Der Staat wird weiter bauen, neue Akzente bei Planung und Kontrolle sollen aber zu Einsparungen führen. Das Ziel von Claude Wiseler ist die Kontrolle der Investitionskosten
Der Bautenminister hat sich und seiner Verwaltung strenge Sparregeln auferlegt. Zu einem Investitionsstopp kommt es allerdings nicht. Doch die öffentlichen Gelder sollen in Zukunft besser eingesetzt werden. Die Zeit der “runden Mauern” ist vorbei. Einfache Formen und zweckmäßige Konstruktionen sind angesagt. Ganz nach dem Motto: weniger Bruchsteine, mehr Beton. Darüber hinaus drängt Wiseler auf eine bessere Kontrolle der Bauvorhaben von der Planung bis zur Wartung.
Wort: Sparen ist angesagt. Auch bei den Ausgaben für öffentliche Bauten. Wird der Staat nun weniger in Infrastrukturen investieren?
Claude Wiseler: Der Staat steht natürlich in der Pflicht, einen eigenen Beitrag in Sachen Sparen zu leisten. Das ist angesichts der Abmachungen in der Tripartite meiner Meinung nach eine Frage der Glaubwürdigkeit. Was nun die von Ihnen angesprochene Investitionstätigkeit anbelangt, so soll diese nicht abgebremst werden. Die öffentliche Hand wird weiter in Straßen und Gebäude investieren. Uns ist aber daran gelegen, die rasante Entwicklung der Investitionskosten in den Griff zu bekommen. Dort waren in der Vergangenheit Sprünge von plus 20 Prozent im Jahr keine Seltenheit. In Zukunft soll sich die Zuwachsrate zwischen einem bis vier Prozent einpendeln.
Das ist ein ambitiöses Ziel. Wie wollen Sie das erreichen?
Unsere Aktion findet auf drei Ebenen statt. Zum einen haben wir klare Prioritäten im Hochbau wie im Tiefbau definiert. Zum anderen soll künftig billiger gebaut werden. Schließlich werden wir alles daran setzen, die Budgetvorgaben bei der Verwirklichung von Projekten genauer einzuhalten. Das kann man vor allem durch eine bessere Begleitung der Projekte von der Planungsphase an erreichen.
Sie sprechen von Prioritäten. Können Sie etwas konkreter werden?
Im Hochbau sind das in allererster Linie Schulen, soziale Infrastrukturen – wie Kranken- und Pflegehäuser – sowie Gebäude für die europäischen Institutionen im Land. Im Tiefbau handelt es sich bei den Prioritäten vor allem um die Projekte, die wesentlich für die Umsetzung des IVL-Konzepts sind. Prioritären Charakter genießt so zum Beispiel die Anbindung der Industriebrachen im Süden, also die so genannte “Liaison Micheville”. Andere wichtige Projekte sind die Fertigstellung der Nordstraße und die Umgehung von Junglinster. Unsere Prioritätensetzung entspricht letztlich auch dem, was das Regierungsprogramm vorgegeben hat.
Sie haben Prioritäten aufgezählt. Welche Projekte werden denn nun nicht in Angriff genommen?
Nicht sofort in Angriff genommen, ist in diesem Zusammenhang wohl treffender formuliert. – Sie fragen nach Projekten. Da wäre zum Beispiel die “Cité policière”, das neue “CRP Santé” oder das Fahrzentrum der Polizei in Colmar-Berg. Vorerst kommt es auch nicht zum Ausbau der Autobahn zwischen Mamer und Bettemburg auf drei Spuren.
Darauf konzentrieren was wirklich gebraucht wird
Es soll, wie Sie sagen, auch billiger gebaut werden. Heißt das weniger Qualität, Herr Minister?
Nein, auf Qualität wollen wir natürlich nicht verzichten. Ziel ist es, sich stärker darauf zu konzentrieren, was wirklich gebraucht wird und demnach auch Sinn macht. Die echten Bedürfnisse sollen in Zukunft schon bei der Planung genauer unter die Lupe genommen werden. Eine “Commission d’analyse critique” wird Bedarfsanalysen durchführen. Sie soll klären, ob die gewünschten Gebäudeinhalte überhaupt notwendig sind. Wir haben übrigens auch festgestellt, dass konzeptuelle Änderungen an den Projekten während des Baus immer wieder zu erheblichen Mehrkosten führten. Deshalb sollen künftig keine solchen Kurskorrekturen mehr erfolgen. Es sei denn, äußere Umstände erfordern das. Ich denke da an neue Normen, etwa im Umweltbereich, oder technische Probleme, wie sie während der Bauphase zu jedem Moment auftreten können. Wenn ein Tunnelstück rutscht, muss man reagieren. Das ist einfach so. Das hat im Endeffekt nichts mit Planung zu tun.
Zurück zur Qualität. Sie wollen sich aufs Wesentliche konzentrieren. Heißt das schlichtweg, es wird einfacher gebaut?
Es soll einfacher und möglichst rationell gebaut werden. Um es salopp zu formulieren: Mauern werden gerade gebaut, nicht rund. Damit sich etwas bewegen kann, soll das Reglement für Architektenwettbewerbe abgeändert werden. Ferner ist vorgesehen, die Architektenkontrakte anders zu gestalten. Ich kann mir vorstellen, dass diese Kontrakte auf Pauschalhonoraren beruhen, die mit einem Belohnungs- respektive einem Penalitätssystem bei Budgetüberschereitungen verbunden sind. Dies wir mit dem Architekten- und Ingenieursverband diskutiert.
Stärkung der Kontrollmöglichkeiten
In der Vergangenheit kam es immer wieder zu erheblichen Überschreitungen der Budgets beim Bau von Straßen und Gebäuden. Wo wollen Sie hier ansetzen?
Wir haben uns zusammen mit der Abgeordnetenkammer und dem Rechnungshof für eine neue Arbeitsweise entschlossen. Demnach soll ein Bauprojekt dem Parlament zweimal vorgelegt werden. Zwecks Prinzipienentscheid in einem sehr frühen Stadium in der Kommission für öffentliche Bauten, später dann als spruchreifes Projekt im Plenum. Genauere Kostenvoranschläge sollen auch durch eine Einteilung von einem Großprojekt in mehrere Bauabschnitte erfolgen. Es ist nämlich geradezu unmöglich, die Kosten eines Projekts genau abzuschätzen, wenn zwischen Planungsphase und der Fertigstellung manchmal über zehn Jahre liegen. Beispiel Nordstraße. Große Hoffnung setzte ich auch ins Projektmanagement. Ziel ist es, die öffentlichen Bauvorhaben von der Planung an zu begleiten. Da ist es dann einfacher gegenzusteuern, wenn es nötig erscheint Auch kann man sich zu jeder Zeit ein genaueres Bild über den Stand der Dinge machen.
Was nicht unbedingt zu Einsparungen führt.
Was aber die Kontrollmöglichkeit eindeutig stärken wird. Wesentlich ist meines Erachtens vor allem eins: Projekte dürfen – wie ich es bereits erwähnt habe – nicht in ihrer Umsetzungsphase abgeändert werden. Genau das war in vielen Fällen Ursache für die Verteuerung. Genaue Planung, bessere Begleitung und eine realistische Vorgehensweise bei der Einschätzung der Kosten bilden ein Ensemble, das uns helfen soll, Geld zu sparen.
Quelle: Wort, 1. Juli 2006, Marc Glesener