Interview Premierminister Jean-Claude Juncker, das am vergangenen Freitag das deutsche Radio NDR Info ausstrahlte. In dieser Sendung bezog der Luxemburger Premier in erster Linie Stellung zu den vom europäischen Konvent vorgeschlagenen Reformen der EU-Institutionen. Hier einige Auszüge des Interviews, die ebenfalls im “Lëtzebuerger Journal” vom 29. April 2003.
NDR Info: “Herr Juncker, sind Sie denn auch dafür, dass die EU griffiger und effizienter sein sollte?”
Juncker: “Ich bin für eine effizientere EU. Ich bin für eine EU, die verständlicher ist. Aber dann muss man auch Vorschläge machen, die in diese Richtung führen, und nicht Vorschläge, die eigentlich die Ineffizienz im Verständnis noch steigern werden.”
NDR Info: “Ja, aber eine kleinere Kommission, ein ständiger Präsident – das wären doch effektive Vorschläge, oder?”
Juncker: “Das sieht auf dem Papier gut aus. Wer sich aber in der Europäischen Union, in der internen EU-Küche auskennt, wer um die Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung weiss, der weiss auch, dass dies nicht der Weg ist, den man beschreiten sollte. Einen EU-Ratspräsidenten ausserhalb des Europäischen Rates zu wählen – der wird eigentlich nicht jemand sein, der europäische Positionen beeinflussen kann, vortragen kann, sondern er wird eigentlich ein Lautsprecher: Jemand, der Herrn Bush oder sonst jemandem zum Geburtstag anrufen kann, aber nicht jemand, der europäische Entscheidungen vortragen kann. Wir haben mit der bisherigen, alle sechs Monate wechselnden, rotierenden Präsidentschaft gute Erfahrungen gemacht (….)”
NDR Info: “Was machen Sie denn für einen Vorschlag für eine straffere Ratspräsidentschaft und eine straffere Kommission, Herr Juncker?”
Juncker: “Es kommt im Wesentlichen darauf an, dass wir die Gemeinschaftsmethode verstärken. Das heisst, dass in allen relevanten Politikfeldern die Europäische Kommission Vorschläge macht, der Minister, das Parlament diese Vorschläge verabschieden, die dann wiederum von der Europäischen Kommission umgesetzt werden. Aber die inter-gouvernementale Methode, die soll jetzt im Vorschlag von Giscard Vorfahrt vor der Gemeinschaftsmethode kriegen. Das heisst, dass die nationalen Regierungen wie eigentlich in einer internationalen Diplomatenkonferenz über die Geschicke der Europäischen Union quasi im Alleinverfahren bestimmen. Und deshalb sind wir der Auffassung, dass man die Gemeinschaftsmethode, also eine die Integration weiterführende Methode stärken sollte. (….)”
NDR Info: “Bis Juni will ja Giscard sein Konzept für eine EU-Verfassung präsentieren. Bei all den Änderungswünschen, die es da gibt: Sollte er sich stattdessen noch ein bisschen mehr Zeit lassen?”
Juncker: “Nein, ich bin nicht der Meinung, dass man sich mehr Zeit lassen soll. Man muss eine Basisoption treffen. Geht man in Richtung Verstärkung der Gemeinschaftsmethode, also in Richtung mehr Europa, oder akzeptiert man das Risiko der inter-gouvermentalen Methode. Also, wir sind eben der Meinung, ich wiederhole das: die Gemeinschaftsmethode ist der Weg.”