Ein richtungsweisendes Modell

Georges Bach: Die Liberalisierung der Eisenbahnen schreitet trotz anderslautenden Beteuerungen aus politischen Kreisen zügig voran
GBach.jpgDie Liberalisierung der Eisenbahnen schreitet trotz anders lautenden Beteuerungen aus politischen Kreisen zügig voran. Mit der Inkraftsetzung der EU – Direktive 91/440 am 29 Juli 1999 wurde bekanntlich erstmals der Gedanke des Wettbewerbs im Schienengüterverkehr unter den Eisenbahnen eingeführt. Die Weiterentwicklung dieser Überlegungen (EU-Direktive 2004/51) führt dazu, dass der Fret, international am 1.Januar 2006 sowie im nationalen Bereich zum Jahresanfang 2007 liberalisiert sein wird. Die Auffassung der EU-Kommission durch diesen verstärkten Wettbewerb Marktanteile am Güterverkehr zurückzuerobern und somit den Güterverkehr vor seinem schleichenden Untergang zu bewahren, können wir nicht teilen.

Als SYPROLUX sind wir der Meinung und die aktuelle Praxis beweist es, dass durch die aktuellen, zum Teil chaotischen Umstrukturierungen, nicht nur die Qualität, sondern ebenfalls die Sicherheit und die Sozialbedingungen der im Eisenbahnsektor Beschäftigten stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Um eine Zunahme des Schienengüterverkehrs zu erreichen, wäre es u.E eher angebracht in erster Linie faire Wettbewerbsbedingungen unter den einzelnen Transportträgern zu schaffen, sowie verstärkte Investitionen in Infrastrukturen im Schienenverkehr und beim Zugmaterial zu tätigen.

Viel sinnvoller als ungezügelten Wettbewerb unter den einzelnen Eisenbahngesellschaften und Unternehmen erscheint uns eine Initiative von FRET-SNCF, B-Cargo, CFL und CFF-Cargo die, in Kooperation auf der Achse Antwerpen-Mailand unter dem Namen SIBELIT Gütertransporte durchzuführen gedenken. Eine Marktanalyse hat ergeben, dass viele Transporte auf der Nord-Süd- Achse, aus unterschiedlichen Ursachen an die rechte Rheinseite verloren gingen. Das Objektiv von SIBELIT ist es nun, ab dem 1. Januar 2006, durch eine verbesserte Organisation bestehende Kunden zu konsolidieren, verlorengegangenen Güterverkehr wieder und neuen hinzu zu gewinnen. Dieses Ziel soll erreicht werden, durch eine Optimierung der Fahrtrassenpläne, durch das Einsetzen des Fahrpersonals über längere Distanzen, durch eine verbesserte Organisation des Lokomotivenparks sowie durch gemeinsame Synergieeffekte aller Betroffenen im Sinne einer Produktivitätssteigerung und einer Qualitätsverbesserung.

Nicht nur, dass die Hauptniederlassung, der sogenannte “Centre operationnel”, sich in Luxemburg befindet und bei voller Tätigkeit in etwa zwei Dutzend Beschäftigte zählen soll, auch der Fuhrpark wird zum Teil mit CFL-Lokomotiven der Serie 3000 besetzt auf welchen speziel ausgebildetes CFL-Personal in der Interoperabilität seinen Dienst verrichten wird.

Nicht desto trotz gibt es, bei aller Euphorie, auf Gewerkschaftsseite einige Bemängelungen und Bedenken. Zum Beispiel der fehlende Sozialdialog. Da die Informationen über die neue Initiative nur spärlich durchsickerten hatten wir mehr als einmal das Gefühl Wichtiges würde uns vorenthalten. Viel zu spät konnten die Gewerkschaften somit ihre Überlegungen vortragen. Von daher auch die Forderung einer gewerkschaftlichen Repräsentativität innerhalb der neuen Einheit.

Für die Gewerkschaftsseite ist jedenfalls klar, dass SIBELT keine eigenständige Eisenbahngesellschaft werden darf und dass die Produktion der Züge ausschliesslich von den aktuel Beteiligten durchgeführt werden muss. Es darf kein Konkurrenzsystem untereinander aufgebaut werden, denn dieses würde ausschliesslich die Sicherheit und die Qualität beeinträchtigen. Wir fordern des Weiteren den Ausbau des Transportvolumens und den Erhalt von Arbeitsplätzen und den aktuellen Arbeitsbedingungen.

Wir sind der Meinung, dass die Initiative SIBELIT ein richtungsweisendes Modell in Sachen Kooperation darstellen kann, eine Referenz in Sachen Europäischer Schienentransport. sollte unseren Bedenken und Forderungen Rechnung getragen werden. Als SYPROLUX begrüssen wir jedenfalls, zusammen mit allen in der ETF zusammengefassten Gewerkschaften ausdrücklich solche Initiativen, da sie auf einer Kooperation zwischen nationalen Eisenbahngesellschaften beruhen. Wir sind überzeugt, dass die öffentlichen Eisenbahnunternehmen sehr wohl die Fähigkeit haben sich zu erneuern und durch gemeinsame Anstrengungen eine optimale Dienstleistung erbringen können.

Leitartikel Transport 17