Laurent Mosar will erster CSV-Bürgermeister der Hauptstadt werden: Wohnen, Familie, Belebung der Stadt, Verkehr, Verbrechensbekämpfung und Soziales als Prioritäten
d’Wort: Herr Mosar, Sie sind Spitzenkandidat auf der CSV-Liste … Was motiviert Sie dazu?
Das Wort Bürgermeisterkandidat gefällt mir besser als Spitzenkandidat. Der Bürger hat das Recht, zu wissen, welcher Kandidat einer Liste tatsächlich Bürgermeister wird. Wir sind die einzige Partei, die das ganz klar sagt. Was mich motiviert, ist zunächst die gute Bilanz der DP-CSV-Koalition. Wir haben nicht nur quasi das ganze Koalitionsprogramm umgesetzt, sondern auch viel in diese Stadt investiert. Trotzdem ist die Finanzsituation immer noch sehr gut und die Reserven sind sogar noch substanziell höher als Ende 1999. Vor allem in den von CSV-Leuten verwalteten Ressorts haben wir viel aufzuweisen: Das geht von Schulrhythmen über die Früherziehung bis hin zu Tagesstätten in allen Vierteln. Im Mobilitätsbereich wurde das Anrainerparken umgesetzt. Anfangs wurde es viel kritisiert, doch jetzt könnte man sich nicht mehr vorstellen, ohne flächendeckendes Anrainerparken in der Stadt zu leben. Wenn man in einer Koalition gute Arbeit geleistet hat, will man diese Arbeit weiterführen.
d’Wort: Welche Ziele verfolgen Sie bei den Wahlen?
Wir verfolgen zwei Ziele: Das Wahlresultat von 1999 zu verbessern und erstmals in der Geschichte der Stadt den Bürgermeister zu stellen. Ich erinnere daran, dass dieser Posten seit über hundert Jahren in liberaler Hand war, mit Ausnahme der Jahre 1964 bis 1970, als mit Paul Wilwertz ein sozialistischer Bürgermeister die Geschicke der Stadt lenkte.
d’Wort: Welche Chancen rechnen Sie sich aus? Die DP hat eine bekannte Spitzenkandidatin ins Rennen geschickt und die LSAP sowie die Grünen sind vielleicht auch nicht zu unterschätzen …
Wir wollen den Bürger mit unserem Team und unserem Programm überzeugen. Es geht darum, eine neue Dynamik in die Stadt zu bringen. Bevor wir das Programm definitiv festlegen, wollen wir den Bürger fragen, welche Themen für ihn am wichtigsten sind. Wir starten deshalb in dieser Woche eine Aktion: Auf einer Postkarte, die jeder Bürger in seinem Briefkasten finden wird, kann er angeben, welche Themen für ihn am wichtigsten sind. Wir werden aber auch einen interaktiven Wahlkampf führen: Sowohl über unsere Internetseite wie auch über Gratis-SMS über die Nummer 40 40 kann man ab heute und bis zu den Wahlen täglich mit uns dialogieren. Jeder kann uns seine Fragen und Anregungen zum Programm hereinschicken.
d’Wort: Wann wird Ihr Programm vorgestellt?
Ich gehe davon aus, dass wir das Programm nach der Befragung der Bürger in den Sommermonaten aufstellen und es zur Schul-Rentrée, wenn die Wahlkampagne offiziell beginnt, vorstellen.
d’Wort: In welchen Bereichen würden Sie Ihre Prioritäten setzen?
Ich würde sechs große Prioritäten setzen: Das erste ist der Wohnungsbau: Viele junge Familien und Leute mit normalen Gehältern können es sich nicht mehr leisten, hier zu wohnen. Wir müssen das Problem der leer stehenden Bürogebäude in den Griff bekommen. Das trägt auch nicht zur Belebung der Gemeinde bei. Ich denke auch an die falsche Nutzung von Wohnhäusern.
Eine zweite Priorität ist die Familie: Mit Angeboten wie Tagesstätten, Foyers und Jugendhäusern wurde viel geleistet und wir werden dies weiter ausbauen, um Eltern, die beide berufstätig sind, entgegenzukommen.
Dritte Priorität ist die Belebung des Stadtkerns: Nach 18 Uhr ist die Stadt tot.
Wir brauchen mehr Einwohner im Stadtkern und dabei bietet die Uni Luxemburg eine gute Gelegenheit.
Für die Umgebung des Bahnhofs wird ein Architektenwettbewerb durchgeführt. Wichtig ist dabei auch der rasche Bau eines Tunnels von der Avenue de la Liberté bis hinter den Bahnhof, um den Durchgangsverkehr herauszubekommen.
Vierte Priorität ist die Verkehrsberuhigung in den Vierteln. Vielerorts wurde Tempo 30 eingeführt und wir werden diesen Weg weitergehen.
Fünfte Priorität ist die Bekämpfung der Kriminalität, die sich in der Stadt eingenistet hat. Ich denke vor allem an die Drogendealer, die den Stadtpark und das Bahnhofsviertel unsicher machen. Der Handlungsspielraum der Gemeinde ist zwar beschränkt, doch wir können dafür sorgen, dass das neue Asylgesetz so schnell wie möglich gestimmt wird.
Ich erwarte mir davon eine wesentliche Verbesserung.
Sechstens die Sozialpolitik: Hier gibt es zwar viele Einrichtungen, doch sie sind nicht ausgelastet. Eine Reihe zusätzlicher Infrastrukturen sind aber erforderlich, wie z. B. das geplante Haus für alkoholabhängige Obdachlose.
d’Wort: Wie sieht das Team aus, mit dem Sie das alles erreichen wollen?
Unser Team ist ein Team der Erneuerung: 17 Kandidaten waren noch nie auf einer Gemeinderatsliste und 15 Kandidaten waren überhaupt noch nicht auf einer Liste.
Der Altersdurchschnitt liegt bei 44,8 Jahren, womit wir bei weitem das jüngste Team haben. Wir haben drei Ausländer auf der Liste: Eine Griechin, eine Portugiesin und eine Engländerin.
Dies soll ein Signal sein, dass die Ausländer aktiv am politischen Leben teilnehmen sollen. Auch die meisten sozio-professionellen Gruppen und Stadtviertel sind auf der CSV-Liste gut vertreten.
Interview: Raphaël Zwank
Quelle: d’Wort vom 20. Juni 2005