“Nur eine feste Arbeit führt zur Eigenständigkeit” Arbeitsminister Biltgen reagiert im Wort auf die Kritik einiger Jugendorganisationen
Quelle: Wort, 3. November 2006, Laurent Zeimet
Arbeitsminister François Biltgen steht in der Kritik. Einige Jugendorganisationen werfen dem CSV-Minister vor, sozialen Kahlschlag zu betreiben. Die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit seien unsozial, heißt es. Biltgen kontert: Ich will Arbeit statt Arbeitslosengeld für die Jugendlichen.
Einerseits geht es bei der Auseinandersetzung um die Arbeitslosenunterstützung für Schulabgänger, andererseits um die Reform der Beschäftigungsmaßnahmen für Jugendliche unter 30 Jahren. 2026 Jugendliche unter 26 Jahren waren im September beim Arbeitsamt gemeldet.
Zurzeit können Schulabgänger, die keine Arbeit finden, im Prinzip nach sechs Monaten Arbeitslosenunterstützung beantragen, diese wird ihnen allerdings höchstens während zwölf Monaten gewährt und macht in der Regel 70 Prozent des sozialen Mindestlohns aus. Im Tripartite-Paket ist nun vorgesehen, diese Arbeitslosenunterstützung für Jugendliche ganz zu streichen. Die Gegner des Gesetzentwurfs halten diese Abschaffung für unsozial. Arbeitsminister François Biltgen (CSV) kontert: “Ich will Arbeit und nicht Arbeitslosenunterstützung für die Jugendlichen. Nur eine feste Arbeit führt zu Eigenständigkeit.” In der Tat argumentiert die Regierung in ihrem Entwurf, eine automatische Zahlung von Arbeitslosengeld an Schulabgänger verführe manche Jugendliche dazu, ihre Ausbildung vorzeitig abzubrechen.
Der Minister will dieser Entwicklung nicht weiter tatenlos zusehen. Einmal arbeitslos, werde es immer schwieriger, dem Jugendlichen einen Job zu vermitteln. Dieses Problem hatte auch die Tripartite erkannt und festgehalten, dass den Jugendlichen statt der Arbeitslosenunterstützung eine aktive Beschäftigungsmaßnahme seitens des Arbeitsamts angeboten werden solle. Die Details sollten im Comité permanent pour l’emploi geregelt werden. In diesem Gremium konnte man sich dem Vernehmen nach aber nicht so recht einigen. Also, schritt Arbeitsminister Biltgen zur Tat. Schließlich drängte die Zeit. Immerhin muss das Tripartite-Paket vor dem Budget 2007 über die parlamentarische Bühne, damit es bereits im neuen Jahr seine Wirkung entfalten kann. Biltgen hatte bereits eine Reform der bestehenden Beschäftigungsmaßnahmen in einem anderen Gesetzentwurf ins Auge gefasst. Auf diese Vorarbeit griff er nun zurück.
Alle bisherigen Beschäftigungsmaßnahmen (CAT, “Stage d’insertion” usw.) werden durch zwei Maßnahmen ersetzt: den “Contrat d’appui-emploi” (CAE) im öffentlichen Dienst und den “Contrat d’initiation a l’emploi” (CIE) in der Privatwirtschaft (siehe Infokasten). Spätestens drei Monate nach der Eintragung beim Arbeitsamt muss die Adem dem jungen Arbeitslosen ein Angebot für eine individualisierte Betreuung unterbreiten. Die Adem verpflichtet sich, dem Jugendlichen ein maßgeschneidertes Ausbildungs- oder Weiterbildungsprogramm anzubieten, CAE oder CIE können Bestandteil eines solchen Förderprogramms sein. Der CIE kann maximal zwölf Monate dauern. Der CAE wird auf neun Monate beschränkt. Der Jugendliche erhält in beiden Fällen eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 80 Prozent des sozialen Mindestlohns für unqualifizierte Arbeiter (ab 18 Jahren rund 1200 Euro). Beim CIE kann diese Unterstützung vom jeweiligen Arbeitgeber aufgestockt werden. Beim CAE beträgt die Arbeitszeit in Zukunft nur noch 32 Stunden, um den Jugendlichen die Möglichkeit für Vorstellungsgespräche und Weiterbildung zu bieten.
Vor allem Massnahmen im Privatsektor
Geht es nach Arbeitsminister François Biltgen sollen die Jugendlichen vor allem Beschäftigungsmaßnahmen im Privatsektor erhalten, also CIEs abschließen. Eine CEPS-Studie habe ergeben, dass Jugendliche, die in der Privatwirtschaft vorübergehend unterkommen, eine weitaus bessere Aussicht auf eine feste Einstellung haben. Dagegen seien die CATs im öffentlichen Dienst zwar populär, aber nicht gerade viel versprechend, da selten eine Chance auf einen festen Arbeitsplatz bestehe. Leider würden von Seiten der Verwaltung oft falsche Hoffnungen auf eine feste Anstellung geweckt, bedauert Biltgen. Zudem würden sich die Jugendlichen in der falschen Gewissheit wähnen, bereits eine definitive Anstellung “beim Staat” zu haben und sich oft kaum noch ernsthaft um einen festen Job bemühen.
Die geplanten Beschäftigungsmaßnahmen wollen aber noch nicht allen gefallen. Die finanzielle Unterstützung wurde einigen nicht hoch genug angesetzt. Auch der LCGB moniert, die Bezahlung solle hundert Prozent des sozialen Mindestlohns ausmachen. Aber auch beim jetzigen Stage d’insertion betrage die Grundentschädigung 80 Prozent des Mindestlohns, antwortet Arbeitsminister Biltgen. Beim neuen CAE stehe die 80-prozentige Entschädigung im Verhältnis zu einer 80-prozentigen Arbeitszeit.
Noch stärker kritisiert wird die so genannte Karenzzeit. Ein Jugendlicher, der eine Beschäftigungsmaßnahme hinter sich hat und trotzdem keine Arbeit findet, soll erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten Arbeitslosenunterstützung erhalten. Nicht nur die Jugendorganisationen stören sich an dieser Karenzzeit, auch der christlichen Gewerkschaft scheint diese Zeitspanne zu lang. Der Regierung ging es darum, die jungen Arbeitssuchenden anzuspornen, aktiv eine Arbeitsstelle zu suchen. Kommt die Adem ihren Verpflichtungen nicht nach, soll die Karenzzeit nicht spielen. Minister Biltgen zeigt sich in diesem Punkt trotzdem gesprächsbereit und will die Karenzzeit überdenken.