Vietnam

3 Fragen an Jean-Louis Schiltz

Tageblatt: Herr Kooperationsminister, Vietnam ist das wichtigste Zielland der Luxemburger Entwicklungshilfe. Mit welchen eindrücken sind Sie zurückgekehrt?

Jean-Louis Schiltz: “Das Wirtschaftswachstum in der Hauptstadt Hanoï ist beeindruckend. Auf dem Land herrscht jedoch weit verbreite Armut. Davon konnte ich mich während meines Besuchs der nordvietnamesischen Provinz Nghe An überzeugen. In Vietnam erzielt die Kooperationshilfe Fortschritte, was auch auf die Koordinierung der Hilfe zwischen Luxemburg und der EU-Kommission zurückzuführen ist.”

Tageblatt: Sie haben während Ihrer Reise verschiedene Projekte besucht, die mit Luxemburger Unterstützung realisiert werden…

Jean-Louis Schiltz: “Das erste Projekt in der Nähe der Stadt Nam Dinh zeichnet sich durch seine Kompaktheit aus. Dort geht es darum, die Sanitärversorgung für 40 000 Menschen zu schaffen. Die letzten Tests vor der Inbetriebnahme der Wasseraufbereitungsanlage laufen. Es wird eine konkrete Verbesserung für die Menschen geben. Das Projekt in der zentralvietnamesischen Provinz Nghe An hat eine größere Tragweite. In dieser Provinz ist die Luxemburger Entwicklungshilfe seit 1994 präsent. Im laufe der Jahre wurde unsere Tätigkeitsbereich von der Küste ins Landesinnere hinein verlagert. Mittlerweile unterstützen wir Dörfer mit vielfältigen Initiativen etwa im Bereich der Landwirtschaft oder der Infrastruktur. Dabei wird auf nachhaltige Wissensübermittlung vor Ort Wert gelegt. Durch “Learning by doing” wird sichergestellt, dass die geleistete Hilfe von den Einheimischen aufgenommen und fortgeführt wird. Die Menschen vor Ort machen Vorschläge, wie Kooperationshilfe ihre Lebensumstände verbessern kann. Auch der Kontakt zu lokalen vietnamesischen Behörden ist ein wichtiges Merkmal des Projekts.”

Tageblatt: Sie haben eine Revision der Kriterien bei der Auswahl der Zielländer der Kooperation angekündigt. Wird Vietnam davon betroffen sein?

Jean-Louis Schiltz: “Es wird keine Revolution, nur eine Evolution der Kriterien geben. Global gesehen hat keines der Zielländer der Luxemburger Kooperationspolitik das Entwicklungsstadium erreicht. Eine Reorientierung wird den Ärmsten der Ärmsten zugute kommen. Um für die Jahre nach dem Zeitrahmen 2006-2010 das Engagement in Vietnam zu planen, wird die Internationale Gemeinschaft aller Voraussicht nach 2008 beraten.”

Quelle: Tageblatt vom 1.12.2004