Luxemburger Wort-Interview mit dem Berichterstatter zur Orientierungsdebatte über die Wohnungsbaupolitik.
Am 19. März wird sich die Abgeordnetenkammer in einer Orientierungsdebatte mit der Wohnungsbaupolitik befassen. Über ein Jahr war der zuständige Parlamentsausschuss mit den Vorarbeiten beschäftigt, die in einen über 100 Seiten schweren Bericht von Norbert Haupert mündeten. Im Interview mit dem Journalisten Marc Schlammes im “Luxemburger Wort” vom 4. März 03 erläuterte der CSV-Politiker die Schwerpunkte dieser Arbeit.
“Der Erwerb eines Eigenheimes ist zu teuer und der Anteil an Mietraum beim sozialen Wohnungsbau reicht nicht aus”, skizziert Norbert Haupert (CSV) die beiden wesentlichen Probleme im hiesigen Wohnungsbau.
Ist-Zustand im Wohnungsbau unter die Lupe
Luxemburger Wort: “In Ihrem Bericht haben Sie den Ist-Zustand im Wohnungsbau unter die Lupe genommen. Zu welchen Feststellungen kommt die Kommission?”
Norbert Haupert: “Die Lage im Wohnungsbau zeichnet sich hier zu Lande durch zwei wesentliche Merkmale aus: Bau und Erwerb eines Eigenheimes sind generell zu teuer und im sozialen Wohnungsbau mangelt es an Mietraum. Die Regierung hat diese Probleme erkannt und versucht nun gegenzusteuern, durch ein steuerliches Maßnahmenpaket, das vorigen Sommer verabschiedet wurde, und durch den Bau von rund 9 000 Sozialwohnungen über den nächsten Fünf-Jahres-Plan.
LW: “Die These “Bauen in Luxemburg ist teuer” wird demnach bestätigt?”
N. Haupert: “Aus den uns vorliegenden Zahlen kann man herauslesen, dass der Preis für ein Einfamilienhaus in den vergangenen zehn Jahren um 45 Prozent anstieg, bei einer Apartmentwohnung lag diese Rate bei zwölf Prozent. Dass die Grundstücke die Preise in die Höhe treiben, belegt die Tatsache, dass in den vergangenen fünf Jahren offiziellen Angaben zufolge beim Bauland ein Anstieg von 32 Prozent verzeichnet wurde.”
Die wesentlichen Anliegen
LW: “Im Laufe der vergangenen Monate kam der Ausschuss mit vielen Vereinigungen aus der Baubranche zusammen. Welches waren deren wesentliche Anliegen?”
N. Haupert: “Ein Punkt, der als besonders reformbedürftig angesehen wird, sind die zu langen und schwerfälligen Prozeduren. Zwischen der Absicht, ein Gelände zu erschließen, und der Genehmigung durch Gemeinderat und Ministerium vergehen in der Regel zu viele Jahre.”
LW: “Also sind auch der Innenminister und die Gemeinden gefordert?”
N. Haupert: “Michel Wolter hat ja bereits angekündigt, die Prozeduren im Rahmen der Gesetzgebung von 1937 zu überarbeiten, beispielsweise beim plan d’aménagement particulier. Ein anderer Ansatzpunkt des Ministers ist die Bebauungsdichte. Jüngst hat er sich ja gegen ein Lotissement in Monnerich aufgrund unzureichender Dichte ausgesprochen.”
Der Spielraum der Gemeinden
LW: “Für die Gemeinden stellt sich zusätzlich die Frage der Infrastrukturen, die parallel zur Erschließung von Wohngebieten anfallen, beispielsweise Schulen.”
N. Haupert: “Viele Gemeinden reagieren mittlerweile sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, weiteres Bauland zu erschließen. Sie sehen die Folgekosten, die aus baulichen Begleitmaßnahmen entstehen, und wollen sich nicht auf finanzielle Abenteuer einlassen. Diese Zurückhaltung bei den Gemeinden kann nur dann gelöst werden, wenn sich der Staat dazu bereit erklärt, die Finanzierung in verstärktem Maße mitzutragen.”
LW: “Alles in allem verfügt Luxemburg über ausreichend ausgewiesene Baufläche. Das Problem liegt jedoch bei der Nutzung dieser Areale zu Bauzwecken.”
N. Haupert: “Hier muss man abwarten, wie sich die steuerlichen Vergünstigungen der Regierung auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch verfrüht, hier eine erste Bilanz zu ziehen. Daneben sollte man nicht übersehen, dass zahlreiche Gelände zwar Bestandteil des Bauperimeters sind, jedoch noch einer anderen Bestimmung dienen: Sie werden von den Bauern als landwirtschaftliches Areal genutzt und stellen die Grundlage ihres Betriebes dar. Womit die Aussage, Luxemburg verfüge über ausreichend Bauland, relativiert wird.”
Die Lage der Baubranche
LW: “Inwieweit wird die wirtschaftliche Verlangsamung, wie sie das Land seit einem halben Jahr verspürt, die Baubranche beeinflussen?”
N. Haupert: “Die Bauunternehmen geben sich optimistisch. Würden sämtliche sich in Planung befindlichen Bauvorhaben realisiert, haben sie für die nächsten vier, fünf Jahre Arbeit. Vorausgesetzt, die administrativen Prozeduren verlaufen planmäßig. Was die Auftraggeber angeht, so bleibt der Drang nach einem Eigenheim immer noch groß. Die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung führt vielleicht dazu, dass bei der Verwirklichung des Traumes eine Reihe von Abstrichen gemacht wird. Andererseits sollte man aber auch sehen, dass die Zinssätze für Darlehen auf ein äußerst günstiges Niveau gesunken sind.”
LW: “Welche zusätzlichen Maßnahmen sind denn nun nötig, um die angespannte Lage am Wohnungsmarkt zu entschärfen?”
N. Haupert: “Ich sehe da drei Ansatzpunkte: den Preisdruck auf dem Baugelände reduzieren. Durch die Schaffung einer Grundstücksreserve könnten Staat und Gemeinden das Angebot steigern und demzufolge auf die Preise einwirken. Dann muss, wie schon erwähnt, im Bereich des sozialen Wohnungsbaus agiert werden und schließlich die Mietgesetzgebung angepasst werden. Der Mieter genießt heutzutage einen solchen Schutz, dass es für einen potenziellen Vermieter einfach uninteressant ist, sein Haus oder seine Wohnung zu vermieten.”