François Biltgen erläutert in einem offenen Brief an die Schüler das Gesetzesprojekt 5611. Jugendlichen reale Chancen zu bieten, darum geht es. François Biltgen ist dialogbereit
Offener Brief von Arbeits-und Beschäftigungsminister François Biltgen an die Schüler, die Studenten, ihre Schülerkomitees und ihre Schulen, 14. November 2006
Verschiedene Schülerkomitees rufen zum Streik gegen ein neues Gesetzesvorhaben auf, das die Jugendarbeitslosigkeit besser bekämpfen will. Das Problem ist, dass über drei Viertel der Jugendarbeitslosen kein Diplom haben. Deshalb ist es wichtig, dafür Sorge zu tragen, sie in der Schule zu behalten oder sie vorrangig wieder dorthin zurückzuführen. Die Jugendlichen die arbeiten können, sollen schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Diejenigen, die – meistens aus Qualifizierungsgründen – nicht sofort vermittelt werden können, sollen u.a. – wie bislang – über verbesserte ausbildende Beschäftigungsmaßnahmen zu einer Arbeit hingeführt werden.
Es geht Rede von “Verschlechterungen” gegenüber der heutigen Situation. Das was in der Tat hätte als Verschlechterung angesehen werden können, wäre die Einführung einer 6-monatigen Karenzzeit im Anschluss an eine Beschäftigungsmaßnahme, im Falle wo der Jugendliche keine Arbeitsstelle gefunden hätte. Diese Karenzzeit wird fundamental abgeändert, der Jugendliche kann sofort Arbeitslosengeld beziehen, es sei denn, die Arbeitsmarktverwaltung (ADEM) könne ihm Nachlässigkeit vorwerfen. In letzterem Falle ist eine Rekursmöglichkeit gegen den Entscheid der ADEM im Gesetzesvorschlag vorgesehen, so dass der Jugendliche zu jeder Zeit seine Rechte geltend machen kann! Der Hauptkritikpunkt fällt also weg.
Im weiteren Kreuzfeuer der Kritik steht vor allem das Vorhaben der Regierung, die Entschädigung bei einer vom Arbeitsamt vermittelten Eingliederungsmaßnahme auf 80% des gesetzlichen Mindestlohnes festzulegen. Würde diese Bestimmung zurückgezogen, wie es vielerorts gefordert wurde und wird, dann würde sich die aktuelle gesetzliche Lage nicht verbessern.
Bei einem eventuellen Rückzug des Gesetzes würde die “80%”-Klausel weiterhin bestehen bleiben, da sie bereits seit 1999 besteht.
Es handelt sich (jetzt beim “Stage d’insertion” und in Zukunft beim “Contrat d’initiation à l’emploi”) nicht um einen Arbeitsvertrag, sondern um eine ausbildende Beschäftigungsmaßnahme, bei der man nur teilweise und nicht zu 100% arbeitet. Des Weiteren läuft diese Maßnahme auf einen festen Arbeitsvertrag hinaus! Es handelt sich somit um eine Maßnahme, in der der Jugendliche – vorrangig unqualifizierte Schulabgänger oder Schulabgänger, die aus anderen Gründen Probleme haben, sofort eine Arbeit anzunehmen oder zu bekommen – neben der praktischen Arbeitserprobung eine Ausbildung erhält, die es ihm nach Ablauf der Maßnahme erlaubt, wennmöglich im Betrieb selbst eine definitive Anstellung zu vollem Betriebslohn zu erhalten.
Diese aktuelle “Stage d’insertion”-Maßnahme, welche nun durch den “Contrat d’initiation à l’emploi” ersetzt wird, ist heute bereits so erfolgreich, dass rund drei Viertel der betroffenen Jugendlichen nach der Maßnahme eine feste Anstellung im Betrieb selbst erhalten. Zudem erhalten die meisten der verbleibenden 25% eine Anstellung in einem anderen Betrieb.
Abgesehen davon erhält derzeit der Jugendliche meist sehr schnell vom Betrieb einen freiwilligen Zuschlag zu der gesetzlich vorgesehenen Basisentschädigung. Dies u.a. weil der Betrieb Interesse hat, jemanden den er ausgebildet hat, auch so schnell wie möglich an sich zu binden. Das wird in Zukunft nicht anders sein. Die Bankenvereinigung z.B. hat mit dem Arbeitsminister abgemacht, dass ein “Bac +4”-Absolvent während der Maßnahme insgesamt fast 2 800 € pro Monat erhält.
Das neue Gesetz soll also nichts “verschlechtern”, sondern im Gegenteil die echte Ausbildung, die neben der eigentlichen Beschäftigung abläuft, absichern. Dadurch, dass in Zukunft der Vertrag zwischen dem Arbeitsamt und dem Betrieb abgeschlossen wird, wird eine echte Kontrolle ausgeübt und Missbräuchen vorgebeugt. Vor allem aber bietet die Maßnahme eine echte Perspektive auf feste und voll bezahlte Beschäftigung.
Vieles ist also differenzierter als es derzeit dargestellt wird.
Die Jugendlichen haben Recht, wenn sie sagen, dass mit ihnen diskutiert werden soll. Ja, dann sollen wir das tun!
Der Arbeitsminister ist bereit, auf Einladung der Schulen, sogar noch vor Verabschiedung des Gesetzes Mitte Dezember, in sämtliche Schulen zu kommen und nicht nur mit den Schülerkomitees, sondern mit allen Schülern und Studenten über Ursachen und Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zu diskutieren.
François Biltgen, Arbeits- und Beschäftigungsminister