Das Kyoto-Protokoll tritt in Kraft

Kommentar von Marcel Oberweis, Umweltsprecher der CSV-Fraktion

Das Kyoto-Protokoll, welches im November 1997 verabschiedet und von Luxemburg am 14. Dezember 2004 ratifiziert wurde, soll am 16. Februar 2005 endlich in Kraft treten. Die Staatengemeinschaft, die Vereinigten Staaten als größter Emittent stehen leider abseits, hat sich nunmehr vorgenommen, den ersten zaghaften Schritt in Richtung Reduktion der Treibhausgasemissionen zu wagen, diese sollen bis 2012 um 5,2 % gegenüber 1990 verringert werden; Luxemburg möchte seine Emissionen um 28 % reduzieren. Mit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zeigt die internationale Gemeinschaft, dass sie den Herausforderungen des fortschreitenden Klimawandels entgegentreten, die Klimapolitik steht im Mittelpunkt der politischen Aktualität dieses Jahrhunderts, es verkennen, würde die Lebensbedingungen der nachkommenden Generationen schwer belasten.

Um den sich bemerkbar machenden Klimawandel jedoch zu bremsen, müssten viel größere Mengen eingespart werden, die Wissenschaftler nennen heute schon Einsparungswerte von 70 %. Dabei stehen Länder wie China und Indien erst am Beginn der Industrialisierung und werden ihren Energieverbrauch, ebenso ihre Emissionen von Treibhausgasen, in den nächsten Jahrzehnten noch drastisch erhöhen. Den Aussagen des britischen Forschers John Schellnhuber zufolge, bedarf es aber nur etwa 0,3 % des globalen Bruttosozialprodukts, um die Folgen der globalen Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen.

Wir werden deshalb der Klimadiskussion unter dem EU-Vorsitz Luxemburgs weitere Impulse geben, wichtige Entscheidungen stehen an. Vornehmlich wird man hinterfragen, welche Aktionen wir nach 2012 unternehmen müssen, um den menschengemachten Treibhauseffekt drastisch zu reduzieren.

Globale Erwärmung unter allen Umständen verhindern

Allein seit der industriellen Revolution ist der CO2-Wert um mehr als 30 % auf heute 380 ppm gestiegen und ohne Maßnahmen wird dieser Wert auf 1.000 ppm bis zum Jahr 2100 steigen. Es gibt keine magische Waffe gegen die globale Erwärmung, sondern nur eine Reihe von zu setzenden Maßnahmen. Bis Ende des Jahrhunderts befürchtet die Wissenschaft eine Temperaturerhöhung von mindestens 3 °C. Der Klimawandel wird im 21. Jahrhundert weltweit gravierende Folgen haben. Das Klima hat sich zwar im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder geändert und schon kleinste Einflüsse auf einen der Faktoren Temperatur, Wasserkreislauf, Vegetation oder Boden im Klimasystem können eine Kettenreaktion in Gang setzen.

Insbesondere die industrialisierten Länder und mittlerweile auch die Schwellenländer haben durch die Anreicherung der Atmosphäre mit Treibhausgasen, vor allem CO2, das natürliche Strahlungsgleichgewicht der Erde aus den Angeln gehoben und mit ihrem unkontrollierten Handeln zu einer Erwärmung der Erdoberfläche beigetragen. Um den beobachteten Klimatrend nicht weiter zu verstärken, muss die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen auf ein Niveau gebracht werden, dass die Erderwärmung maximal 2°C beträgt. Hitzewellen und Dürre, Hochwasser und Stürme, die Auswirkungen der Klimaänderungen sind bereits heute erkennbar und bedrohen nach Einschätzung der Europäischen Umweltagentur zunehmend die Menschen. Belegt durch eine Fülle von Fakten, muss die Menschheit begreifen, dass der Klimawandel bereist abläuft und weit reichende Auswirkungen, verbunden mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten aufweist.

Der Handel mit den Emissionsrechten beginnt

Durch den Emissionshandel wird der CO2-Emission erstmals ein Kostenfaktor zuerkannt. Der Handel ist ein wichtiges Signal für den globalen Klimaschutz, auch außerhalb Europas wird darüber nachgedacht, wie sich wirksamer Klimaschutz kostengünstig und Wirtschaftsverträglich erreichen lässt. Der Ausgleich von Wirtschaft und Umwelt mit Respekt gegenüber den sozialen Komponenten sowie die Vorbereitung auf attraktive Zukunftsmärkte stehen mittlerweile im Mittelpunkt der Diskussionen.

Luxemburg wurde eine Emissionsmenge von rund 10 Millionen t CO2 zuerkannt, für jede weitere emittierte t muss bezahlt werden. Den Industriepartnern wurden 3,35 Millionen t CO2 zugeteilt, den Haushalten 1,4 Millionen t CO2 und dem Sektor Verkehr 5,4 Millionen t CO2 . Wenn jedoch die Emissionsmenge weiter ansteigt, möglicherweise auf 15 Millionen t CO2 , dann wird dies die Allgemeinheit finanziell schwer belasten, da heute niemand abschätzen kann, welchen Wert die Emission einer t CO2 annehmen wird. Derzeit spricht man von 20 € je t, es könnten aber auch je nach politischer Sachlage 100 € werden.

Wenn also das Kyoto-Protokoll mit Leben erfüllt werden soll, dann müssen wir unsere nationalen Hausaufgaben erledigen. Konkret müssen in allen Bereichen der Wirtschaft mutige Schritte zur Reduzierung der Emissionen unternommen werden, eindeutig müssen die Energieeffizienz und die Energieeinsparung an oberster Stelle dieses Maßnahmenkatalogs stehen. Die Nutzung der erneuerbaren Energien und der nachwachsenden Rohstoffe stellen weitere Elemente einer durchdachten Energie- und Umweltpolitik dar. Es ist zu begrüßen, dass nunmehr die Förderung der erneuerbaren Energien neu anfacht wurde. In allen Treibhausgase verursachenden Sektoren sollen steuerliche Anreize, Befreiungen von Steuern und Abgaben und Subventionen, die im Widerspruch zu den Kyoto-Zielen schrittweise verringert und abgeschafft werden. Wir werden auch nicht umhin kommen, das leidige Thema des Tanktourismus und der Besteuerung des Kerosin auf die Agenda zu setzen; die Politik muss sich nach dem magischen Dreieck: Wirtschaft-Soziales-Umwelt ausrichten.

Neben der Reduktion von eigenen Emissionen stehen uns drei flexible Instrumente zur Erreichung der Kyoto-Ziele zur Verfügung. Der weltweite Handel mit Emissionszertifikaten, die Entwicklung und Transfer von einschlägiger Umwelttechnologie in die Schwellenländer sowie die breite Nutzung von erneuerbaren Energien in den Entwicklungsländern. In Bezug auf die Schwellenländer können diejenigen Länder, die viel für die Reduzierung der Treibhausgase ausgeben, mit Ländern, die geringe Kosten für die Verringerung der klimarelevanten Schadstoffe haben, projektbezogen zusammenarbeiten. Für die entstehende Reduktion erhalten sie Zertifikate, die dann für das nationale Sparziel angerechnet werden. Im Fall der Entwicklungsländer können Industriestaaten durch Projekte dort anstehende Treibhausgase vergleichsweise kostengünstig reduzieren und dafür nationale Reduktionszertifikate erwerben. Konkret bedeutet dies, dass reiche Industrieländer sich ihre Emissionsreduktion in minderbemittelten Ländern erkaufen, dort umwelttechnologisch investieren und demzufolge der globale Umwelttechnologienmarkt, ein Zukunftsträger der Wirtschaft, aufbauen. Demzufolge können alle von diesem Maßnahmen Profit beziehen.

Die Umsetzung neuer umweltpolitischer Maßnahmen schafft entweder neue Arbeitsplätze oder baut zumindest keine ab“, sagt der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas unter Verweis auf die Ergebnisse einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD, die belegt, dass ehrgeizige Umweltmaßnahmen der Wirtschaft zugute kommen. Die EU-Kommission hat sich das Ziel gesetzt, 6 Millionen neue Arbeitsplätze bis 2010 zu schaffen. Sollte man nicht jetzt durch eine gezielte berufliche Ausbildung und Weiterbildung, vielen Arbeitlosen die Möglichkeit einräumen, sich in diesem aufblühenden Wirtschaftszweig einzubringen. Bereiche wir die nachhaltige Forstwirtschaft und die Nutzung der heimischen nachwachsenden Rohstoffe, die Bewirtschaftung riesiger brachliegender Ackerflächen im Sinne der Biomassenutzung, der Bereich der Gebäudesanierung im Hinblick auf die Energieeinsparung, der Aufbau der großen umweltfreundlichen Transporttrassen, stehen hier nun als mögliche Arbeitsfelder. Wir müssen die Bedeutung des Umweltschutzes in unserem Alltag eindeutig herausstellen. Europa muss weiter an der Spitze der weltweiten Bemühungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen stehen, es Bedarf hier der übergreifenden umweltpolitischen Vision und dem Herausschälen von Strategien auf europäischer, regionaler, nationaler und lokaler Ebene. Ein Gebiet, auf dem die europäischen Unternehmen wirklich Herausragendes leisten, ist die Umwelttechnologie. In vielen Sektoren sind europäische Unternehmen weltweit führend u.a. auf dem Gebiet der Nutzung der erneuerbaren Energien, der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der Geländesanierung.

Wenn wir es heute nicht wahrhaben möchten, dass durch die Erderwärmung u.a. der Permafrost auftaut und Methan freisetzt, die Gletscherschmelze immer drastischer wirkt und mithin der Meeresspiegel ansteigt sowie das CO2 die Ozeane versauert, dann kann uns wirklich niemand helfen. Was nützt uns denn dann noch ein vermehrter Wohlstand in einer umweltfeindlichen Atmosphäre?

Der Autor ist Marcel Oberweis, Umweltsprecher der CSV-Fraktion