François Biltgen im Interview mit Télécran: Unter luxemburgischen Eu-Vorsitz soll die Debatt über die Bolkenstein-Richtlinie objektiviert werden
Télécran: Welche Gefahr geht von der Bolkestein-Richtlinie aus?
François Biltgen: Als Arbeitsminister bin ich über eine Liberalisierung der Leiharbeit besorgt. Diese Arbeitsform ist bereits in einem luxemburgischen Gesetz geregelt, das durch die Richtlinie aufgehoben würde. Generell möchte ich klar stellen, dass die Bolkestein-Richtlinie nicht besagt, dass zum Beispiel ein polnischer Arbeiter in Luxemburg nach polnischen Maßstäben bezahlt würde. Er würde unter die Bestimmungen des luxemburgischen Arbeitsrechtes fallen. Dies garantiert die so genannte Entsenderichtlinie, die nicht durch die Bolkestein-Richtlinie aufgehoben wird. Die aktuellen luxemburgischen Kontrollmechanismen könnten aber ausgehebelt werden. Luxemburg wird von der Kommission kritisiert, weil es sie zu restriktiv auslege. Ohne Kontrolle ist Sozialdumping aber nicht zu verhindern.
Télécran: Wie stehen Sie zur Liberalisierung der Gesundheits- und Sozialdienste?
François Biltgen: Diese Aspekte betreffen andere Minister. Prinzipiell werden wir keiner Regelung zustimmen, die unsere Gesundheits- und Sozialfürsorge in Frage stellen würde.
Télécran: Wird es unter Luxemburger EU-Vorsitz zu einer Verabschiedung des Richtlinienentwurfs kommen?
François Biltgen: Nein. Das ist allein aus Termingründen nicht möglich. Unser Ziel ist es, die Debatte zu objektivieren. Die frühere Kommission hat die Richtlinie ohne eingehende Diskussion mit den Sozialpartnern hervorgebracht. Dies führte zu Missverständnissen und zu einem vergifteten Klima. Die neue Kommission hat eine Überprüfung angekündigt. Der Ball liegt nunmehr bei ihr.
Télécran, 16. Februar 2005