Kommunikationsminister Jean-Louis Schiltz im Télécran-Interview zur Rolle der Politik bei der Einführung des digitalen Fernsehens
Télécran: Herr Minister, die EU-Kommission drängt auf die Einführung von DVB-T vor 2012. Deutschland will bis zum Jahr 2010 so weit sein. Wie sieht der Zeitplan bei uns aus?
Jean-Louis Schiltz: Ich denke, wir können vor Ablauf dieses Jahres soweit sein, dass wir den endgültigen Wechsel von der analogen zur digitalen Fernsehübertragung in Luxemburg schaffen. Es geht ja um die terrestrische Ausstrahlung von luxemburgischen Programmen. DVB-T, wie “Terrestrisch”, will heißen frequenzgebunden, also nicht Kabelverbreitung. Wir haben mit RTL gesprochen, das auf digitales Fernsehen umsatteln will.
Mit DVB-T kann man ja mehrere Programme auf einer Frequenz verbreiten. Es werden demnach Sendefrequenzen frei, so dass die anderen luxemburgischen Sender wie T.TV, .dok, Uelzechtkanal oder Nordliicht und Chamber-TV hier Platz finden können, wenn sie das wollen. Ob sie es tun, ist eine wirtschaftliche Entscheidung der Programmveranstalter, in die sich der Minister nicht einzumischen hat. Wir werden jedoch darauf achten, dass das Prinzip der Gleichbehandlung zur Anwendung kommt.
Teéécran: Wird es eine sanfte Umstellung von analogem auf digitalen Empfang geben?
Jean-Louis Schiltz: Wir müssen sicherstellen, dass niemand von heute auf morgen vor einer dunklen Mattscheibe sitzt. Es muss eine Informationskampagne gestartet werden, um zu erklären, wie die neue Technik funktioniert und welche Ausrüstung man benötigt. Wenn wir dann noch mit den Kabelgesellschaften ein Einvernehmen erzielen, damit die Programme auch auf digitalem Weg in die Kabelnetze eingespeist werden, dann kann man damit rechnen, dass wir bis Ende 2006 den Übergang vom analogen zum digitalen Fernsehen schaffen werden.
Télécran: Gibt es Gespräche mit den Kabelgesellschaften?
Jean-Louis Schiltz: Nach meinen Informationen ist RTL in Gesprächen mit den Kabel-gesellschaften und den Programmanbietern.
Télécran: Bis Ende 2006 wird also umgestellt. Bedeutet das, dass die Fernsehzuschauer sich entweder ein neues TV-Gerät oder eine Set-Top-Box anschaffen müssen?
Jean-Louis Schiltz: Nein, nein. Kabelkunden brauchen einen kleinen Zusatz-Decoder, der um die 100 Euro kostet. Wer die digitalen Programme mit einer Antenne empfangen will, der muss ebenfalls diesen Decoder erwerben. Außer bei ganz neuen TV-Geräten werden die TV-Zuschauer Mini-Decoder brauchen. Es ist zudem während sechs Monaten eine parallele terrestrische Ausstrahlung von analogen und digitalen Signalen vorgesehen. Kabelgesellschaften haben natürlich auch die Möglichkeit, Programme, die sie digital empfangen, umzuwandeln und weiterhin auch analog einzuspeisen. Sie können dann eine längere Übergangsfrist vorsehen, ehe sie das analoge Signal abschalten. Der Zuschauer darf dann während dieser Frist selbst entscheiden, wann er auf das digitale Signal umsteigen will.
Télécran: Warum wird die Einführung des digitalen Fernsehens gerade jetzt durchgeführt?
Jean-Louis Schiltz: Digitales Fernsehen bedeutet für den Zuschauer vor allem eine bessere Bildqualität. Zum anderen ist es eine Etappe in Richtung hochauflösendes Fernsehen, das heute Stand der Technik ist. Ich finde es nur normal, dass unser Land, das einmal Pionier war beim privaten Fernsehen, auch zu den ersten gehört, das diese neue Technologie mit einer höheren Bildqualität einführt. In Frankreich ist die “Television numerique terrestre” bereits teilweise eingeführt worden, auf der Funkausstellung in Berlin habe ich gesehen, dass HDTV auf dem Vormarsch ist. Diese Entwicklung macht nicht vor Luxemburg Halt, wir wollen sie nicht nur begleiten, sondern als Vorreiter fördern.
Télécran: Auch die Programme unserer Nachbarländer werden über kurz oder lang nur noch digital gesendet. Werden die Luxemburger Zuschauer ARD, ZDF und TFI auch in Zukunft noch sehen können?
Jean-Louis Schiltz: Dies ist eine Frage der Senderechte, ein altbekanntes Problem. Wir können nur versuchen, darauf aufmerksam zu machen, dass Luxemburg nicht vergessen wird, wenn TV-Rechte eingekauft werden. Durch die digitale Technik werden genauere Begrenzungen bei der Ausstrahlung von TV-Programmen möglich. Also können auch die Autoren- und Ausstrahlungsrechte präziser gefasst werden. Deshalb ist dies ein Thema, das ganz oben auf unserer Aufgabenliste steht und das wir aktiv in Verhandlungen angehen müssen. Auch die ausländischen Sender haben ja ein Interesse daran, in unsere Netze eingespeist zu werden, weil es ihre Reichweite vergrößert.
Quelle Télécran, 22. Februar 2006, Journalist Roland Arens