Jean-Claude Juncker über die rezenten Meinungsumfragen.
Seit es uns gibt sind wir so: Luxemburger denken selbst, sie handeln selbst, sie wählen selbst, sie entscheiden selbst. Sie lassen sich nichts vorschreiben. Deshalb sind politische Meinungsumfragen und die sich daraus ergebenden quasi-wissenschaftlichen Schlussfolgerungen etwas das unserem “freien Geist” zuwider läuft. Sie passen zu uns wie der Sattel auf den Esel, nämlich überhaupt nicht. Wir verfügen selbst und lassen nicht über uns verfügen.
Trotzdem erzielen Meinungsumfragen Wirkung. Besonders dann, wenn sie eindeutig sind. Und die jüngsten Meinungsumfragen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Die CSV gewinnt die Wahlen und der jetzige Premier bleibt Staatsminister – sagen die Demoskopen. Weil sie es so eindringlich sagen, und weil fast die gesamte Presse es ihr nachsagt, sagen viele Luxemburger sich ihrerseits dreierlei.
Sie sagen sich erstens: Wenn die Meinungsforscher den CSV-Wahlsieg als sicher vorhersagen, zeigen wir ihnen, dass sie sich irren und tun genau das Gegenteil. Wir lassen uns nichts vorschreiben! Die Gefahr ist groß, dass die Wähler die Meinungsforscher Lügen strafen möchten.
Sie sagen sich zweitens: Wenn die CSV sowieso – auch ohne unser eigenes Zutun – die stärkste Partei wird, dann möchten wir wenigstens bestimmen, wer die zweitstärkste Formation wird. Wenn wir keinen Einfluss auf die Bestimmung der Nummer Eins haben, dann möchten wir zumindest bestimmen mit wem die Nummer Eins koalieren muss. Die Gefahr ist, dass viele “nützlich” wählen – also LSAP oder DP – und die CSV außen vor lassen. Resultat: nicht die CSV, sondern LSAP und DP stehen am 13. Juni auf dem Siegertreppchen.
Sie sagen sich drittens: Wenn die CSV so stark wird wie die Demoskopen prognostizieren, wenn der CSV-Spitzenkandidat die anderen Premier-Kandidaten soweit abhängt wie die Vorermittler meinen, dann sorgen wir für demokratische Gleichgewichtung. Die Gefahr ist, dass der Wunsch nach Gleichgewicht dasselbe stören könnte. Resultat: der als Erster im Ziel erwartete läuft als Zweiter oder Dritter ein und schaut dem Zweiten und dem Ersten bei der Regierungsbildung zu.
Die politische Konkurrenz hat Gefahr und Resultat erkannt. “Nichts ist gelaufen”, so schreibt das “Tageblatt” und fordert dazu auf, die von ihm in Auftrag gegebenen Meinungserhebungen via Wahlgang zu dementieren. Herr A. von der LSAP beklagt sich über das “Eine Partei – ein Mann”-Syndrom der Luxemburger und sieht ahnungsschwanger eine Gefahr für die Demokratie im Anzug.
Tatsache ist: die CSV hat die Wahlen noch nicht gewonnen, sie muss sie erst gewinnen. Der CSV-Premier bleibt nur Staatsminister, wenn die CSV gewinnt.
Deshalb: Meinungsumfragen hin oder her, sicher ist sicher. CSV!
Jean-Claude Juncker