Schreckgespenst zu hohe Lohnkosten ?

Energiepolitik ist von hoher Bedeutung für eine leistungsfähige Industrie. Marc Spautz, LCGB-Generalsekretär und CSV-Abgeordneter konstatiert diesbezüglich im “Soziale Fortschrëtt” Handlungsbedarf

In den letzten Wochen kam eine Hiobsbotschaft nach der anderen für den luxemburgischen Arbeitsmarkt: Massiver Arbeitsplatzabbau bei Villeroy & Boch, TDK und WSA. Des Weiteren wird von Umstrukturierung geredet bei Luxair und den Brauereien. Viele stellen sich nun die Frage, ob noch andere Betriebe “gefährdet” sind, oder ob die Serie der Hiobsbotschaften nun ein Ende hat.

In diesem Zusammenhang wird dann auch von verschiedenen Arbeitgebervertretern immer wieder das Schreckgespenst der zu hohen Lohnkosten in Luxemburg angeführt. Aber weder die Direktion von Villeroy & Boch noch jene der TDK haben dieses Argument bei der Bekanntgabe der Entlassungen angeführt. Aber warum wird dann dauernd – vor allem durch die Arbeitgebervertretungen – auf die sozialen Errungenschaften, die die Gewerkschaften für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht haben mit dem Finger gezeigt? Auch der Staatsminister Jean-Claude Juncker hat unterstrichen, dass die Probleme bei Villeroy & Boch und der TDK nichts mit diesen Arbeitgeberaussagen zu tun haben.

Tatsache ist, dass bei Villeroy & Boch und auch bei der TDK vor allem die asiatische Konkurrenz das Problem ist, sprich die Billigimporte aus China.

“Geringste Lohnnebenkosten in Europa”

Hingegen ist bei der WSA ein anderer Grund ausschlaggebend: Es ist das 41. Militärlager der USA, welches in Europa geschlossen wird. Grund dafür ist, dass durch den Zusammenbruch der kommunistischen Systeme im Jahre 1989 und die Erweiterung der EU sich die militärischen Prioritäten geändert haben. Man sollte aber in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass das Militärlager in Sanem bestehen bleibt.

Auf die Gewerkschaften kommt nun die schwierige Aufgabe zu, sich für die Belange der von Entlassung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen. Der LCGB ist der Garant, dass in jenen Betrieben ordentliche Sozialpläne ausgehandelt werden. Doch mit einem guten Sozialplan alleine ist es nicht getan: Auch gilt es, für die Betroffenen neue Arbeitsplätze zu finden. Hier geht es nicht nur um Einzelschicksale, sondern ganze Familien sind von diesen Entscheidungen betroffen.

Und nun ist die Regierung gefordert: Zum einen müssen neue Ersatzarbeitsplätze ins Land gebracht werden, und zum anderen muss den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Weiterbildung und/oder Umschulung angeboten werden, damit sie die Chance erhalten, in anderen Betrieben einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen.

Und auch hier – bei dem Versuch neue Betriebe ins Land zu holen – wird oft das Schreckgespenst der zu hohen Lohnkosten in Luxemburg hochgehalten! Dabei vergessen anscheinend viele Arbeitgebervertreter, dass Luxemburg die geringsten Lohnnebenkosten in Europa hat, von den Steuervorteilen der Betriebe im Falle einer Ansiedlung in Luxemburg noch nicht einmal gesprochen!

Viel dringender ist dabei das grösste augenblickliche Problem: Die zu hohen Energiekosten. Dies betrifft sowohl Erdöl, wie auch Erdgas und Strom. Wenn wir als Einkäufer von Gas und Erdöl auch den Preis nicht bestimmen können, so ist es aber an der Zeit bei der Elektrizität darüber nachzudenken, ob Luxemburg nicht noch einen zusätzlichen Lieferanten benötigt. Im Moment bezieht Luxemburg aus Deutschland (RWE) und Belgien (ELECTRABEL) seinen Strom.

Damit die luxemburgischen Industriebetriebe aber kompetitiv bleiben können und somit die Arbeitsplätze in Luxemburg erhalten werden können, muss an der Energiefront reagiert werden. Hier ist vor allem Wirtschafts- und Energieminister Krecké gefordert. Es genügt eben nicht, immer nur den Index und das Lohngefüge als das Problem darzustellen, sondern auch andere Faktoren, die die Leistungsfähigkeit vor allem unserer Industrie beeinflussen, müssen analysiert werden. Und hierzu gehört der Energiepreis! Und hier ist die Politik gefordert, jene Rahmenbedingungen zu setzen, die es Luxemburg ermöglichen auch weiterhin ein Industrieland zu bleiben.

Marc SPAUTZ
LCGB-Generalsekretär

Quelle: Soziale Fortschrëtt, März 2006