Kooperationsminister Jean-Louis Schiltz: Die Entwicklungszusammenarbeit bleibt eine der Prioritäten der Regierungspolitik”
Luxemburg hält an seinem Engagement in der Kooperationshilfe fest: “Die Entwicklungszusammenarbeit bleibt eine der Prioritäten der Regierungspolitik”, stellte Jean-Louis Schiltz in seiner entwicklungspolitischen Erklärung fest. Der Ressortminister unterstrich, dass CSV und LSAP gewillt seien, das derzeit hohe Niveau beizubehalten – so wie es auch das Koalitionsabkommen vorsieht. “Die Kooperationshilfe ist ein wichtiger Pfeiler unserer Außenpolitik, der uns viel Glaubwürdigkeit auf internationaler Ebene sichert”.
Trotzdem bewege man sich in der Entwicklungszusammenarbeit nicht im luftleeren Raum und müsse das wirtschaftliche Umfeld hier zu Lande berücksichtigen, gab der Minister zu verstehen, dass die Zuwendungen in Zukunft maßvoll wachsen würden.
Zur Erinnerung: Luxemburg gehört seit einigen Jahren schon dem exklusiven Kreis von fünf Ländern (neben dem Großherzogtum sind dies noch die EU-Partner Dänemark, Niederlande und Schweden sowie Norwegen) an, die die Vorgabe der Vereinten Nationen erfüllen, mindestens 0,7 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung in der Dritten Welt zu investieren. Im vorigen Jahr lag die Quote bei 0,86 Prozent, 2006 stehen 0,89 Prozent oder 230 Millionen Euro zur Verfügung.
Ermutigende Ergebnisse
In der Hauptsache kommen diese Gelder den zehn Zielländern in Mittelamerika – El Salvador, Nicaragua -, Südostasien – Laos, Vietnam – und Westafrika – Burkina Faso, Kap Verde, Mali, Namibia, Niger, Senegal – zugute. Besonders belobigend hob Minister Schiltz die Fortschritte in El Salvador, auf Kap Verde und im Vietnam hervor – “die nicht zuletzt auch wegen der tatkräftigen Unterstützung aus Luxemburg möglich waren”.
Während für das Regime in Hanoi die Aussichten viel versprechend seien, in den nächsten fünf Jahren das Stadium der absoluten Armut zu überwinden – im letztjährigen UN-Bericht über die menschliche Entwicklung figuriert das Land auf Rang 108 -, habe El Salvador einen Punkt erreicht, wo beide Seiten nunmehr eine neue Etappe der Zusammenarbeit in Angriff nehmen würden. “In den nächsten Jahren wollen wir das Erreichte konsolidieren, weshalb wir uns auch über ein programme de consolidation verständigen”, erklärte Jean-Louis Schiltz diesen neuen Ansatz in der luxemburgischen Kooperationshilfe.
Auf Augenhöhe
Ansonsten wird Luxemburg an dem mittlerweile bewährten Instrument des programme indicatif de coopération festhalten. Es spiegele die partnerschaftliche Vorgehensweise wider, wo sich Geberstaat und Empfängerland auf Augenhöhe begegnen würden, so Schiltz. Demzufolge sei es auch angemessener, von Entwicklungszusammenarbeit zu sprechen und nicht von Entwicklungshilfe.
Was nun die Schwerpunkte dieser Entwicklungszusammenarbeit made in Luxembourg anbelangt, gilt das Hauptaugenmerk weiterhin der Armutsbekämpfung – schließlich habe sich die internationale Staatengemeinschaft zum Ziel gesetzt, die Armut bis 2015 um 50 Prozent zu senken, erinnerte der Kooperationsminister an die Millennium-Zielsetzungen. Um diese Armut in effizienter Art zu bekämpfen, will man sich im Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe auf drei Gebieten verstärkt engagieren: die berufliche Ausbildung und Eingliederung – “um der Perspektivlosigkeit insbesondere bei Jugendlichen entgegenzuwirken” -, das systematischere Zurückgreifen auf den Mechanismus der Mikrokredite – “eine minimale Starthilfe hin zur finanziellen Unabhängigkeit” -, die Förderung der Demokratie und der guten Staatsführung, wo in Nicaragua erste ermutigende Erfolge erreicht worden seien.
Jean-Louis Schiltz nutzte seinen gestrigen Auftritt im Kammerplenum aber auch, um auf den letztjährigen Ratsvorsitz der Europäischen Union und die entwicklungspolitischen Ergebnisse zurückzublicken. So konnten sich die EU-Staaten unter luxemburgischer Regie darauf verständigen, ihren Kooperationsanteil bis 2015 auf 0,7 Prozent anzuheben, mit als Zwischenziel 0,56 Prozent am Ende dieses Jahrzehnts.
Auch die gemeinsame Initiative von Großbritannien, dem Großherzogtum und Schweden, bei den Vereinten Nationen einen Fonds für Nothilfe einzurichten und ausreichend zu speisen, hat mittlerweile ihre Früchte getragen: Vorige Woche wurde dieser Fonds mit einem Kapital von 500 Millionen Dollar in New York offiziell ins Leben gerufen. Luxemburg steuert vier Millionen Dollar bei.
Rasche Nothilfe
Alles in allem werden zehn Prozent der hiesigen Kooperationsgelder für humanitäre Hilfe aufgebracht. Bedenklich sei indes die Unausgewogenheit, mit der die Staatengemeinschaft auf große Krisen reagiere, bedauerte Minister Schiltz, dass die Nothilfe bisweilen einer Lotterie gleiche. “Dieser Umstand verträgt sich nicht mit dem Leid, das der einzelne ertragen muss”. Immerhin konnten via den neu geschaffenen Fonds nun erste Summen bereit gestellt werden, um gegen die Hungersnot, die am Horn von Afrika rund elf Millionen Menschen bedroht, anzugehen.
Apropos Nothilfe. Jean-Louis Schiltz stellte gestern klar, dass humanitäre und militärische Hilfe zwei Teile eines Puzzle seien, die letztlich ein Ganzes ergeben würden. “In gewissen Situation geht es nicht ohne das Militär”, gab Schiltz zu bedenken. “Da darf es keine Berührungsängste geben”.
Kritisch steht der Ressortminister einer direkten Budgethilfe zu Gunsten der Empfängerstaaten gegenüber. Befürworter wollen damit mehr Eigenständigkeit und Verantwortungsgefühl herbeiführen. Mit dieser generellen Herangehensweise könne man die Nöte der Bedürftigen nur sehr schlecht wahrnehmen, plädierte der Minister für das länderspezifische Herangehen Luxemburgs.
Quelle: Wort, 16. März 2006, Journalist Marc Schlammes
Der integrale Text der entwicklungspolitischen Regierungserklärung