Braucht Luxemburg eine Universität? Eine viel diskutierte Frage! Dich eines steht fest: Damit Luxemburg auf der Europäischen Landkarte der Universitäten einen angemessenen Platz findet, müssen neue Wege beschritten werden. Das Vorhaben von Ministerin Erna Hennicot-Schoepges wird nicht nur diesen Überlegungen gerecht. Das Projekt “Uni Lëtzebuerg” wird auf mehreren Ebenen für neue Impulse sorgen so u.a. im Bereich der Forschungsarbeiten wie auch bei der Lehrerausbildung. Wir interviewten die Ministerin zu ihrem Vorhaben.
Profil fragte die Ministerin für Hochschulwesen Erna Hennicot-Schoepges.
Profil: “Warum eine Universität für Luxemburg?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Im Jahre 2000 vereinbarten die Staatschefs auf dem EU Gipfel von Lissabon, Europa bis zum Jahre 2010 zum wettbewerbsfähigsten Kontinent zu machen, und so den Weg in die Wissensgesellschaft zu beschreiten. Eine Epoche, die geprägt ist durch Veränderungen, kann nicht länger auf Lösungen spekulieren, die in der Vergangenheit zum Erfolg führten. Wir müssen den Mut aufbringen, heutige Probleme durch innovative und kreative Strategien zu entziffern. Solche entspringen aus den fruchtbaren Feldern einer Universität.”
Flexibel auf Entwicklungen reagieren
Profil: “Wie reiht sich die Universität Luxemburg in europäische Entwicklungen ein?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Ich habe versucht ein modernes Gesetz zu schreiben. Dabei habe ich mich an internationalen Entwicklungen orientiert. Der Bologna Prozess umfasst zur Zeit 31 Staaten Europas, die alle versuchen ein transparentes Hochschulsystem mit stringenter Qualitätssicherung zu errichten. Mit dem Gesetz wollten wir sicherlich, wenn nicht eine Vorreiterrolle spielen, dann doch zumindest vorne mitmischen. Als ich 1999 die Bologna Deklaration unterschrieb, war ich mir voll bewusst, welch eine Chance dies für unser Land sein könnte. Dies ist die erste Universität des XXI. Jahrhunderts und sie muss flexibel auf diese Entwicklungen reagieren.”
Profil: “Wie soll dieses transparente europäische Hochschulsystem aussehen?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Die Unterzeichner der Bologna Deklaration haben sich verpflichtet, bis 2010 ihre Studiengänge in drei Zyklen aufzuteilen, die folgende Abschlüsse haben: bachelor, master und PhD. 28 Länder haben jetzt schon ihre Gesetzgebung dahingehend geändert, dass sie diese neue Strukturierung in ihrer Universitätslandschaft umsetzen können. Ein weiteres Merkmal dieses Prozesses ist, dass man Studiengänge nach Modulen und nach dem European Transfer Credit System organisiert. Die Definition eines Zyklus beruht nicht mehr so sehr auf einer Dauer, als auf Zielen, die erreicht werden sollen. So kann beispielsweise ein Bachelor Programm drei oder vier Jahre dauern. Die Universität Luxemburg wird dieses System und dessen Diplome übernehmen.”
In Netzwerken funktionieren
Profil: “Kann der Luxemburger Student weiterhin im Ausland studieren?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Natürlich, er muss es sogar. Die Universität setzt auf Mobilität; jeder Student muss einen Teil seines Studiengangs an einer Partneruniversität im Ausland absolvieren. Die Universität Luxemburg wird in Netzwerken funktionieren. Des Weiteren sei hervorgehoben, dass die Universität nicht alle Studiengänge anbieten wird. Viele Luxemburger Studenten werden weiterhin im Ausland ausgebildet werden.”
Profil: “Was geschieht mit dem ISERP und dem IST?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Wir wollen die Lehrgänge, die an beiden Instituten angeboten werden, reformieren und in die Universität integrieren. Eine Universität hat auch eine nationale Rolle zu spielen. Dies ist in diesen beiden Bereichen wichtig. So gibt es zum Beispiel im Pflichtschulbereich die Luxemburger Spezifizität des Sprachenerwerbs. Diese Problematik muss an der Universität angegangen und erforscht werden. Also müssen wir Lehre und Forschung für das Luxemburger Schulwesen auch hier ansiedeln. Was die Lehrgänge des IST angeht, so bin ich er Meinung, dass Technologie ihren Platz an der Universität hat. Es ist ein europäischer Trend, professionnell ausgerichtete Studiengänge und akademische Programme an derselben Institution anzubieten. Heute schon werden, was die Anerkennung angeht, bei Masterdiplomen keine Unterschiede mehr gemacht. Eine Integration der Lehrgänge, die heute am IST angeboten werden, ist für mich der einzig gangbare Weg. Man stelle sich vor, wir ließen diese Programme außen vor. Ich befürchte, dies würde das Ende einiger dieser Programme bedeuten.”
Profil: “Was unterscheidet die Universität von den Centres de Recherche Publics?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Beide Einrichtungen sind komplementär. Die öffentlichen Forschungseinrichtungen können auf eine kurze aber intensive Vergangenheit zurückblicken. Sie sind im Technologietransfer tätig und sind dadurch eine wichtige Stütze für unsere Wirtschaft. Die Universität verknüpft Lehre und Forschung und ist eher an einer Basisforschung interessiert; somit ist sie ein wichtiger Zulieferer für die CRPS, denn ohne Grundlagenforschung kann Technologietransfer nicht stattfinden. Beide zusammengenommen ebnen uns den Weg in die Wissensgeschallschaft.”
Solide Grundfinanzierung
Profil: “Wie steht es mit der finanziellen Ausstattung der Universität?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Wir haben in den letzten Jahren eine solide finanzielle Basis geschaffen. In Zeiten, als die Wirtschaft boomte, haben wir hohe Steigerungsraten im Hochschulwesen verzeichnet, so dass wir jetzt auf eine solide Grundfinanzierung zurückgreifen können. Des Weiteren bestimmt ein Vierjahresplan die Entwicklung der Universität. Die Regierung kann somit jeder Zeit bestimmen, wie viele Geldmittel sie der Universität zur Verfügung stellt.
Die Universität als “établissement public” wird auch auf andere Geldquellen zurückgreifen können. Sie muss in ihren Forschungsprojekten offen sein zur Industrie, oder zur Wirtschaft im allgemeinen. Eine der großen Herausforderungen der Universitäten wird sein, wie man Partnerschaften zwischen Industrie und Hochschule organisieren wird. Zur Zeit läuft ein Pilotprojekt, das Doktoratsstudiengänge an der Schnittstelle zwischen Industrie und Universität ansiedelt.”
Profil: “Im Dezember 2002 wurde das Gesetz, das die Universität schaffen soll, im Parlament deponiert. Wann können wir damit rechnen, dass es im Parlament zum Votum kommt?”
Ministerin Erna Hennicot-Schoepges: “Ich habe die äußerst konstruktive Stellungnahme des Staatsrates erhalten und gehe jetzt davon aus, dass dieses Gesetz noch vor der Sommerpause gestimmt werden kann! Viel Vorarbeit wurde in der parlamentarischen Kommission schon geleistet, und die Zeit ist jetzt reif, um mit Hilfe des Rahmengesetzes, konkret an die Umsetzung zu gehen.”