“Die Informations- und Kommunikationsgesellschaft bietet allen eine riesige Chance”

Minister François Biltgen zieht im Profil-Interview Bilanz seiner Regierungstätigkeit.

Profil: “Herr Minister Biltgen, Sie sind ebenfalls delegierter Kommunikationsminister. In dieser Funktion haben Sie die Reform des Pressegesetzes auf den Instanzenweg gebracht. Was sind die maßgeblichen Innovationen dieser Reform?

Modelltext Pressegesetz

François Biltgen: “Das Gesetz ist diese Woche zur Sprache gekommen. Wir haben ein modernes Gesetz geschaffen, das der europäischen Menschenrechtskonvention optimal entspricht und deshalb von europäischen Experten als Modelltext angesehen wird. Das Prinzip des Gesetzes ist es, die Pressefreiheit zu stärken, um damit das Recht des einzelnen auf Information zu stärken, ohne aber das Recht des einzelnen auf Schutz seiner Privatsphäre aufzugeben.”

Missbrauch verhindern

Profil: “Ein wichtiges Gesetz im Bereich der Kommunikation war mit dem Gesetz vom 2. August 2002 die grundlegende Reform der Datenschutzgesetzgebung. Ist der Schutz der persönlichen Daten in einer Gesellschaft und in einem Wirtschaftsgefüge, in dem die Informations- und Kommunikationstechnologien rasant an Gewicht gewinnen, überhaupt noch zu gewährleisten?

François Biltgen: “Weil dieses Recht Gefahren ausgesetzt ist, brauchen wir Schutzbestimmungen, dies im Rahmen einer europäischen Harmonisierung. Wir sind allerdings über diesen europäischen Minimalrahmen hinausgegangen. So haben wir z.B. die Kameraüberwachung eingeschränkt. Kameras sind nötig, um die Sicherheit zu gewähren, auch auf dem Arbeitsplatz, aber ihren – oft festgestellten – Missbrauch gilt es zu verhindern.”

“Ehrgeiziges Programm”

Profil: “Stichwort: E-Lëtzebuerg. Wie situiert sich Luxemburg bei der Nutzung der Kommunikationstechnologien?”

François Biltgen: “Luxemburg ist in einer ganzen Reihe von Bereichen im Spitzenpeloton der EU aufzufinden:
Internetbenutzer
Internetanbindung der Schulen
Sicherheit
Kenntnisse der neuen Technologien auf dem Arbeitsmarkt, usw.
In der elektronischen Verwaltung hatten wir unwahrscheinlichen Nachholbedarf, was nicht nur, aber auch mit der kleinen Taille der Luxemburger Verwaltungen zu tun hat. Obwohl wir noch Nachholbedarf haben, haben wir mit die größten Fortschritte innerhalb der EU zu verzeichnen und werden in Bälde ins Hauptpeloton aufschließen können.”

Profil: “Bei den neuen Technologien wird immer wieder die Gefahr der digitalen Zweiklassengesellschaft beschworen, d.h., dass beim Internet einige Bevölkerungsschichten den Anschluss verlieren und eine Informationskluft entsteht, die zu neuen sozialen Ungerechtigkeiten führt. Mit welchen Maßnahmen und Schritten versucht die Regierung dieser Gefahr gegenzusteuern?”

François Biltgen: “Die Informations- und Kommunikationsgesellschaft bietet allen eine riesige Chance, unter Voraussetzung das wir den Gefahren Einhalt gebieten. Die größte Gefahr ist, dass die – jetzt schon bestehende – soziale Kluft noch wächst. Betroffen sind vor allem: die Älteren, die Hausfrauen, die weniger Ausgebildeten, die weniger Verdienenden, die Immigranten… Deshalb hat die Regierung ein ehrgeiziges Programm entwickelt, das in Zusammenarbeit mit den Gemeinden verwirklicht wird, die “Internetstuffen”. Flächendeckend werden diese “Stuben” nicht nur denjenigen, die keinen Internetanschluss haben oder wollen, die Möglichkeiten zum “Surfen” bieten, sondern vor allem publikumsgerechte Internetausbildung anbieten.”

“Neuen Wirtschaftssektor geschaffen”

Profil: “Am 10. Oktober vergangenen Jahres wurde zum ersten Mal der luxemburgische Filmpreis an die besten luxemburgischen Produktionen und Koproduktionen verliehen. Als delegierter Kommunikationsminister sind Sie der Hauptverantwortliche für die Gestaltung des rechtlichen Rahmens der Medien- und Filmproduktion. Sind Sie mit der Entwicklung der audiovisuellen Produktion in Luxemburg zufrieden? “

François Biltgen: “Ja, wir haben durch die gezielte direkte (Filmfonds) und indirekte (audiovisuelle Investitionszertifikate) Förderung einen neuen Wirtschaftssektor unterstützt, der mittlerweile rund 600 Filmschaffenden, darunter vielen Technikern, permanent die Chance auf Arbeit bietet. So haben viele einheimische Filminteressierte die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen, den sie auch in Luxemburg ausüben können.”