Drei Fragen an Mittelstandsminister Fernand Boden.
Profil: “Herr Minister, im Laufe der Parlamentsdebatten zur Lage der Nation wurde von Oppositionsseite, so u.a. von LSAP-Fraktionschef Krecké, die Behauptung aufgestellt, in der Mittelstandspolitik habe sich wenig bewegt. Was sagen Sie zu dieser Aussage?”
F. Boden: “Eigentlich wundert es mich schon, dass ausgerechnet aus dem unternehmerunfreundlichsten Lager der Luxemburger Politik solche Kritik kommt, zumal sie doch völlig unfundiert ist. In der laufenden Legislaturperiode wurde nämlich mit Nachdruck an einer kompletten Reform der gesamten Mittelstandsgesetzgebung gearbeitet. Ich weise auf das neue Gesetz über den Zugang zum Beruf des Transportunternehmers hin, sowie auf die neue Gesetzgebung über die Geschäftspraktiken und die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Beide Gesetze wurden im Juli letzten Jahres von der Kammer verabschiedet.
Ebenfalls in nicht rein mittelstandspolitischen Bereichen sind wichtige Neuerungen eingetreten, so z.B. die weitgehenden Steuerreformen oder die Vereinfachung im Bereich der Commodo-Incommodo-Genehmigungen. Außerdem sind mit der tiefgreifenden Reform des Niederlassungsrechts sowie der kompletten Novellierung des Rahmengesetzes über die staatlichen Beihilfen an mittelständische Unternehmen zwei fundamental wichtige Projekte auf dem Instanzenweg.”
Mittelstand wird gefördert
Profil: “Nun gibt vielleicht die Tatsache, dass diese beiden Projekte erst kürzlich auf den Instanzenweg geschickt wurden, Anlass zu Kritik?”
F. Boden: “Zuerst einmal möchte ich feststellen, dass die Neuauflage des Aktionsplans zur Förderung der mittelständischen Unternehmen, im Zuge derer die vorgenannten Reformvorhaben beschlossen wurden, im Jahre 2001 vorgestellt wurde. Doch auch abgesehen davon scheinen die Sozialisten nach vier Jahren Opposition vergessen zu haben, dass es bei der Ausarbeitung solch grundlegender Reformen ein Mindestmaß an Vorbereitungsarbeit und Konsultierung bedarf. Nehmen wir das Beispiel der Reform der Berufsbilder des Handwerks.
Wir haben diese Novellierung, die grundlegende Veränderungen mit sich bringt, u. a. die Verschmelzung bisher getrennter Berufszweige oder neue Klassifizierungen in Haupt- und Nebenberufe, in Konzertierung mit den Vertretern des Handwerks vollzogen und somit einen Text ausgearbeitet, der erstens ausgereift ist und zweitens auf den Konsens des betroffenen Berufsstandes zählen kann. Daher kann ich die erwähnte Kritik nicht nachvollziehen. Ich glaube jedenfalls an die Effizienz guter Vorbereitungsarbeit. Aber vielleicht gefällt dem sozialistischen Fraktionschef die Vorgehensweise seiner deutschen Genossen besser, die die Handwerkerschaft mit ihren Vorschlägen völlig überrumpelt und dafür herbe Kritik seitens der Betroffenen geerntet haben. Das ist natürlich auch eine Frage des politischen Stils.”
Wettbewerbsfähigkeit ausbauen
Profil: “Was geschieht in Richtung Förderung der Investitionen und des Unternehmertums im Sektor des Mittelstandes?”
F. Boden: “Eine der wichtigsten Fragen für unsere KMU’s liegt sicherlich in der Finanzierung vitaler Investitionen, die für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe unabdingbar sind, sei es bei der Betriebsgründung oder bei strategischen Entscheidungen über Ausbau oder Diversifizierung der Aktivitäten.
Was das Startkapital angeht, so ist, zusätzlich zu den bestehenden großzügigen Starthilfen, im März 2003 eine richtungsweisende betriebsfördernde Maßnahme in Kraft getreten, der sogenannte “prêt de démarrage”, welcher vom Mittelstandsministerium in die Wege geleitet wurde und von der SNCI verwaltet wird. Hier erhalten Jungunternehmer, die nicht über das genügende Eigenkapital verfügen, die Möglichkeit, zu attraktiven Bedingungen ein Darlehen zu erhalten, das bis zu 40 % ihrer erforderlichen Investitionen abdeckt, ohne sich dafür mit einer Hypothek belasten zu müssen. Das gibt ihnen die Möglichkeit, diese Sicherheiten für die Privatfinanzierung aufzusparen.
Des Weiteren wurde ein völlig neuer Gesetzestext über staatliche Beihilfen für mittelständische Unternehmen ausgearbeitet, der die jetzige investitionsfördernde “loi-cadre” von 1968 ersetzen soll. Es handelt sich auch hier um eine umfangreiche Reform, die wichtige Akzente in der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Luxemburger Mittelstandes setzen soll. Das Reformprojekt, das am 20. Mai dieses Jahres in der Abgeordnetenkammer deponiert wurde, bringt entscheidende Neuerungen mit der Zielsetzung, qualitative, zukunftsweisende und nachhaltige Investitionen zu fördern. So sollen in Zukunft nicht nur materielle sondern auch immaterielle Investitionen, z.B. für Lizenzen und Patente, bei der Vergabe staatlicher Beihilfen berücksichtigt werden.
Des Weiteren sollen Investitionen in energiesparende und sonstige umweltverträgliche Maßnahmen, in Forschung und Entwicklung sowie im Bereich der Lebensmittelsicherheit gezielter und stärker unterstützt werden. Ein weiteres Novum ist, dass nicht nur Betriebe aus Handel und Handwerk, sondern auch Freiberufler, die dem Niederlassungsgesetz von 1988 unterliegen, in den Genuss staatlicher Fördermittel kommen sollen. Denn auch hier sind Investitionen wichtig, werden Arbeitsplätze geschaffen. Das neue Kadergesetz wird somit ein ganzheitliches Mittelstandsförderungsgesetz sein.”