Für Claude Wiseler, Minister für den öffentlichen Dienst, besteht kein Zweifel, dass in den Verwaltungen hervorragende Arbeit geleistet wird. Der Minister im Gespräch mit “Fonction publique”
fonction publique: Herr Minister, die Umsetzung verschiedener der in dem im Mai 2005 zwischen der Regierung und der CGFP unterzeichneten Besoldungsabkommen vorgesehenen Maßnahmen lässt bis heute auf sich warten. Wie erklären Sie diesen Rückstand?
Claude Wiseler: Zunächst möchte ich betonen, dass der größte Teil der im Abkommen enthaltenen Punkte umgesetzt ist. Und zwar bereits seit einiger Zeit. Wenn das bei zwei der vorgesehenen Maßnahmen bislang nicht passiert ist, dann in erster Linie aus technischen und nicht aus politischen Gründen. Das zählt ebenso gut für die Einführung der Möglichkeit einer Gehaltsanpassung, wenn ein Beschäftigter aufgrund der Altersstruktur in seiner Verwaltung zwölf Jahre lang keine Beförderung erhielt, als auch für die Ausdehnung des Sonderurlaubs für Väter, des so genannten “Congé de circonstance”, von bislang zwei auf künftig vier Tage. Zum ersten Punkt hat der Staatsrat eine “Opposition formelle” eingelegt, weil – wie es in dem Gutachten heißt – die Magistratur nicht gleichsam von der Maßnahme profitieren könne. Und im zweiten Fall soll die Urlaubserweiterung von zwei auf vier Tage auf Väter, die in einem nicht-ehelichen Verhältnis leben, ausgedehnt werden. Auch uns ist daran gelegen, dass beide Punkte schnellstmöglich umgesetzt werden. Ich gehe fest davon aus, dass wir unsere juristische Analyse in den ersten Tagen abschließen werden, so dass wir noch vor dem Beginn der Sommerferien nächste Schritte einleiten können.
Geradliniger Dialog
fonction publique: Obwohl es also noch offene Punkte im letzten Abkommen gibt, möchte die Regierung bereits jetzt Verhandlungen für die Jahre nach 2006 führen…
Claude Wiseler: In der Tat. Und ich bedauere sehr, dass diese Gespräche nicht schon im Rahmen der Tripartite geführt werden konnten. Ich bin und bleibe der Ansicht, dass man die Ausgaben für den öffentlichen Dienst nicht außen vor lassen kann, wenn generell über Sparmaßnahmen gesprochen wird. Nun warten wir auf den für kommenden Oktober von Seiten der CGFP angekündigten Maßnahmekatalog. Die von Premierminister Jean-Claude Juncker erwogene Lohnpause im öffentlichen Dienst scheint mir eine klare Sache zu sein. Was andere zu diskutierende Punkte betrifft, gehe ich davon aus, dass die CGFP konkrete Vorstellungen hat. Ich setze nach wie vor auf einen geradlinigen Dialog. Das zählt im Übrigen auch für die zu führende Diskussion hinsichtlich einer Anpassung der Einstiegsgehälter im öffentlichen Dienst.
fonction publique: Die Anfangsgehälter sollen laut Regierung nach unten angepasst werden, obwohl Luxemburg bereits heute über einen recht schlanken und obendrein auch noch hoch kompetenten öffentlichen Dienst verfügt, wie es internationale Studien immer wieder belegen. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?
Claude Wiseler: Dass in Luxemburgs Verwaltungen eine hervorragende Arbeit geleistet wird, daran gibt es doch keinen Zweifel. Nichtsdestotrotz müssen wir diese Frage vor dem Hintergrund unseres eigenen sozialen Gesamtumfeldes diskutieren. Die CGFP hat schwierige Verhandlungen vorausgesagt. Wir wollen dennoch ein realistisches und sinnvolles Gespräch führen, mit dem Ziel, dass die soziale Kohärenz im Lande gewahrt bleibt. Die Verhandlungen sollten vielleicht hart im Inhalt, kaum aber im Ton werden.
fonction publique: In jüngsten Gesprächen haben Sie die Voraussetzung der Dreisprachigkeit für eine Anstellung im Staatsdienst als Hindernis gesehen, um gewisse Posten besetzen zu können. Wie ist diese Aussage zu werten? Soll künftig in unseren Verwaltungen kein Luxemburgisch mehr gesprochen werden?
Claude Wiseler: Ganz im Gegenteil. Am Prinzip der Dreisprachigkeit wollen und werden wir auch weiterhin festhalten. In anderen Worten: Die Dreisprachigkeit wird auch künftig die allgemeine Regel bleiben. Gleichzeitig merken wir allerdings, dass gewisse Sektoren unter anderem aufgrund eben der dritten Sprache Rekrutierungsprobleme haben, wie z.B. der Informatikbereich oder auch spezialisierte technische und wissenschaftliche Berufe. Und genau um diese Sektoren geht es uns. Wir möchten Lösungen finden, damit der Staat auch morgen noch korrekt funktionieren kann, ohne aber das Prinzip der Dreisprachigkeit aufgeben zu wollen.
fonction publique: Stichwort Aus- und Weiterbildung: Hier wollen Sie künftig verstärkt auf den Weg einer individuellen Fortbildung gehen…
Claude Wiseler: Auf den Weg einer verstärkt auf die Bedürfnisse der verschiedenen Verwaltungen zugeschnittenen Weiterbildung, um es genauer zu sagen. Der INAP und die einzelnen Verwaltungen sollen in Zukunft mehr und mehr präzise und gesamte Fortbildungspläne für jede spezifische Laufbahn einer Verwaltung ausarbeiten. Dieses auf die einzelnen Verwaltungen zugeschnittene Weiterbildungsangebot wird ein wesentlicher Beitrag zu einer dauerhaft abgesicherten Qualität sein.
fonction publique: Die Weiterbildung wird demnach ein Muss…
Claude Wiseler: Eine Normalität. Dass ein Arbeitnehmer sich heute laufend den neuen Gegebenheiten anpassen muss, scheint mir unabdingbar.
fonction publique: Themenwechsel: Um – wie es heißt – den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz auszuweiten, will die Regierung ein Antitabakgesetz auf den Instanzenweg bringen. Was genau hat es hiermit auf sich und inwiefern ist der öffentliche Dienst betroffen?
Claude Wiseler: Eine von Gesundheitsminister Mars di Bartolomeo eingebrachte Gesetzesvorlage sieht ein Rauchverbot an verschiedenen Örtlichkeiten vor, so auch in Versammlungsräumen und Eingangshallen von öffentlichen Gebäuden. Um Nicht-Raucher am Arbeitsplatz stärker zu schützen, soll diese Maßnahme jetzt ausgeweitet werden. Bereits im Jahre 2003 hatte Arbeitsminister François Biltgen eine ähnliche Vorlage für den Privatsektor eingebracht. Es ist normal, dass die darin enthaltenen Maßnahmen auch auf den öffentlichen Dienst übertragen werden, und zwar durch einen Zusatz in Artikel 32 des Beamtenstatuts. Was die reglementarische Ausführung betrifft, wollen wir demnächst Vorschläge unterbreiten, die ja dann von der Berufskammer der Staatsbediensteten begutachtet werden.
Kontinuierliche Weiterentwicklung der Leistungsqualität
fonction publique: Eine Neuerung soll es auch hinsichtlich der Arbeitsverträge für Angestellte im Staatsdienst geben. Diese sollen künftig – entsprechend vorletztem Besoldungsabkommen – zentral in Ihrem Ministerium ausgestellt werden…
Claude Wiseler: Richtig. Und das aus zwei verschiedenen Gründen. Zum einen wollen wir auf diese Weise eine größere juristische Sicherheit beim Verfassen dieser Arbeitsverträge erreichen. Und zum anderen erwarten wir uns schnellere Reaktionszeiten, wenn es darum geht, eine bestimmte Stelle zu besetzen. Innerhalb des Ministeriums der öffentlichen Funktion verfügen wir dann über eine Liste mit Anwärtern für den öffentlichen Dienst, die bereits geprüft wurden und die Bedingungen für eine Anstellung beim Staat auch erfüllen. Wenn eine freie Stelle besetzt werden muss, können wir ohne auch nur den geringsten Zeitverlust auf diese Kandidatenliste zurückgreifen. Insgesamt erwarten wir uns dadurch eine größere Flexibilität.
fonction publique: Ihr Ministerium beabsichtigt auch die Ausarbeitung eines Deontologiekodexes für Staatsbedienstete, und das obwohl die Rechte und Pflichten der Beamten schon im Statut festgeschrieben sind…
Claude Wiseler: Es geht uns hierbei in erster Linie um Detail-, sprich um Verhaltensfragen, mit denen der Beamte im Alltag befasst wird. Denn genau auf diese Fragen gibt das Statut keine präzisen Antworten. Wir wollen niemandem etwas auferlegen, sondern gemeinsam mit den Verwaltungen und dem Sozialpartner klären, zu welchen Themen Verhaltensmuster ausgearbeitet werden sollen.
fonction publique: Zu der unter Ihrer Verantwortung durchgeführten Verwaltungsreform zählt auch die Einführung von so genannten Qualitätsselbstbewertungen. Was kann man sich genau darunter vorstellen?
Claude Wiseler: Ausgangspunkt für diese Gespräche ist eine auf EU-Ebene erarbeitete Methode, die es Verwaltungen ermöglichen soll, sich selber zu bewerten. In einem ständigen Verbesserungsprozess soll dieses Qualitätsdenken zum Tragen kommen. Wir sprechen bewusst nicht von einem Audit, wie es in Privatunternehmen durchgeführt wird, weil die Zielsetzung ja eine völlig andere ist. Wir wollen, dass diese Selbstbewertungen in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, damit wir unsere Arbeitsmethoden laufend verbessern können. Dazu müssen wir den Mitarbeitern die dazu notwendigen Mittel zur Verfügung stellen und die dazu erforderliche Schulung ermöglichen.
fonction publique: Herr Minister Wiseler, wir danken für dieses Gespräch.
Quelle: fonction publique, Juli 2006, Steve Heiliger