Dem Ja-Wähler sei Dank

Aus dem Parlament: Abgeordnete blicken erleichtert auf EU-Referendum zurück

VON LAURENT ZEIMET

Die Abgeordneten sind zufrieden. Die Luxemburger haben sich mehrheitlich ihrer Einschätzung angeschlossen und der Europäischen Verfassung zugestimmt. Im Oktober will das Parlament in zweiter Lesung über den Verfassungsvertrag befinden.
Zwingende Vorschriften für eine paritätische Vertretung der Geschlechter auf kommunaler Ebene wollte die Kammer nicht erlassen.

Die Parlamentarier sind mit dem Ja der Bürger zur Europäischen Verfassung durchaus zufrieden. Michel Wolter (CSV) wehrte sich gegen den Vorwurf, das Parlament würde in dieser Frage nicht den Willen der Wähler widerspiegeln.

Die Abgeordneten seien in erster Linie dem Interesse des Landes verpflichtet. So sei es verständlich, dass Bürger und Abgeordnete auf die gleiche Frage unterschiedliche Antworten geben könnten, so Wolter. Auch Ben Fayot (LSAP) mag keinen Graben zwischen Abgeordneten und Wählern erkennen.

Nach dem erfolgreichen Referendum sieht die politische Welt wieder rosiger aus. Vergessen ist die Ungewissheit der vergangenen Wochen. Fayot schlussfolgerte, man habe alles richtig gemacht. Es sei richtig gewesen, das Referendum anzusetzen. Der Zeitpunkt sei günstig gewesen und schließlich sei es auch richtig gewesen, trotz der negativen Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden am Referendum in Luxemburg festzuhalten.

Die Abgeordneten beglückwünschten sich zu ihrer eigenen Verfassungskampagne. Das positive Ergebnis solle aber nicht zur Selbstzufriedenheit verleiten. Die Sprecher aller Fraktionen wollen die Nein-Wähler nicht ignorieren. Claude Meisch (DP) erklärte, die Politik müsse versuchen, die Beweggründe der Gegner zu ergründen. Ihre Sorgen seien ernst zu nehmen, damit die Bürger wieder Vertrauen in die Politik schöpfen könnten. Für Ben Fayot musste der Verfassungsvertrag im Süden des Landes als Sündenbock herhalten.

Vor allem die hohe Ablehnung der EU-Verfassung bei jugendlichen Wählern enttäuschte die Abgeordneten. François Bausch (Déi Gréng) zeigte sich erschreckt über den Mangel an Kenntnissen bei Jungwählern. Dies sei eine Niederlage für die Luxemburger Schule, meinte der grüne Fraktionschef.

Es scheint sich ein Konsens in der Abgeordnetenkammer abzuzeichnen, dass Landes- und Europawahlen in Zukunft zeitlich getrennt werden sollen. François Bausch hofft, dass die Fraktionen bereits im Herbst eine Einigung in dieser Frage finden können.

ADR sagt nun auch Ja

Gast Gibéryen sorgte einmal mehr für Aufregung im hohen Haus. Er bestätigte die Absicht des Aktionskomitees bei der zweiten Lesung im Oktober dem Europäischen Verfassungsvertrag zuzustimmen. “Das ADR respektiert den Willen der Wähler“, rechtfertigte Gibéryen die Haltung seiner Partei. Das ADR hatte sich im Vorfeld des Referendums gegen die Verfassung ausgesprochen, nachdem es bei den Europawahlen noch seine Zustimmung signalisiert hatte. Bei der ersten Lesung im Parlament vor zwei Wochen waren die fünf Abgeordneten des ADR nicht erschienen.

Das Land ist nicht gespalten“, stellte Außenminister Jean Asselborn unmissverständlich fest. Luxemburg habe mit seinem klaren Bekenntnis die Verfassung zwar nicht gerettet, jenen Ländern aber Mut gemacht, die sich noch in einem Ratifizierungsverfahren befinden. “Wie bereits 1937 haben die Luxemburger die Weichen bewusst richtig gestellt“, so Asselborn.

Die Abgeordneten widmeten gestern einen guten Teil ihrer Sitzung der Diskussion eines Gesetzvorschlags aus der Feder der inzwischen aus dem Parlament ausgeschiedenen grünen Politikerin Dagmar Reuter-Angelsberg. Viviane Loschetter (Déi Gréng) stellte den Entwurf vor und verteidigte die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erreichung von mehr Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern auf kommunaler Ebene. Der Gesetzvorschlag wurde jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt.

Nur 15 Prozent der Gemeinderatsmitglieder sind Frauen und in den beratenden Kommissionen stellen die Frauen knappe 28 Prozent der Mitglieder.

Der Frauenrat (CNFL) hatte vom Gesetzgeber zwingende Vorschriften eingefordert, wie beispielsweise eine paritätische Besetzung der kommunalen Kommissionen. Ministerin Marie-Josée Jacobs (CSV), erinnerte an den Rundbrief, den sie an die Kommunen sandte, um diesen Anhaltspunkte für eine offensive Politik der Chancengleichheit zu liefern.

Quelle: d’Wort vom 13. Juli 2005