Der Hochschulminister bezieht Stellung zum neuen Bachelor-Studium an der Universität Luxemburg
D’Wort: Sicher haben sich auch in diesem Jahr wieder viele Primaner für den Lehrerberuf entschieden. Nun herrscht aber Unklarheit darüber, wie lange dieses Studium dauern wird. Was ist genau an der Universität Luxemburg geplant?
Sie wissen, dass wir in der heutigen Hochschullandschaft nicht mehr von Studienzeiten reden, sondern von der Anzahl von Kreditpunkten, die man benötigt, um ein Abschlussdiplom zu erhalten. Um in Luxemburg Primärschullehrer zu werden, benötigt man einen Bachelor-Abschluss. Die Verantwortlichen der Uni haben sich in den letzten Wochen und Monaten viel mit der Definition von Bachelor-Abschlüssen befasst. Man kam zur Schlussfolgerung, dass gemäß international geltenden Standards ein Bachelor-Diplom in der Regel 180 Kreditpunkte beinhaltet, dass man aber in verschiedenen Ausrichtungen auf 240 Kreditpunkte gehen sollte. An der Universität Luxemburg wird die Ausbildung von Primärschullehrern einem Bachelor mit 240 Kreditpunkten entsprechen. Dies bedeutet eine Studiendauer von vier Jahren.
D’Wort: Eine Studiendauer von vier Jahren – ist das ein Modell, wie Sie es sich vorgestellt hatten?
Wir hatten die Universität mit einer Reihe von Fragen befasst. Wir wollten von Experten wissen, wie man die Zielvorgaben vom Schulministerium am besten umsetzen könnte, ob man ein zweistufiges Modell ins Augen fassen könnte, das heißt ein Modell mit Bachelor-Abschluss gefolgt von einem Master, den man nach einiger Berufserfahrung erwerben könnte. Die Expertengruppe hat stark auf die Notwendigkeit von 240 Kreditpunkten hingewiesen und uns immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass in vielen europäischen Ländern die Ausbildung über 180 Kreditpunkte hinausgeht. Wir haben uns dem Expertenrat angeschlossen und der Regierung ein entsprechendes Modell empfohlen.
D’Wort: Es wurde sich an ausländischen Modellen orientiert. Passt der Vorschlag der Experten denn überhaupt in den nationalen Kontext?
Es geht hier nicht darum, sich hinter Expertisen zu verstecken. Die Ausbildung von Primärschullehrern fordert theoretisches Wissen gepaart mit praktischer Anwendung. Mir liegt daran, dass die Ausbildung auch vor Ort, also in den Schulen, organisiert wird. Man sollte auch nicht vergessen, dass ein Auslandsaufenthalt vorgesehen ist. Mir leuchtet also ein, dass man ein gewisses Volumen an Krediten braucht, um all diese Anforderungen unter einen Hut zu bekommen.
D’Wort: Die Lehrergewerkschaften halten eine Verlängerung der Ausbildung für unerlässlich und sehen in ihr einen Meilenstein für eine verbesserte Qualität der Primärschule. War dies auch ein Grund für Ihre Entscheidung?
Natürlich trägt eine solide Ausbildung zur Qualität der Schule bei. Nur, der Reformprozess kann nicht von der Einstellung von Junglehrern abhängen. Dies ist auch der Grund, weshalb ich mir eine tiefere Diskussion über Weiterbildung gewünscht hätte. Die öffentliche Diskussion der letzten Monate war sehr geprägt von Studiendauer, man hat kaum über Inhalte geredet, und den ganzen Bereich der Weiterbildung ließ man gänzlich außen vor. Hoffentlich stehen diese Diskussionen noch an.
D’Wort: Wer Verlängerung der Studiendauer sagt, denkt unweigerlich an Gehälterforderungen der Betroffenen. Welches ist in eben diesem Zusammenhang die Position der Regierung?
Mir geht es in dieser Diskussion ausschließlich um die Qualität der Ausbildung. Eine direkte Auswirkung gibt es sicherlich nicht. Mit dem Hochschulgesetz von 2003 haben wir uns dem Bologna-Prozess angeschlossen. Man spricht also in Zukunft bei Universitätsdiplomen nicht mehr von Bac + x, sondern von Bachelor oder Master. Dass diese Umstellung sich auch auf die Zugangsregeln zum öffentlichen Dienst auswirken wird, liegt auf der Hand. Der zuständige Minister arbeitet denn auch schon an einer Anpassung der Gesetzestexte.
D’Wort: Zurück zur Universität: Hat man dort überhaupt die notwendigen Mittel, um eine solide Ausbildung der angehenden Lehrer zu garantieren?
Mit dem Universitätsprojekt wurde die Lehrerausbildung weiter professionalisiert. Heute kommt ein Dozent auf 14 Studenten; dabei liegen wir im internationalen Vergleich durchaus gut. Des Weiteren geht ein Löwenanteil der finanziellen Mittel an der Fakultät in die Lehrerausbildung. Wir müssen und werden auch in Zukunft sicherstellen, dass weiter in dieses Programme investiert wird. Die größte Herausforderung besteht darin, die Ausbildung jetzt auf das Niveau eines Universitätsstudiums zu hieven. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das uns auch gelingen wird.
D’Wort: Wird diese Reform im Endeffekt auch dazu führen, dass im Ausland erworbene Diplome künftig nicht mehr anerkannt werden?
Natürlich nicht. Die Universität Luxemburg ist ein Anbieter unter vielen. Ein im europäischen Ausland erworbenes Diplom, das Zugang zu dem dortigen Schulsystem gibt, wird auch weiterhin in Luxemburg anerkannt werden. Bei dieser Anerkennung wird die Studiendauer überhaupt keine Rolle spielen. Wir werden sowieso auf das Ausland angewiesen bleiben. Die Universität Luxemburg kann nur einen Teil der auf dem Arbeitsmarkt gebrauchten Lehrkräfte ausbilden. Dies bedeutet auch, dass wir nicht in der Uni das Allheilmittel für unsere schulischen Probleme suchen. Die Uni ist ein wichtiger Partner, aber – wie gesagt – nur ein Partner unter vielen anderen.
Interview: Marc Glesener
d’Wort vom 23. Juli 2005