Aus dem Ministerrat vom 3. Februar 2006
Premier Jean-Claude Juncker und die Regierung bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung. Der Versuch des niederländischen Mittal-Konzerns, Arcelor zu übernehmen, soll mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden. Mittal habe kein schlüssiges industrielles Konzept vorlegen können. Die Vorstellung, dass zehn Prozent der wellweiten Stahlproduktion sich in den Händen eines einzigen Mannes oder einer einzigen Familie befinden, bereiten dem Premier Schwierigkeiten.
Juncker will nicht missverstanden werden. Die Tatsache, dass Lakshmi Mittal indischer Abstammung ist, “tue nichts zur Sache” und habe die Beurteilung seines Kaufangebots nicht im geringsten beeinflusst. Frankreich, Spanien und das Großherzogtum seien sich in der Bewertung der Mittal-Vorschläge einig. Die belgische Regierung wolle direkte Gespräche mit dem Mittal-Chef abwarten. Juncker glaubt jedoch die Einschätzung der Belgier zu kennen, “sie kommen zu den gleichen Schlussfolgerungen wie wir”. Der Premier warnt vor Selbstüberschätzung. Ein noch so starkes Engagement der Politik könne die OPA-Operation nicht unbedingt verhindern. Der Einfluss der Regierung sei kleiner als die Menschen annähmen. Aber andererseits sei der Handlungsspielraum des Landes als Arcelor-Aktionär größer als die Finanzmärkte meinten. Nur in seiner Eigenschaft als Aktionär könne sich der Luxemburger Staat überhaupt noch in dieser Frage Gehör verschaffen. Ohne Erfolgsgarantie, so der Premier. Die Regierung sei jedenfalls lediglich dem europäischen und nationalen Interesse verpflichtet. Beide sind deckungsgleich, versteht sich. Und eine Doppelstrategie will man nicht verfolgen. Die Regierung hat nicht die Absicht, mit dem Mittal-Konzern zu verhandeln, um sein Angebot den Luxemburger Vorstellungen anzunähern. Man will sich auf die Abwehr der OPA konzentrieren. Den Druck erhöhen, um im Interesse des Landes die “Struktur Arcelor zu behalten, die wir haben”.
Zwischenstopps aufklären
Die Regierung wundert sich über Zwischenstopps der Chartergesellschaft auf Findel, die in der Vergangenheit mit der CIA zusammengearbeitet haben soll. Der genaue Ablauf der Landungen werde zurückverfolgt. Man habe keine Kenntnis von Gefangenentransporten über Luxemburg. Diese wären in keinster Weise hinzunehmen, so Juncker. Das Außenministerium sei in Kontakt mit der amerikanischen Botschaft, um die Sachlage zu klären.
Juncker stärkte Justizminister Luc Frieden den Rücken. Die traurigen und bedauerlichen Vorfälle in Sehrassig seien dem Minister nicht anzulasten. Frieden als Sündenbock hinzustellen, sei einfach lächerlich. Der Minister sei über den Todesfall sehr betroffen gewesen. Die Regierung arbeite intensiv an Alternativlösungen, um die Situation in der Strafanstalt zu entschärfen.
Quelle: d’Wort, 4. Febraur 2006