Tripartite: Viele Fragen bleiben offen

Georges Bach: Die Arbeit aller Arbeitnehmer soll gleich bewertet werden, ob sie im “Blaumann” oder im “weißen Hemd” verrichtet wird.

Von Georges Bach, Präsident des Syprolux

GBach.jpgAufgrund der umfangreichen Berichterstattung in der Tagespresse, die ausgiebig auf die einzelnen getroffenen Abmachungen einging, können wir uns, glaube ich, an dieser Stelle auf einige grundsätzliche Überlegungen beschränken.

Viele Anfeindungen an die Tripartite gab es bekanntlich im Vorfeld. Da ging sogar die Rede von undemokratischem Verhalten, von einem Übergehen des Parlaments, von Nichtberücksichtigung einzelner Bevölkerungsgruppen, keine gesetzliche Basis usw. Diese Kritiker sollten sich das Gesetz vom 1977 sowie das betreffende Ausführungsreglement vom Januar 1978 zu Gemüt führen, sowie die anschließende Erfolgsgeschichte der Tripartite im Rahmen der Restrukturierung der Stahlkrise, bevor sie diesbezüglich unbedachte Äußerungen abgeben.

Verschiedene Hauptakzente, Sanierung der Staatsfinanzen, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Wirtschaft sowie Erhalt unseres Sozialmodells, je nach Sichtweise der einzelnen Akteure, unterschiedlicher hätte die Ausgangslage wohl kaum sein können. Dass trotzdem ein Kompromiss erzielt werden konnte, ist sicherlich auf das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten zurückzuführen. Keinem hätte zum aktuellen Zeitpunkt eine extrem sture Haltung und ein Beharren auf seinen Maximalforderungen genutzt. Die logische Folge eines Scheiterns der Verhandlungen wären sicherlich Sozialkonflikte gewesen, deren negative Konsequenzen letztendlich allen geschadet hätte.

Auch wenn man die Resultate, einzeln gesehen unterschiedlich bewertet, so sind sie in ihrer Gesamtheit sicherlich ein Maßnahmepaket von vernünftigem Wert. Als Erfolg werten wir jedenfalls die Beibehaltung des Index, resp. die Verhinderung einer maximalen Indextranche. Diese hätte nicht nur einen schwerwiegenden Eingriff in den Mechanismus, sondern ebenfalls starke Veränderungen für die jeweiligen Lohnstrukturen bedeutet. Auch das Einheitsstatut, eine langjährige Forderung der Gewerkschaften zählen wir zu den positiven Errungenschaften, allerdings darf es muss die Angleichung sozial gerecht erfolgen. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die Arbeit aller Arbeitnehmer gleich bewertet werden soll, ob sie im “Blaumann oder im weißen Hemd” ihre Arbeit verrichten, wie LCGB-Präsident Robert Weber treffend anlässlich seiner Rede zur 1.Mai-Feier bemerkte.

Die Erhöhung der Solidaritätssteuer erscheint uns zu diesem Zeitpunkt ein eher zweckmäßiger Schritt gewesen zu sein, nach dem Motto: Außergewöhnliche Zeiten erfordern halt außergewöhnliche Maßnahmen. Doch scheint uns, dass diese Solidarität letztendlich doch nicht von allen gleichermaßen ausgeübt wird. Einige Belastungen, wie z.B. die Verzögerung der Auszahlung kommender Indextranchen, die Desindexierung verschiedener Familienzulagen, die Rückstellung des Ajustement der Renten und Pensionen, die Erhöhung des Beitrags der Pflegeversicherung usw. gehen u.E. ganz klar zu Lasten der Beschäftigten. Demgegenüber fällt der Beitrag der Arbeitgeber auf den ersten Blick recht dürftig aus.

Auch nach mehr als dreißigstündigen Verhandlungen bleiben demnach noch viele Fragen offen. Eines der Hauptprobleme ist sicherlich die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt. So lobenswert in diesem Zusammenhang die Initiative “Maintien dans l´emploi” des Arbeitsministers ist, so wird es doch kein Leichtes sein den Betrieben und somit ebenfalls den Beschäftigten Hilfestellung zu leisten, treffende Maßnahmen gewähren, zum geeigneten Zeitpunkt d.h. bevor es zu spät ist, bevor der Betrieb in unumkehrbaren Schwierigkeiten steckt.

Fragen auch bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft sowie dem, an die Adresse des Wirtschaftsministers, ergangenen Auftrag ein konkretes Anti-Inflationsprogramm zu erstellen, um wenigstens die “hausgemachte” Inflation in den Griff zu bekommen. Die am vergangenen 1.März vorgenommene Erhöhung der Tarife im Öffentlichen Transport war in dieser Hinsicht jedenfalls eine kontraproduktive Maßnahme.

Betreffend des angedachten “Crédit d´impôt” stellt sich die Frage, ob diese Maßnahme als Ausgleich zur, von der Privatbeamtenkammer angedachten Negativ-Steuer zu sehen ist? Gespannt sind wir des Weiteren auf das angekündigte Paket zur Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt.

Genau wie bei der Eisenbahn-Tripartite, wo bei der Umsetzung des Abkommens viele Schwierigkeiten auftauchen und wo der Teufel im Detail steckt, wird es somit in den kommenden Wochen sicherlich noch viele Diskussionen geben um den Nationalen Aktionsplan, ein mit Mühe erreichter Kompromiss, in die Tat umzusetzen. Mit Spannung erwarten wir diesbezüglich die Rede des Staatsministers zur Lage der Nation.

Georges Bach, Syprolux-Präsident