doch diese Haltung scheint bei manchen Kunden nicht angekommen zu sein. Sie wissen die freundliche Art und die bevorzugte Behandlung die sie genießen nicht zu schätzen.

Wir reden hier nicht von den 95 Prozent die tagtäglich dem Personal gegenüber den notwendigen Respekt entgegenbringen. Wir reden auch nicht von den paar Prozent die sich gelegentlich einen “Ausrutscher” erlauben, da sie in Verspätung geraten sind, möglicherweise eine Anschlussverbindung verpassen oder dermaßen unter Druck stehen da sie riskieren, zum wiederholten Male ihre Kinder zu spät von der Schule abzuholen.

Wir reden hier über die restlichen Prozentpunkte, die mitunter eine extreme Disziplinlosigkeit an den Tag legen und vor gar nichts mehr Respekt zeigen. Seit Jahren wird Schaden an technischen Installationen in Millionenhöhe angerichtet. Inzwischen kommen Gewaltakte gegenüber dem Personal in bisher nicht gekanntem Ausmaß hinzu. Die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft liegt bei diesen Leuten extrem niedrig. Sie haben Achtung vor nichts mehr, weder vor ihren Mitmenschen noch vor uniformierten Beamten und lassen ihren Aggressionen ungezügelten Lauf. Diese Situation ist für uns als SYPROLUX untragbar.

Besonders als Gewerkschaft verstehen wir, dass viele Arbeitnehmer tagtäglich unter einem enormen Druck durch ihren Arbeitgeber stehen. Wir verstehen zum Teil die Situation der Jugend, die aus Mangel an Perspektiven frustriert ist. Wir verstehen die Ausweglosigkeit verschiedener Mitmenschen, die , ohne Arbeit, ohne Einkommen, ohne Dach über dem Kopf keine Zukunft vor sich sehen.

Und doch ist dies alles kein Grund seinen Frust am Kontroll- und Schalterpersonal auszulassen. Niemand hat das Recht seinen Ärger durch verbale oder physische Gewalt gegenüber seinem Nächsten anzuwenden und diesem schweren körperlichen und seelischen Schaden zuzufügen.

Um schnellstens Abhilfe zu schaffen verlangen wir als SYPROLUX eine Erweiterung des Rechtsrahmens. Ein sich in Vorbereitung befindliches Gesetz muss schnellstens den Instanzenweg durchlaufen und zur Anwendung gebracht werden. Das erst kürzlich gestimmte Gesetz über den Öffentlichen Transport muss dringend überholt werden. Der Maßnahmekatalog welcher zwischen den Sozialpartnern ausgearbeitet wurde muss bedingungslos umgesetzt werden. Auch die Arbeitgeber müssen sich der Dramatik der Lage bewusst werden und eine Verstärkung der Personalbestände darf nicht finanziellen Überlegungen zum Opfer fallen. Die Mittel für die karitativen Hilfsorganisationen müssen verstärkt werden. Parallel dazu muss allerdings auch der Einsatz der Sicherheitskräfte ausgebaut werden.

Der SYPROLUX wird sich bei Gelegenheit seines Kongresses u.a. mit diesem Thema beschäftigen und Überlegungen anstellen um eine Verbesserung der Lage herbei zu führen. Die Sicherheit der Reisenden und des Personals muss oberste Priorität haben. Sie sind der Garant um dem Öffentlichen Transport weiterhin zu hohem Ansehen zu verhelfen.

A propos Kongress

Dieser Tage findet der diesjährige Kongress unserer Fédération Chrétienne du Personnel des Transport im Centre Convict in Luxemburg statt. Die FCPT wurde bekanntlich 1955 gegründet und begreift neben dem Eisenbahnsektor ebenfalls den Straßentransport, die Luft- und die Binnenschifffahrt. Bei dieser Gelegenheit werden wir einen Blick zurückwerfen und Bilanz ziehen. Daneben wird der Kongress aber auch die aktuelle Lage im Transportsektor analysieren und die Weichen stellen für die gewerkschaftliche Marschroute in der Zukunft.

An erster Stelle wird dabei das Resultat der Eisenbahn- Tripartite und seine Auswirkungen stehen. Der zustande gekommene Kompromiss entspricht sicherlich nicht jedermanns Vorstellungen, doch war es angesichts der Kräfteverhältnisse das bestmöglichste Resultat das erzielt werden konnte. Nun gilt es dafür zu sorgen, dass die Verpflichtungen eingehalten werden und die Ergebnisse ohne Abweichungen umgesetzt werden.

Neben dem Eisenbahnsektor wird der FCPT- Kongress ebenfalls die Lage in den anderen Transportbereichen kritisch beleuchten. Die aktuelle Situation ist alles andere als zufriedenstellend. Seit geraumer Zeit bildet bekanntlich ein Übergangskollektivvertrag die Basis der Sozialbedingungen der Berufsfahrer. Sowohl in den Bereichen BUS als auch im LKW- Sektor ist die Situation blockiert und es bedarf dringend der Umsetzung der Direktive 2002/15 in Nationales Recht. Das entsprechende Gesetzesprojekt muss schnellstens in der vorliegenden Form umgesetzt werden um ein Weiterkommen zu ermöglichen.

Im Taxibereich ist es besonders die Nichteinhaltung der Arbeits- und Lohnbedingungen durch verschiedene Unternehmer, die Genehmigungsverfahren, die Preispolitik, sowie die zum Teil recht schwierige Lage auf dem Flughafen Findel die den Fahrern schwer zu schaffen machen.

In der Binnenschifffahrt sind es immer mehr Firmen mit mittlerweile annähernd dreitausend Beschäftigten die sich in Luxemburg angesiedelt haben. Mit einigen dieser Firmen steht die FCPT, zusammen mit anderen Gewerkschaften in Verhandlungen. Ziel ist es, einen allgemeinverbindlichen Kollektivvertrag zu unterzeichnen um dem Sozialdumping einen Riegel vorzuschieben.

Der Transportsektor hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Wirtschaftssektoren der EU entwickelt. Alle Voraussagungen deuten darauf hin, dass sowohl die Mobilität der Bürger als auch der Warentransport in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. Der harte Wettbewerb der Transportunternehmen führt zunehmend zu Dumpinglöhnen und Überforderung bei den Beschäftigten. Inhumane Arbeitsverhältnisse verbreiten sich immer mehr. Leiharbeit und Scheinselbständigkeit bis hin zu illegaler Beschäftigung sind schon lange keine Ausnahmeerscheinung mehr.

Um alldem entschieden entgegenzutreten bedarf es internationaler gewerkschaftlicher Zusammenarbeit. Die FCPT- Delegierten werden sich anlässlich des Kongresses mit der Gründung des IGB, dem Weltverband, der aus IBFG und WVA entstanden ist, beschäftigen und über einen Beitritt ihrerseits in die ITF befinden. Diese vertritt weltweit die Beschäftigten im Transportsektor und tritt ein für ” Arbeit und Frieden auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Fortschritts“. In diesem Bund darf die FCPT nicht abseits stehen, denn Ängste, Sorgen und Probleme der Beschäftigten im Transport machen nicht an den Landesgrenzen halt.

Leitartikel Transport N° 21