LW-Gespräch mit dem parlamentarischen Berichterstatter, dem CSV-Deputierten Marcel Sauber, zum neuen Rahmengesetz für die Unterstützung der Klein- und Mittelunternehmen
Wenn sich am Donnerstag die Abgeordnetenkammer mit dem Gesetzesprojekt 5148 zur Schaffung eines allgemeinen Rahmens für Hilfsmaßnahmen im Interesse des Mittelstandssektors befasst, dann geht es um die Ersetzung eines auf das Jahr 1968 zurückreichenden Gesetzes , das die strukturelle Verbesserung der Handels- und Handwerksbetriebe zum Gegenstand hatte und als Rahmengesetz für den Mittelstand in den Sprachgebrauch übergegangen ist. Mit Berichterstatter Marcel Sauber (CSV), der als langjähriger Generalsekretär und Direktor der Handwerkerföderation ein Experte auf diesem Gebiet ist, unterhielten wir uns über die Gesetzesnovelle und über die Bedeutung des Mittelstandssektors.
40 Prozent der Inlandsbeschäftigung
Beeindruckend sind die sich auf die Bedeutung des Mittelstandes beziehenden Zahlen schon. Dieser Sektor begreift etwa 14 000 Unternehmen mit rund 130 000 Beschäftigten. Dies entspricht 40 Prozent der Inlandsbeschäftigung im Großherzogtum. In den letzten zehn Jahren wurden rund 30 000 zusätzliche Stellen in den Klein- und Mittelunternehmen geschaffen.
EU-Richtlinien als Auslöser
Im Bewusstsein um die Bedeutung des Mittelstandes für das Wirtschafts- und Sozialleben hatte sich die CSV/DP-Koalition in der Regierungserklärung vom 12. August 1999 für eine grundlegende Reform des staatlichen Hilfsprogrammes durch ein neues Rahmengesetz ausgesprochen. Die Reform sollte nach einer breiten Konzertation mit dem Berufsmilieu und vor allem im Einklang mit den einschlägigen EU-Richtlinien geschehen.
Am 20. Mai 2003 brachte Mittelstands-, Tourismus- und Wohnungsbauminister Fernand Boden ein von sieben Entwürfen für großherzogliche Reglements begleitetes Gesetzesprojekt in der Abgeordnetenkammer ein, durch das unter Berücksichtigung der rezentesten Maßgaben der Europäischen Union für den Abbau der staatlichen Förderungsmaßnahmen ein neuer Rahmen für eine angemessene und zielorientierte Unterstützung des Mittelstandes geschaffen werden sollte.
Wie Marcel Sauber uns erklärte, soll mit dem neuen Rahmengesetz entschlossen eine Politik fortgesetzt werden, die den Mittelstand ermutigt, die Beschäftigung verstärkt und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe verbessert.
103 Prozent Steigerung innerhalb von fünf Jahren
Dass die Konzeption des Mittelstandsgesetzes von 1968 gut war, dessen Orientierung stimmte und auch die finanziellen Investitionen der öffentlichen Hand die Klein- und Mittelbetriebe bei der Lösung ihrer Anpassungsprobleme effizient begleiteten, zeigt nicht zuletzt nachfolgende, von Berichterstatter Marcel Sauber aufgestellte Bilanz. Abgesehen von den allgemeinen steuerlichen Maßnahmen und auch jenen zur Förderung der Investitionen kannten die in dem jeweils immer um fünf Jahre verlängerten Rahmengesetz vorgesehenen Förderungsinstrumentarien einen ständig zunehmenden Erfolg. Sie reichten von Kapital- und Zinssubventionen über Staatsgarantien und technischen Beistand bis zu Sparprämien für Erstniederlassungen.
Wurden in der ersten Periode (1968-1972) 433 Dossiers behandelt und 62 724 008 F an Hilfen bewilligt, so erreichten sie im Zeitraum 1993-1997 einen Höchststand von 2 966 Investitionsvorhaben und 1 390 172 142 F an Unterstützungsgeldern aus der Staatskasse.
Beeindruckend zeigt sich besonders die Entwicklung der Investitionen innerhalb der drei letzten Jahre im Mittelstandssektor. Sie stiegen von 4,138 Mrd. F im Jahre 2001 auf 6,480 Mio. F im darauffolgenden Jahr und auf 7,423 Mio. F im vergangenen Jahr.
Dynamismus, Risikobereitschaft und Anpassungsvermögen
Innerhalb von drei Jahren bedeutete dies eine Steigerung von 78 Prozent und auf fünf Jahre gerechnet sogar von 103 Prozent.
Diese Zahlen sind nicht abstrakt zu sehen, so Marcel Sauber, sondern in ihrer wirklichen Tragweite. Dass, wie 2003 geschehen, fast 7,5 Mrd. F an Investitionen in einer Zeit der wirtschaftlichen Verlangsamung getätigt wurden, zeuge einwandfrei von dem Dynamismus, der Risikobereitschaft und dem Anpassungsvermögen und -wunsch des Mittelstandes.
54 Prozent der Investitionen entfielen auf das Handwerk, 33 Prozent auf den Handel und 13 Prozent auf das Gaststättengewerbe.
Für Berichterstatter Marcel Sauber kann kein Zweifel an der Bedeutung der Klein- und Mittelunternehmen für das wirtschaftliche, sozialpolitische, erzieherische und gesellschaftspolitische Gefüge in Luxemburg bestehen.
Sieben Schwerpunkte
Laut Darstellung des parlamentarischen Berichterstatters umfasst das neue Gesetz für den Mittelstand sieben Schwerpunkte. Im allgemeinen Rahmen der Hilfsmaßnahmen sind dies Innovationen beim Kreis der Benefizienten und bei den Investitionen, die je nach Betriebsgröße abgestufte Behandlung und die Intensität der maximalen Beihilfen. Es folgen initiale Investitionsbeihilfen für Betriebsgründer sowie spezifische Fördermittel für Investitionen im Bereich des Umweltschutzes und der rationellen Nutzung von natürlichen Ressourcen. Besonders gefördert werden außerdem Investitionen auf dem Gebiet der Innovation, der Forschung und der Entwicklung sowie der Lebensmittelsicherheit. Ein abweichendes Regime gibt es für die Höchstgrenzen der staatlichen Zuschüsse. Verändert werden schließlich auch die Form und die Zuteilung der Fördergelder.
Zusammenfassend hierzu meint Marcel Sauber: “Es wird nicht nach dem Gießkannen-Prinzip verfahren, sondern unterstützt werden nur gut geführte Betriebe.” Und weiter: “International erhält Luxemburg durch das neue Gesetz die performanteste Förderungsstruktur im Vergleich zu allen EU-Staaten.”
Genaue Bedingungen und viele Neuerungen
Viele Ausführungsbestimmungen des neuen Rahmengesetzes werden über den Weg von großherzoglichen Reglementen definiert. Allerdings sind die Grundbedingungen genau vorgegeben.
Um Hilfen bekommen zu können, müssen der Beruf des Investors anerkannt werden, die Investitionen der Förderung der Schaffung, der Übernahme, dem Ausbau, der Modernisierung und der Rationalisierung des Unternehmens dienen sowie nicht zuletzt die Investitionen sich in die Struktur der wirtschaftlichen Aktivitäten des Landes einschreiben.
Waren früher nur materielle Investitionen möglich, so umfasst das neue Gesetz auch immaterielle Investitionen, wie beispielsweise Patentrechte, Lizenzen und nicht patentiertes technisches Know-how. Staatlicherseits unterstützt werden neuerdings auch der Rückgriff auf die Dienste von auswärtigen Beratern und die Beteiligung an Messen und Ausstellungen.
Im Einklang mit den reglementarischen Vorschriften der EU über die Beihilfen gelten in Zukunft als mittlere und kleinere Unternehmen jene Betriebe, die weniger als 250 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von 40 Mio. Euro verzeichnen, d.h. das Total ihrer Jahresbilanz darf 27 Mio. Euro nicht übersteigen. Kleinbetrieb ist derjenige, dessen Personalbestand unter 50 liegt und dessen Jahresumsatz weniger als 7 Mio. Euro ausmacht.
Wohl sind die Höchstbeträge bei materiellen und immateriellen Anlagen auf 7,5 Prozent des Investitionsvolumens bei Klein- und Mittelunternehmen bzw. 15 Prozent bei kleineren Betrieben beschränkt, doch gibt es im Gegenzug eine ganze Reihe von spezifischen Zuschüssen für die unterschiedlichsten Investitionsbereiche.
Luxemburger Wort vom 06.05.2004