Neue Chance für die Filmindustrie

Kommunikationsminister Jean-Louis Schiltz hat die Reform der Zertifikatsgesetzgebung auf den Weg gebracht. Er erläutert im Wort-Interview, wie diese Reform den luxemburgischen Filmsektor weiter stärken wird

Links: “Portail Médias et Communications” / Filme “made in Luxembourg”

Die Filmindustrie hat einen Nischenplatz in Luxemburg. Mit der Reform der Filmförderung möchte der Staat die Möglichkeiten für die heimische Szene ausbauen. Eine Europäisierung ist das Ziel. Kommunikationsminister Jean-Louis Schiltz nimmt im Interview Stellung.

Welchen Stellenwert räumt der Staat der Luxemburger Filmindustrie ein? Welche Rolle spielt sie für die Luxemburger Wirtschaft?

Der Luxemburger Film hat seinen Stellenwert sowohl in der Wirtschaft als auch in der Kultur. Das macht seine Eigenart aus. Mehr als ein Dutzend Produktionsfirmen sind in Luxemburg angesiedelt. Ungefähr 300 Techniker arbeiten im hiesigen Filmsektor. Die Luxemburger Filmindustrie hat in den letzten 15 Jahren große Kompetenzen aufgebaut. Einen sehr beachtlichen internationalen Zuschauererfolg kann im Moment zum Beispiel die luxemburgische Koproduktion “COMME T’Y ES BELLE!” feiern.

Filmsektor ist erfolgreich

Hat das Gesetz zur Filmförderung bislang den gewünschten Erfolg gebracht?

Wie in jedem Wirtschaftszweig, gibt es auch in der Filmindustrie hin und wieder Rückschläge. Im letzten Jahr gab es leider hierzulande eine Produktionsfirma, die ihre Aktivitäten aufgeben musste. Das ist äußerst bedauerlich, hauptsächlich wenn eine Vielzahl an Technikern finanziellen Schaden davonträgt. Im Großen und Ganzen jedoch ist der Sektor recht erfolgreich. Die Kurzfilme “STARFLY” von Beryl Koltz und “BUTTERFLIES” von Max Jacoby sind im Moment auf Welttournee. Sie ernten Preise bei allen möglichen renommierten Festivals. Preise an luxemburgische Talente verhelfen dem Land Luxemburg zu internationalem Ansehen. Der aktuelle Gesetzesrahmen, der aus dem Jahr 1989 stammt, wurde den Produzenten langsam zu eng. Auch dies ist ein Zeichen des Erfolgs des Sektors. Auch deshalb war eine Gesetzesnovellierung von Nöten. Die Produzenten sind bereit, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Mit der Europäisierung der Luxemburger Steuerzertifikate könnten Filme mit luxemburgischer Beteiligung auch im Ausland gedreht werden. Was exakt sind die Auflagen für ausländische Produzenten?

Der neue Rahmen, genau wie der alte, richtet sich an die Luxemburger Produzenten. Die europäische Kommission kritisierte unser Filmförderungsmodell, weil es in ihren Augen zu stark auf die einheimische Territorialisierung der Ausgaben ausgerichtet ist. Diese Gegebenheit mussten wir ändern. Richtig ist, dass nun die finanziellen Begünstigungen durch das Zertifikategesetz teilweise auch für im Ausland getätigte Ausgaben gelten können. Doch Luxemburg als Drehort genießt weiter Vorrang. Wird im Ausland gedreht, sollen vor allem Luxemburger Techniker, Schauspieler und Regisseure zum Einsatz kommen. Auch dies bedeutet Geld für die luxemburgische Wirtschaft. Zwischen Filmfonds und Produzenten ist über die Jahre hin eine echte Partnerschaft entstanden und der neue Text gibt die Möglichkeit, diese Partnerschaft zu vertiefen.

Mehr und besser produzieren

Wo sehen Sie weitere Vorteile für die heimischen Produzenten?

Durch die Öffnung nach Europa hin erwarte ich mir, dass die Produzenten mehr und besser produzieren können. Mehr und besser produzieren heißt, auch mehr und besser in Luxemburg produzieren. Sie bekommen die Möglichkeit, ihre Projekte effektiver in das internationale Umfeld einzubetten und sind dadurch konkurrenzfähiger.

Glauben Sie, dass Luxemburger Regisseure durch die Erweiterung der Filmförderung eine reelle Chance auf mehr Produktionen im europäischen Ausland haben?

Das will ich stark hoffen. Mein Wunsch ist es, dass Leute wie Beryl Koltz und Max Jacoby in den nächsten paar Jahren bei einem “großen” Luxemburger Film Regie führen können. Wir schaffen den gesetzlichen Rahmen – sie sind für das Kreative zuständig.

Ein Argument für die Steuerzertifikate ist immer gewesen, dass bei Co-Produktionen in Luxemburg auch “Geld im Land gelassen” wird, was anderen Wirtschaftszweigen zugute kommt. Bei einer Europäisierung fällt das doch zumindest teilweise weg?

Durch die neue Regelung werden weiter Produktionsausgaben in Luxemburg getätigt. Erstens entstehen weitere Produktionen hier im Land und zweitens kommen die luxemburgischen Filmschaffenden auch im Ausland zum Einsatz, was wiederum Geld in den Luxemburger Wirtschaftskreislauf bedeutet. Wir setzen vermehrt auf Koproduktionen mit dem Ausland, und Koproduktionen beruhen auf Austausch und Gegenseitigkeit.

Quelle: Wort, 2. Juni 2006, Arne Langner