Minister François Biltgen: “Zugang zum Arbeitsrecht wird vereinfacht”
Wenn das Timing von Arbeitsminister François Biltgen aufgeht, wird Luxemburg ab dem 1. Januar 2005 seinen Code du travail haben. “Es war lange im Gespräch, es wurde viel daran gearbeitet, jetzt steht er endlich“, bemerkte Biltgen, sichtlich erfreut, gestern bei der Vorstellung des entsprechenden Gesetzentwurfs, der vor kurzem den Ministerrat passierte.
Beim Code du travail handelt es sich nicht um eine simple Sammlung bestehender Gesetze, die zwischen zwei Buchdeckeln kompiliert wurden, sondern um ein “richtiges Gesetzbuch, das den Namen verdient” – mit logischer Struktur und hierarchischer Nummerierung der Artikel. Den Initiatoren im Arbeitsministerium ging es laut Biltgen darum, “alle Texte beieinander zu bekommen, die Zugänglichkeit zu verbessern und die Rechtssicherheit zu erhöhen“.
Zu diesem Zweck wurden sämtliche Gesetzestexte in den Bereichen Arbeit und Beschäftigung in ihre Einzelteile zerlegt, neu geordnet und kodifiziert – vergleichbar mit dem Code civil, dem Code pénal oder dem Code des assurances sociales. Eine Sisyphusaufgabe, an der u. a. Jean Zahlen und Nadine Welter vom Ministerium, Verwaltungsrichter Marc Feyereisen und EuGH-Richter Romain Schintgen sowie die Rechtsanwälte Guy Castegnaro und Ariane Claverie (alle vier haben Bücher über das luxemburgische Arbeitsrecht veröffentlicht) mitwirkten. Als außenstehende Experten zog man Rémy Schwartz, bis vor kurzem Regierungskommissar beim französischen Conseil d´Etat, und Guy Braibant, Vizepräsident der französischen Commission supérieure de codification, zu Rate.
Form und Inhalt
Inhaltlich ändert sich (fast) nichts an den geltenden Rechtsbestimmungen, formal ändert alles. Zum Ersten werden die bestehenden Gesetze, die in den Code du travail einfließen, aufgehoben, abgeschafft. So z. B. das Gesetz vom 24. Mai 1989 über den Arbeitsvertrag, das 98er PAN-Gesetz oder das kürzlich votierte Gesetz über das Kollektivvertragswesen. Das Arbeitsgesetzbuch wird zur einzig verbindlichen Quelle, alle anderen Texte werden hinfällig.
Zum Zweiten wird das Arbeitsrecht neu strukturiert: Der Code du travail umfasst sieben Bücher (Bestimmungen im Interesse der Allgemeinheit, Arbeitskonventionen, Arbeitsbedingungen, Personalvertretung, Gewerbeinspektion, Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, Sicherheit und Gesundheit), innerhalb derer die gesamte Materie schön säuberlich gegliedert ist. Bei der Nummerierung der Artikel hat man sich für das Dezimalsystem entschieden, das den Vorteil hat, dass künftige Ergänzungen problemlos eingefügt werden können. Jeder Artikel beginnt mit dem Buchstaben L (für “loi”, den legislativen Teil also), gefolgt von drei Ziffern, die sich auf das jeweilige Buch, den Titel und den Untertitel beziehen, sowie – hinter dem Bindestrich – der fortlaufenden Artikelnummer.
Im reglementarischen Teil, der in einer zweiten Etappe hinzukommt (er braucht nicht vom Parlament abgesegnet zu werden), werden die großherzoglichen Verordnungen kodifiziert, wobei durch die Artikelnummerierung (mit dem Buchstaben R) der direkte Link zur entsprechenden Gesetzesvorschrift hergestellt wird. Die Konsultierung wird folglich auch für Nichtspezialisten zum Kinderspiel: Schnell und sicher findet man genau die Passagen, für die man sich gerade interessiert.
Sprachliche Entrümpelung
Noch ein Wort zum Inhalt: Hier hat man die Gunst der Stunde genutzt, um eine terminologische Harmonisierung vorzunehmen, die Grammatik zu überprüfen, Sinnfehler zu korrigieren, falsche oder veraltete Begriffe zu ersetzen, “Belgizismen” zu eliminieren, widersprüchliche Strafbestimmungen zu klären.
Da ansonsten alles beim Alten bleibt (und nur das “Kostüm” gewechselt wird), hofft der Minister, dass die Gutachten von Staatsrat und Berufskammern schnell vorliegen werden. Die Zeit eilt, da es eigentlich unsinnig ist, vor der Verabschiedung des Gesetzbuchs noch neue arbeitsrechtliche Gesetze zu stimmen – sie würden wiederum Änderungen im Projekt des “Code Biltgen” erforderlich machen.
Luxemburger Wort vom 3.6.2004