Eine moderne Trambahn für die Hauptstadt?

Georges Bach: “Nach vielem Hin und Her hat es also Transportminister Lux fertig gebracht im Dossier Verkehrskonzept für die Hauptstadt neuen Schwung in die Diskussion zu bringen. Ob dieses zukunftsträchtige Projekt nunmehr eine Chance zur Verwirklichung hat?…”
GBach.jpgEine Arbeitsgruppe bestehend aus Experten von Staat, Stadt Luxemburg und CFL unter Anleitung eines privaten Studienbüros analysierte bekanntlich seit einigen Monaten acht verschiedene, im Laufe der Jahre zur Diskussion stehenden Verkehrskonzepte für die Stadt Luxemburg. Diese Beratungen sind inzwischen abgeschlossen und das Resultat wurde am heutigen Montag dem 6. März von Transportminister Lucien Lux, zusammen mit dem Bürgermeister der Stadt Luxemburg Paul Helminger der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Erneut an dieser Stelle die vergangenen 15 Jahre Revue passieren zu lassen erscheint mir müßig, alle Vorgaben sind hinlänglich bekannt. Kaum ein Thema hat die Gemüter seit Anfang der 90ziger Jahre regelmäßig so stark erregt wie der Verkehr in der Hauptstadt und in den Einzugsgebieten. Unendlich viele Studien, Stellungnahmen und Meinungen gab es von seriösen, weniger seriösen, zum Teil selbsternannten Experten zu BTB, Luxtraffic, Hacon, B&B, Trambahn, Train-Tram, Metro, klassischem Zugmaterial, usw. Sogar eine Seilbahn wurde ins Gespräch gebracht und sollte die Verkehrsprobleme lösen.

Eine Wende hat die Diskussion kürzlich genommen als die CFL die Entscheidung traf das Sicherheitssystem ETCS (European Train Control System) global einzuführen. Ohne diese technische Einrichtung sei es nicht möglich, so die Experten der CFL, landesweit im Mischverkehr d.h. leichter Train-Tram mit klassischem, schwerem Zugmaterial auf dem gleichen Netz in voller Sicherheit verkehren zu lassen. Damit war die Idee vom Bahnhybrid, auf das seit Jahren gesetzt wurde, auf mindestens 2017 verschoben.

Im aktuell vorgestellten Projekt werden die Pendlerströme in drei, sogenannten Peripherie-Bahnhöfen auf großen Parkplätzen aufgefangen und zwar in Cessingen, Howald und Kirchberg, wie bereits im “mobilitéit.lu”- Konzept vorgesehen. Eine direkte Schienenverbindung mit klassischen Zugmaterial wird es nach Kirchberg bis zur LuxExpo geben, mit dem seit langem geforderten Halt am Flughafen. Zu diesem Zweck wird eine neue Brücke auf Pulvermühle angelegt und die Strecke bis kurz hinter Cents zweigleisig ausgebaut.

Ab den Ausstellungshallen soll dann in einem rein städtischen Tramsystem die Trasse bis zum Hauptbahnhof zurückgelegt werden. Zur Auswahl stehen hier zwei Strecken, einerseits über die Place de l´Europe, Rote Brücke, Boulevard Royal, Centre Hamilius, Adolphe Brücke, Hauptbahnhof bis eventuell zum Bann de Gasperich, andererseits als noch zu prüfende Alternative ab Rote Brücke am Glacis entlang über die Place de l Étoile Richtung Escher Strasse bis zur Porte de Hollerich.

Das vorliegende Projekt beruht auf einer Anzahl von Hochrechnungen, wobei sowohl der zukünftigen Einwohner- als auch die Arbeitsplatzentwicklung Rechnung getragen wurde. Allein diese Fülle an Zahlen gilt es in den kommenden Wochen zu analysieren. Dieses Projekt kann u.E nämlich nicht isoliert betrachtet werden sondern muss im Rahmen der Gesamtentwicklung des Landes betrachtet werden.

Nach vielem Hin und Her hat es also Transportminister Lux fertig gebracht im Dossier Verkehrskonzept für die Hauptstadt neuen Schwung in die Diskussion zu bringen. Ob dieses zukunftsträchtige Projekt nunmehr eine Chance zur Verwirklichung hat?

In den kommenden Tagen wird von offizieller Seite eine großangelegte Informationskampagne durchgeführt. Noch stellen sich für uns als SYPROLUX viele Fragen, u.a. wie sich dieses Projekt in das Integrative Verkehrs- und Landesentwicklungskonzept einreihen lässt? Ist dieses Konzept überhaupt kompatibel mit dem IVL? Wie wird der Zusammenhang mit den Peripherie-Bahnhöfen funktionieren? Gibt es eine Akzeptanz zum Umsteigen beim Kunden? Wie sieht die Finanzierung aus? Aufgrund kränkelnder Staatsfinanzen, welche möglichen Auswirkungen hat dieses Projekt auf die bereits geplanten Schieneninfrastrukturen? Wer wird Betreiber von diesem rein städtischem Tramsystem? Muss nicht ebenfalls das bestehende Bussystem überdacht werden, sowohl RGTR als auch AVL? Wie sieht die weitere Vorgehensweise aus? Wann wird mit ersten Entscheidungen zu rechnen sein usw?

Zum aktuellen Zeitpunkt erscheint es uns kaum möglich Position zu beziehen. Sowieso erscheint es uns das Vernünftigste zu sein, dass in den kommenden Wochen erst einmal alle betroffenen Kreise genauestens Kenntnis nehmen vom Dossier und anschließend sachliche und faire Diskussionen führen. Rein ideologische Aspekte, Parteipolitische Überlegungen sowie Partikularinteressen sollen dabei außen vor bleiben, diese führen lediglich zu einer starken Polarisierung und damit zu einem erneuten Scheitern. Dieses können wir uns nicht leisten, 15 verlorene Jahre sind genug.

Leitartikel Transport N° 5