„Reformen im Dialog durchführen“

Minister Claude Wiseler plädiert im Wort-Sommerinterview für effizienten Öffentlichen Dienst. “Liaison Micheville” und “Nordstrooss” sind zwei von vielen bedeutenden Projekten, die Bautenminister Claude Wiseler zu betreuen hat. Daneben ist der CSV-Politiker auch als Minister für den Öffentlichen Dienst mit ein paar Großbaustellen konfrontiert.

Stichwort Gehälterverhandlungen. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die für Herbst anberaumten Gehälterverhandlungen? Die CGFP hat ja bereits zu verstehen gegeben, dass sie die in der Tripartite angekündigte Nullrunde nicht hinnehmen will.
Nun, es wird mit Sicherheit keine einfachen Verhandlungen geben. Davon zeugt allein schon der Vorstoß der Staatsbeamtengewerkschaft, den angesprochenen Punkt des Tripartite-Beschlusses nicht zu akzeptieren. Ich gehe aber davon aus, dass die Diskussionen in einem offenen und ordentlichen Klima verlaufen werden und wir uns am Ende auf ein für beide Seiten annehmbares Ergebnis verständigen werden.

Ein Scheitern der Verhandlungen …
… ziehe ich nicht in Betracht. Im Übrigen darf man die Diskussionen nicht nur auf den Gehälteraspekt, wo die Position der Regierung mit der angesagten Lohnpause klar ist, beschränken. Wir werden z. B. auch über Aus- und Fortbildung oder das Statut zu reden haben.

Und wie sieht Ihre Marschrichtung genau aus?
Ehe die Regierung ihre Vorgehensweise festlegt, werden wir uns mit dem Forderungskatalog der CGFP auseinandersetzen. Dieser soll im Oktober/November vorliegen. Daraufhin werden wir dann unsere Verhandlungsposition definieren.

Wie würden Sie denn nach rund zweijähriger Erfahrung Ihr Verhältnis zur Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes charakterisieren?
Wir pflegen ein gutes Verhältnis zueinander. Ich denke auch, dass mir dabei zugute kommt, dass ich den Öffentlichen Dienst aus meinem beruflichen Vorleben kenne und demnach weiß, mit wem ich es zu tun habe.

Nun genießt die “Fonction publique” in der Öffentlichkeit nicht den allerbesten Ruf. Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang die Institution des Bürgerbeauftragten und die hohe Zahl an Beschwerden, die seit Aufnahme Ihrer Arbeiten im Mai 2004 an Sie herangetragen worden sind?
Erst einmal möchte ich klarstellen, dass die luxemburgische “Fonction publique” eine ausgezeichnete Arbeit leistet. Was nun die Behörde des Ombudsman anbelangt, sehe ich darin eine sehr positive Institution. Wir nehmen die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten denn auch ernst, weil sie die Möglichkeit geben, dort, wo Schwachstellen sind, Verbesserungen vorzunehmen.

In jüngster Vergangenheit hat es vereinzelt Kritik an pensionierten ranghohen Staatsbeamten gegeben, wo es um deren berufliches Engagement ging. Wie sieht es mit der Ausarbeitung eines Berufskodex aus, den Sie in Aussicht gestellt haben?
Wir sind dabei, dieses Dokument hausintern aufzustellen, wobei wir uns an ähnlichen Texten ausländischer Verwaltungen sowie an Angaben der OECD und der EU-Kommission inspirieren. Dabei wollen wir auch den alltäglichen Problemen Rechnung tragen, denen die verschiedenen Verwaltungen in diesem Bereich begegnen.

Wie sieht es mit dem Reform- und Modernisierungsprozess im Öffentlichen Dienst aus, so wie er im Koalitionsabkommen festgeschrieben ist?
Wir werden diesen Prozess durch- bzw. fortführen, mit dem Ziel, die Qualität der Dienste, die wir dem Bürger anbieten, beständig zu verbessern. So wollen wir gemäß EU-Vorgaben ein System der qualitativen Selbstbewertung aller Dienststellen einführen. Den Anfang werden sieben Behörden machen, auf freiwilliger Grundlage. Parallel dazu werden wir Anpassungen an der Aus- und Fortbildung der Angestellten vornehmen …

… was konkret bedeutet …
… dass die Formationspläne gezielter auf die einzelnen Behörden zugeschnitten werden. Es wird sozusagen eine maßgeschneiderte Ausbildung für jede Verwaltung des Öffentlichen Dienstes geben. Auf diese Weise wollen wir den “esprit de corps” fördern und stärken.

Und was macht das e-Zeitalter in der Fonction publique?
Auch bei der Umsetzung von e-Lëtzebuerg haben wir Fortschritte gemacht. Ich erinnere daran, dass zum 1. Januar die elektronische Unterschrift eingeführt wird. Dies ist ein wesentlicher Schritt, die elektronischen Hilfsmittel im Alltag zu nutzen. Ich denke da beispielsweise an öffentliche Ausschreibungen, wo fortan die gesamte Prozedur via Computer bewältigt werden kann. Das kommt natürlich der Wettbewerbsfähigkeit zugute. Die elektronische Unterschrift ist für diese sowie für andere Anwendungen eine notwendige Etappe, da sie erlaubt, dass die verschiedenen Benutzer sicher identifizierbar sind.

Zur Wettbewerbsfähigkeit trägt auch die bürokratische Schlankheitskur bei. Wie weit ist der Öffentliche Dienst eingebunden?
Die Zusammenarbeit mit der unter der Kompetenz des Mittelstandsministeriums eingesetzten Arbeitsgruppe, die Pisten hin zum administrativen Abbau aufzeichnen soll, ist gut. Es findet ein permanenter Austausch statt.

Eine Schlankheitskur wurde im Zuge des Sparkurses auch der Bautenpolitik verschrieben. Gemäß welchen Richtlinien bauen Sie künftig?
Die Bautenpolitik der Regierung orientiert sich an vier Fragen: Welche Prioritäten setzen wir? Wie bewegen wir uns in einem budgetären Rahmen? Wie bauen wir billiger? Wie bauen wir schneller?

Und wie lauten die Antworten?
Was die Prioritäten angeht, hat die Regierung drei Schwerpunkte definiert: Schulen, Sozialeinrichtungen und europäische Institutionen. Den budgetären Rahmen wollen wir künftig im Voraus präziser definieren, indem die gesetzliche Basis erst auf Grund eines detaillierten Vorentwurfs ausgearbeitet wird, so- dass der finanzielle Aspekt von Beginn an genauer überschaubar und besser nachvollziehbar bleibt. Parallel dazu können wir Geld durch eine rationelle Architektur und eine angemessene Auswahl an Materialien einsparen, ohne dass dies auf Kosten der Qualität geht.

Ein Problem der Verteuerung von Projekten war in der Vergangenheit stets die überlange Baudauer.
Das ist auch heute noch das wesentliche Problem. Sehen Sie, es ist ja nicht damit getan, dass die Regierung den Willen bekundet, zusätzliche Sekundarschulen zu errichten, um damit den Vorgaben des “plan sectoriel lycées” Rechnung zu tragen. Das geeignete Gelände zu finden und zu erwerben, stellt gleich zu Beginn der Umsetzung eine hohe Hürde dar. Weshalb es wichtig ist, dass die Gesetzgebung über die Enteigungsprozedur angepasst wird – was ja nun auch geschehen soll.

Der finanzielle Aufwand beschränkt sich nicht nur auf die Investitionskosten. Auch die Folgekosten sollen überschaubar bleiben.
Die Folgekosten stellen in der Tat eine allzu oft unterschätzte Größe dar, ob es sich nun um die Betriebs-, die Personal- oder die Unterhaltskosten handelt. Um für die Zukunft einen besseren Überblick der Unterhaltskosten zu erhalten, schwebt mir vor, ab dem kommenden Budgetjahr einen “Fonds d’entretien préventif” einzurichten. Parallel dazu will ich einen Unterhaltsplan für sämtliche Staatsgebäude aufstellen lassen. Mit diesen beiden Instrumenten wird es möglich sein, langfristig Geld einzusparen und eine gewisse Kohärenz in die Unterhaltspolitik zu bringen. Heute ist es ja oftmals so, dass so lange nichts gemacht wird, bis ein Abriss samt Neubau billiger zu stehen kommt als eine Komplettsanierung.

Eine Mammutaufgabe ist die Reform der “Ponts et Chaussées”.
Wir kommen nicht umhin, die Straßenbauverwaltung den Gegebenheiten der Zeit anzupassen. Die “Ponts et Chaussées” sind eine alte Administration mit großer Tradition. Die über 1 000 Mitarbeiter leisten eine gute Arbeit. Denken Sie nur an den Winterdienst, der landesweit gewährleistet wird. Im Dialog wollen wir die Verwaltung fit machen für die veränderten Herausforderungen. Ein erster Schritt wurde schon vollzogen mit der Einrichtung von zentralen Werkstätten in Bartringen.

Das Wort-Sommerinterview mit Minister Claude Wiseler führte Journalist Marc Schlammes, publiziert im Wort am 24. August 2006.