Je kleiner, desto feiner

Den CSV-Fraktiounssekretär Frank Engel “zu Gast im Land” (27/01/2006)
Die Universität Luxemburg nimmt Gestalt an. Zumindest geografisch, nachdem die Regierung beschlossen hat, sie hauptsächlich in Esch-Belval anzusiedeln. Diese Entscheidung wird zwar noch verschiedentlich mit Murren aufgenommen, aber immerhin ist sie gefallen – damit sollte es nun möglich werden, die Standortdebatte abzuschließen und sich der viel wesentlicheren Frage zu widmen, was denn nun die akademische Ausrichtung der Universität Luxemburg sein soll.

Noch immer träumen einige von einer “demokratischen” Massenuni im Großherzogtum. Dieser Traum darf nicht in Erfüllung gehen. Tausende Studenten an der einundfünfzigsten Normaluni der Großregion werden nicht dazu beitragen, dass der Name unseres Landes auf der akademischen Karte Europas auftaucht. Das Gegenteil ist der Fall. Wieso sollte es Luxemburg etwas bringen, neben Trier, Metz, Nancy, Lüttich, Köln, Bonn, Kaiserslautern, Namur, Saarbrücken usw. eine weitere allumfassende Generaluniversität zu unterhalten?

Wer von Tausenden Grundstudenten träumt, verkennt gleich zwei fundamentale Wirklichkeiten: erstens, dass wir ganz einfach nicht vordringlich eine Uni für Luxemburger brauchen, diese dem Land und seiner intellektuellen Atmosphäre auch nichts bringen würde, und zweitens, dass für ein Grundstudium – in der Logik des Bologna-Prozesses also für die ersten drei Studienjahre – kein Mensch aus der Großregion nach Esch kommen wird. Außer uns Luxemburgern gibt es nämlich in ganz Festlandeuropa keinen Menschenschlag, dessen Studierende sich gleich nach dem Sekundarschulabschluss nach dem Ausland sehnen. Dorthin geht man, um “postgraduate studies” zu absolvieren – also für genau jenen Studienabschnitt, auf den sich die Uni Luxemburg konzentrieren sollte.

Unsere Uni wird nur dann ein Erfolg, wenn wir es in einigen wenigen Themenbereichen zu qualitativ höchstwertigen, arbeitsmarktrelevanten und spezialisierten Studiengängen bringen. Der Grundstein hierfür ist mit der Luxembourg School of Finance und einigen Master-Ausbildungen, zum Beispiel in europäischem Prozessrecht und in Planungsgeografie, bereits gelegt. Und genau auf dieses Fundament muss die Uni aufgebaut werden. Das wird keine Tausende Studenten ins Land bringen, sondern nur Hunderte, ebenso wie jene Forscher und Professoren, die einen entscheidenden Beitrag zur akademischen Relevanz und zur intellektuellen Spannkraft unseres Landes erbringen können.

Das Ziel ist mit dem geltenden Hochschulgesetz eigentlich klar abgestochen: wir wollen für Luxemburg eine Universität, die an Exzellenz, Mehrsprachigkeit und Internationalität ausgerichtet ist. Eine kleine, aber feine Uni, die in Zusammenarbeit mit hervorragenden ausländischen Hochschulen genau jene Strahlkraft entwickeln kann, den Luxemburg zur europäischen Anerkennung seiner akademischen Leistung braucht. Alles andere führt zur universitären Beliebigkeit und Gewöhnlichkeit. Einmal ganz davon abgesehen, dass Normalität keine Leistung ist, wäre sie hochschulpolitisch auch noch nicht finanzierbar.

Frank Engel
d’Lëtzebuerger Land, 27. Januar 2006