Die CSV-Fraktion begrüßt die Prioritätensetzung der Regierung: Vollbeschäftigung, wirtschaftliche Weiterentwicklung, territoriale Neuordnung und eine vorsichtige Finanzpolitik seien die Herausforderung der kommenden Monate
Die christlich-sozialen Abgeordneten sind mit dem ersten Jahr der CSV/LSAP-Koalition zufrieden, auch wenn europäische Themen die Agenda bestimmten. “Die Ratspräsidentschaft war ein voller Erfolg für unser Land“, bilanzierte Michel Wolter. Auch das EU-Verfassungsreferendum habe die Politik natürlich in Atem gehalten. Bei den Kommunalwahlen habe sich bestätigt, dass die CSV die einzige flächendeckende Volkspartei des Landes sei. In allen vier Wahlbezirken habe man zwischen 30 und 40 Prozent der Mandate erringen können.
Premier Jean-Claude Juncker habe in seiner Regierungserklärung ein ganz realistisches Bild Luxemburgs gezeichnet, finden die CSV-Abgeordneten. Der Budgetentwurf von Luc Frieden spiegele diese Analyse wieder. Beide können sich der Unterstützung ihrer Fraktion auf Krautmarkt sicher sein. “Wir begrüßen die Methode des Premiers“, so Wolter. Es sei richtig, die Aufgaben und Herausforderungen zu benennen und in einer zweiten Phase, den Dialog mit den Sozialpartnern anzukurbeln. Der Fraktionschef entdeckte in den Ausführungen des Premiers eine “neue Nuance“. Nicht nur in der Tripartite solle diskutiert werden, sondern die Regierung setze verstärkt auf den Dialog und die Entscheidungsfindung im Parlament.
Die christlich-soziale Fraktion ist offen gegenüber den Denkanstößen des Regierungschefs und ist mit der Priortätensetzung einverstanden.
In erster Linie komme es darauf an, weiter Arbeitsplätze zu schaffen und am Ziel der Vollbeschäftigung festzuhalten. Das soziale Netz müsse erhalten bleiben. “Einen sozialen Kahlschlag wird es mit uns nicht geben.”
Um dies zu ermöglichen, wolle man die wirtschaftliche Weiterentwicklung vorantreiben. Nicht zuletzt, um dem Staat neue Steuereinnahmen zu sichern und so das budgetäre Ungleichgewicht zwischen moderat steigenden Einnahmen und stark wachsenden Ausgaben mittelfristig zu beheben. Die CSV will die Debatte um die territoriale Neuordnung des Landes beschleunigen. Allerdings warte man immer noch auf den schriftlichen Beitrag der Sozialisten, bemängelte Wolter. Kritik an den Vorschlägen des Innenministers seien fehl am Platz. Schließlich handele es sich beim Halsdorf-Papier um eine Diskussionsgrundlage.
“Hätte der Minister keine Vorschläge unterbreitet, würde man ihm vorwerfen, keine Ideen zu haben“, nahm Wolter seinen Amtsnachfolger in Schutz. Der Fraktionschef wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass die finanzielle Situation des Staates die Politik förmlich dazu zwinge, Prioritäten zu setzen. In Bezug auf die Tram-Bahn durch die Hauptstadt meinte er, dieses Projekt sei im Rahmen des IVL nicht als prioritär angesehen worden. Andere Zugverbindungen müssten Vorrang genießen, wenn man die landesplanerischen Vorentscheidungen respektieren wolle. “Wenn wir unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden wollen, müssen wir die Weichen neu stellen.” Die CSV spüre kein ausgeprägtes Verlangen der Bürger nach einer zeitlichen Trennung von Landes- und Europawahlen. Die Wähler wollten vielmehr die Gewissheit haben, dass die Kandidaten zur Europawahl auch gewillt sind, ein gewonnenes Mandat anzutreten. Doppelkandidaturen sollen durch freiwilligen Verzicht verhindert werden. Um dies zu gewährleisten, reiche eine Ehrenerklärung der potenziellen Europaabgeordneten völlig aus.
Von Laurent Zeimet
Quelle: d’Wort 25. Oktober 2005