Sozialpartner begutachteten Vorschläge der Regierung
“Wie Koalitionsverhandlungen”: So bezeichnete ein Teilnehmer die Stimmung während der zweiten Verhandlungsrunde der Tripartite gestern in den Räumen des Außenministeriums. Nachdem das Kabinett um Premierminister Jean-Claude Juncker seine Vorschläge zur wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Gesundung des Landes an Karfreitag auf den Tisch gelegt hatte, sollten die Gewerkschaften und die Arbeitgeber das Osterwochenende nutzen, um sich eine Meinung zu den Reformvorschlägen von Schwarz-Rot zu bilden.
Wie auch bei der Sitzung am vergangenen Freitag begnügte sich Premierminister Jean-Claude Juncker gestern nach den knapp acht Stunden währenden Gesprächen zwischen der Regierung und den Sozialpartnern mit einem knappen Statement. Auf Wunsch der Sozialpartner habe man Stillschweigen über den genauen Inhalt des Reformpakets vereinbart, solange nicht alle Einzelheiten durchdiskutiert worden seien, so der Regierungschef gestern. Nach Aussagen des Premierministers sind die Gespräche mit den Gewerkschaften und den Arbeitgebern trotz teils heftiger Wortgefechte von einem guten Klima gekennzeichnet gewesen. “Die Arbeiten verlaufen zielorientiert”, sagte Jean-Claude Juncker gestern nach dem Ende der Sitzung. Eine Einigung habe man noch nicht erzielt, da noch nicht alle Fragen bis ins letzte Detail besprochen worden seien.
Eine Erklärung will der Regierungschef nach der heutigen, als entscheidend gewerteten Runde abgeben – auch wenn man sich mit den Sozialpartnern nicht einigen sollte. Dass die Tripartite-Verhandlungen scheitern werden, ist derzeit allerdings unwahrscheinlich. Wie gestern am Rande der Gespräche verlautete, sollen vor allem die Gewerkschaften ihre Kompromissbereitschaft unter Beweis gestellt haben. Dies würde bedeuten, dass man sich auf eine Einigung in der leidigen Index-Frage zubewegt. Da eine Abschaffung des automatischen Preismechanismus weder politisch durchsetzbar ist noch von den Gewerkschaften akzeptiert würde, scheint ein Aussetzen der nächsten Indextranche für alle beteiligten Parteien das geringere Übel.
Quelle: Wort, 19. April 2006 (jm)