Globalisierung contra 1. Mai?

Ein Kommentar von Paul Weimerskirch zum 1. Mai.

Die Globalisierung steht für die Liberalisierung des Welthandels, den Abbau von Handelsschranken und den freien Fluss von Waren. An sich nichts Negatives. Doch in der Regel erweckt Globalisierung den Eindruck, dass es sich ausschließlich um ein wirtschaftliches Phänomen handelt. Die Akteure der Globalisierung scheinen vorwiegend internationale Konzerne und Gesellschaften zu sein. Die politischen, vor allem jedoch die sozialen Gegengewichte sind schwer auszumachen. Der Mensch scheint als Zuschauer, gar als inaktiver Zaungast am Rande zu stehen.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Globalisierung nur dann für den Menschen eine Chance darstellt, wenn die wirtschaftlichen Aspekte durch soziale Elemente gesteuert werden. Wenn die wirtschaftliche Globalisierung also durch eine Globalisierung des sozialen Fortschritts ergänzt wird. Daher schreibt die CSV im neuen Grundsatzprogramm: “Die wirtschaftliche Globalisierung braucht eine Globalisierung des sozialen Fortschrittes.”

Die Basis

Das Beispiel Luxemburg zeigt, dass Gleichgewichte zwischen den Bedürfnissen der Menschen und den Interessen der Wirtschaft immer wieder hergestellt werden können. Seit Jahren erleben wir, dass in Luxemburg ein Wirtschaftswachstum mit einem kontinuierlichen sozialen Fortschritt einhergeht. Die Basis für diese positive Entwicklung und Symbiose gründet in einer Politik des Sozialdialogs. Ein Sozialdialog, der auch weiterhin die Politik prägen soll.

In einer globalen Wirtschaftswelt muss daher ebenfalls das Soziale zum Ausdruck kommen: durch eine Globalisierung des sozialen Fortschrittes. Zuerst auf europäischem Niveau. Durch das Einrichten eines europäischen Sozialmodells und das Einführen sozialer Mindeststandards. Dies verbunden jedoch mit der gleichzeitigen Sicherstellung, dass die erreichten Standards der sozial starken Länder nicht abgebaut werden dürfen.

Über die Grenzen

Das Gleiche gilt auch, wenn wir über die europäischen Grenzen hinaus sehen. Das ergibt sicherlich zum Teil neue Herausforderungen, denen es sich zu stellen gilt. Einerseits muss die Politik jenen, die die totale Liberalisierung befürworten, klarmachen, dass kurzfristige Gewinne für sie und eine soziale Schwächung der Gesellschaft letztlich nur wieder Verluste für die Wirtschaft bringen. Andererseits müssen die Länder trachten, dass sie im internationalen Wettbewerb als wirtschaftlicher Standort anerkannt werden.

Auch Luxemburg muss sich diesem harten Wettbewerb stellen, ohne dass dadurch der Weg in Richtung wilde Deregulierung oder grenzenlosen Liberalismus eingeschlagen wird, ohne dass das Soziale auf der Strecke bleibt. Eben durch eine Globalisierung des sozialen Fortschrittes, der ebenfalls bedeutet, dass bei allem internationalen Wettbewerb auch der Staaten untereinander ein System der sozialen Gerechtigkeit aufgebaut wird.

Deshalb ist es auch wichtig die OIT, die internationale Arbeitsorganisation in Genf, zu stärken und ihre Vorstellung des “decent work” in allen Ländern allgemein verbindlich zu machen. Ein weiterer wesentlicher Beitrag dazu ist der weitere Ausbau der Entwicklungshilfe.

Konsequenter Ausbau

Über die Grenzen Europas hinaus bedeutet die Globalisierung des sozialen Fortschritts ein klares und eindeutiges Bekenntnis zum konsequenten Ausbau der Entwicklungshilfe. Luxemburg leistet in diesem Bereich bereits Beträchtliches. Die Entwicklungshilfe stieg in den letzten Jahren kontinuierlich auf rund 0,85% des Bruttoinlandproduktes. Damit ist Luxemburg absolute internationale Spitzenklasse. Nämlich eines von nur fünf Ländern, die mehr als 0,7% ihres nationalen Reichtums für die Dritte Welt aufbringen.

Die Bedeutung und die Ziele der Entwicklungshilfe werden im CSV-Grundsatzprogramm daher mit Nachdruck definiert: “Frieden, Freiheit und Stabilität in der ganzen Welt hängen mehr denn je davon ab, wie erfolgreich die Partnerschaften im Rahmen der Kooperationspolitik gestaltet und ausgebaut werden können”. Weitere Stichwörter sind diesbezüglich die Gestaltung eines fairen Handelssystems, der Ausbau der medizinischen Versorgung, die Unterstützung demokratischer Prozesse, die Förderung der Rechte der Frauen, der Aufbau von Selbstversorgungsstrukturen (Hilfe zur Selbsthilfe), der Schutz der natürlichen Ressourcen.

Es kann nicht sein, dass um Luxemburg oder gar um Europa herum ein Zaun gezogen wird und dass wir vor den Entwicklungen, die außerhalb unseres Kontinents stattfinden, die Augen einfach verschließen.

Die Globalisierung des Sozialen Fortschritts ist daher eine prioritäre Sorge der CSV. Sie ist nicht nur Ausdruck der Mitmenschlichkeit und Solidarität. Sie ist eine Notwendigkeit. Mehr denn je, in einer globalen Welt.

Der 1. Mai ist nicht nur ein Erinnerungs- und Bekenntnistag zum Begriff Arbeit; vielmehr ist er auch ein Symbol dafür, dass Arbeit und sozialer Fortschritt im Land und in allen Ländern untrennbar miteinander verbunden sind.