Auf der Suche nach Bauland und Personal

Justizminister Luc Frieden verkündet Bau eines neuen Gefängnisses
Nun ist es amtlich: Luxemburg bekommt ein zweites Gefängnis. Wie Justizminister Luc Frieden in einem gestern gesendeten Interview mit Radio RTL sagte, werde die neue Anstalt hauptsächlich Untersuchungshäftlinge unterbringen. Wir haben beim Minister, der zurzeit auf Dienstreise in Moskau ist, nachgefragt.

D’Wort: Herr Minister, warum wurde die Entscheidung für ein neues Gefängnis gerade jetzt publik gemacht?

Luc Frieden: Wir befassen uns seit längerem mit der Frage, wie wir auf die steigende Zahl von Häftlingen in Schrassig reagieren sollen. Bis 2000 hatten wir im Schnitt etwa 350 Inhaftierte, doch jetzt liegt diese Zahl bei über 600. Um dieses Problem besser in den Griff zu kriegen, habe ich ein ganzes Maßnahmenpaket vorgeschlagen …

D’Wort:… wozu auch der Bau eines neuen Gefängnisses gehört?

Luc Frieden: Das ist eine der anvisierten Maßnahmen: ein zweites Gefängnis, das höchstwahrscheinlich Untersuchungshäftlingen vorenthalten bleibt. An dieser Lösung arbeiten wir seit längerem, ich befasse mich quasi täglich damit.

D’Wort: Weitere Maßnahmen?

Luc Frieden: Beschlossen wurde auch die Einführung des “Bracelet électronique”. Zurzeit läuft die Ausschreibung, um die Fußfesseln zu kaufen. Ich betone aber, dass die nur in ganz bestimmten Fällen eingesetzt werden können. Mehr als 20 oder 30 Personen dürfte dieser Personenkreis kaum umfassen, schließlich darf es nicht zu einer Gefahr für die Allgemeinheit kommen. Weiter zählt dazu eine geschlossene Struktur für Minderjährige, die bekanntlich nach Dreiborn kommen soll. Hierfür ist das Familienministerium zuständig und das wartet meines Wissens noch auf eine definitive Genehmigung der Gemeinde Wormeldingen. Und drittens ein “Centre de rétention” am Flughafen für illegale Einwanderer, das in den Kompetenzbereich des Außenministeriums fällt. Auch hier läuft das Genehmigungsverfahren.

D’Wort: All dies …

Luc Frieden: … wegen der rasant wachsenden Zahl der Häftlinge. Deshalb sind die Maßnahmen auch als Ganzes zu sehen. Natürlich kann das Gebäude in Schrassig 600 Leute aufnehmen. Da es sich dabei aber um verschiedene Arten von Gefangenen handelt, sind die Arbeitsbedingungen extrem schwierig. Deshalb die Idee, einzelne Personengruppen an anderen Orten unterzubringen.

D’Wort: Wie groß wird der neue Knast?

Luc Frieden: Er soll 400 Personen aufnehmen können. Das ist unserer Meinung nach eine Anzahl, die noch gut zu betreuen ist. Außerdem liegt die Zahl der Untersuchungshäftlinge zurzeit bei etwa 300.

D’Wort: Und wann ist Baubeginn?


Luc Frieden:
In zwei bis drei Jahren. Die politische Entscheidung hat die Regierung im Oktober getroffen. Jetzt müssen ein Bauplatz gesucht, Pläne erstellt und Genehmigungen erteilt werden. Das nimmt einige Zeit in Anspruch, aber der Zeitrahmen muss überschaubar bleiben.

D’Wort: Die Standortfrage dürfte alles andere als unproblematisch sein. Wo wollen Sie das neue Gefängnis errichten? In der Nähe von Schrassig, beim Findel, in der Hauptstadt oder an der Grenze?

Luc Frieden: Eine Entscheidung steht noch aus. Ich persönlich habe keine Präferenzen. Nur wegen der Nähe zu den Justizbehörden sollte es nicht zu weit von der Hauptstadt entfernt sein. Einen Umkreis von 50 Kilometer halte ich aber für möglich, vorausgesetzt, die Straßen ermöglichen eine rasche Anfahrt.

D’Wort: Knatsch im Knast war in der Vergangenheit eine regelmäßige Schlagzeile in Luxemburg. Das Betriebsklima in Schrassig war alles andere als gut. Immer wieder haben sich Häftlinge wie Vollzugsbeamte beschwert. Forderten die “Giichtercher” einen Neubau?

Luc Frieden: Ein zweites Gefängnis steht schon seit langem im Raum und ich denke, dass das auch der richtige Weg ist. Natürlich wird das die Probleme nicht lösen, aber es wird helfen, sie besser zu handhaben. Und es wird die Arbeitsbedingungen verbessern.

D’Wort: Werden durch ein neues Gefängnis nicht die vielen hohen Investitionen in das bestehende Gebäude desavouiert?

Luc Frieden: Keineswegs! Und jetzt eröffnen wir auch noch einen neuen Block, der renoviert wurde. Das ist die Konsequenz der Politik, für die wir uns entschieden haben: Wir greifen streng durch.

D’Wort: Haben Sie überhaupt genug Personal, um ein zweites Gefängnis zu betreiben?

Luc Frieden: Der Personalausbau geht weiter, je nach Anzahl der Gefangenen. Bis jetzt gab es immer ausreichend Justizvollzugsbeamte und die wurden entweder zivil rekrutiert oder via Herrenberg, was der bevorzugte Weg ist.

D’Wort: Wie sehr belastet so ein Gefängnisbau den Staatshaushalt?

Luc Frieden: Das ist ein dickes Problem. Daher gehört er auf die Prioritätenliste für die Budgets 2008 bis 2010.

Interview: Luc Marteling
D’Wort, 4. November 2005