“Die Abschaffung des Index kommt deshalb für die CSV und ihre Parlamentsfraktion nicht in Frage.” CSV-Fraktionspräsident Michel Wolter im Sozialen Fortschritt
Die Haushaltsvorlage für 2006 bestätigt, was Staatsminister Jean-Claude Juncker vor einem Monat im Parlament angekündigt hat: der finanzielle Spielraum im Staatsbudget wird enger, Luxemburg braucht Reformen, um seine allgemeine Finanzlage abzusichern und politischen Spielraum für die Zukunft zu erhalten. Die Effizienz des Staates und seiner Verwaltungen wird genauso zu überprüfen sein wie die finanzielle Ausstattung und die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme. All dies soll, nach dem Dafürhalten des Staatsministers, im Dialog mit den Sozialpartnern und der Abgeordnetenkammer vorbereitet und durchgeführt werden – eine Einschätzung, die von der CSV-Fraktion geteilt wird.
Index hat wirtschaftliche und sozialpolitische Funktionen
Ein besonders hartnäckiges Element der Reformdiskussion taucht seit Jahren immer dann auf, wenn einfache Antworten auf komplizierte Fragen gesucht werden. Dieses Element ist die Abschaffung der automatischen Indexierung von Löhnen und Gehältern. Auch diesmal hat das Patronat den Index wieder auf dem Korn. Tatsächlich wird er von diesem für so ziemlich alles verantwortlich gemacht, was wirtschaftlich in Luxemburg schief oder aus dem Ruder laufen kann. Preiserhöhungen, also Inflation; unangebrachter Druck auf den mittelständischen Arbeitsmarkt; allmähliches Entstehen eines investitionsfeindlichen Klimas hierzulande: all dies wird in regelmäßigen Abständen dem Index angekreidet. Seine Abschaffung wäre fast ein Wundermittel gegen wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Fehlentwicklungen.
So einfach, wie die Indexgegner die Sache darstellen, ist sie freilich nicht. Denn die automatische Lohnindexierung ist in Wirklichkeit ein Instrument, das wohl wirtschaftliche, aber auch sozialpolitische Funktionen erfüllt – Funktionen, die auch weiterhin erfüllt werden müssen. Die Abschaffung des Index kommt deshalb für die CSV und ihre Parlamentsfraktion nicht in Frage.
All jene Menschen, die im luxemburgischen Privatsektor außerhalb von Kollektivverträgen arbeiten, haben nur den Index, wenn es darum geht, ihre Löhne inflationsbereinigt beziehen zu können. Tausende von Beschäftigten brauchen den Index, um ihre Kaufkraft erhalten und ihre Lebensorganisation fortführen zu können: hier geht es nicht um Luxus, sondern um die Fähigkeit, sich und seiner Familie das zu leisten, worauf ein arbeitender Mensch in einer modernen Gesellschaft einen grundsätzlichen Anspruch hat. Wir wissen alle, wie schwer es ist, mit einem Mindestlohn auszukommen. Diesen Mindestlohn der Inflation nicht anzupassen, käme einer fundamentalen Verschlechterung der Lebensumstände von Zehntausenden Niedriglohnbeziehern gleich. Und nicht nur das: die vom Index bewirkte Lohnsteigerung bei niedrigen Löhnen schlägt sich fast ausschließlich im Konsum nieder. In einem Konsum, den unser Land dringend braucht, denn wir müssen unsere Binnennachfrage hoch halten, wenn die Wirtschaft nicht mehr ins Stottern kommen soll.
Natürlich ist nicht jeder in Luxemburg auf die Indexierung seines Lohns angewiesen. Deswegen müssen wir uns Gedanken über die praktische Wirkung der Indextranchen machen, und dafür sorgen, dass der Index vor allem jenen dient, die ihn nötig haben. Diskutieren kann man auch darüber, ob dieses oder jenes Produkt (gemeint sind Alkohol und Tabak) aufgrund vom Staat gewollter Preisgestaltung vollumfänglich in den Warenkorb gehört.
Tatsache ist jedoch, dass die allermeisten privat beschäftigten Menschen in Luxemburg den automatischen Index nötig haben. Er wird weiterhin gebraucht. Und deswegen wird er nicht abgeschafft. Punkt.
Quelle: Soziale Fortschrëtt 7 / 2005