Der Nationalkongress der Christlich Sozialen Frauen (CSF) zog Bilanz und erneuerte Vorstand: Christine Doerner mit grosser Mehrheit wiedergewählt.
(PaW) Auch wenn in Luxemburg die Frauenpolitik kein Mauerblümchendasein führe und mit der Schaffung eines Frauenministeriums sowie durch die frauenpolitisch orientierten Arbeiten im Parlament richtungsweisende Schritte einer kohärenten Frauenpolitik in vielen Bereichen möglich wurden, so gelte es dennoch den eingeschlagenen Weg weiter und konsequent zu beschreiten, damit die in der alltäglichen Wirklichkeit immer noch bestehenden Vorurteile, Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten abgebaut werden können.
Die Gestaltung dieser Politik wolle man mit allen Interessierten erörtern, so die Delegierten der Christlich Sozialen Frauen, anlässlich des ordentlichen Nationalkongress, der am Dienstag abend in der Rotonde auf Limpertsberg stattfand. Im Mittelpunkt der Kongressarbeiten standen die Bilanz der vergangenen Monate und die Erneuerung des Vorstandes.
Bilanzen auf nationaler und internationaler Ebene
Die Tätigkeitsberichte unterstrichen ein umfangreiches Aktionsprogramm der CSF. Generalsekretärin Lorry Barra, präsentierte die Bilanz der CSF auf nationaler Ebene. Organisiert wurden Diskussionsforen und Bildungsabende. Die politischen Schwerpunkte lagen dabei im Bereich der neuen Formen des Zusammenlebens, des Scheidungsrechtes, der Ausbildungswege für Frauen, die sich wieder ins Berufsleben integrieren wollen, der arbeitsrechtlichen Situationen von Frauen, der Einführung der Erziehungszulage und anderer sozialpolitischer Fragen. Im Jahre 2003 wird die CSF das 50jährige Jubiläum feiern.
Alice Fournelle-Molitor, Vizepräsidentin der EVP-Frauen, berichtete über die internationalen Beziehungen und Aktivitäten der CSF im europäischen Raum. Nach ausführlichen Gesprächen mit den Frauen aus Marokko beabsichtigen die Frauen der Europäischen Volkspartei (EVP) weitere Kontaktaufnahmen mit Frauenorganisationen aus Tunesien, aus Israel und Palestina. Weltliche Gesetze, die den Bestimmungen des Korans nicht wiedersprechen dürfen, verhindern bislang den Aufbau eines gesellschaftlichen Status der Frauen in moslemischen Gesellschaften.
Auf dem EVP-Kongress in Estoril forderten die EVP-Frauen dass das Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau im Konventpapier zum Ausdruck komme.- Ein internationales Kolloquium in Rom, an dem Vertreterinnen aus 26 Ländern teilnahmen, befasste sich mit den brennenden Themen des Menschenhandels und der Prostitution. Die Berichte wurden einstimmig angenommen.
Der neue Vorstand
Christine Doerner, die als Notarin arbeitet, in Strassburg Jura studierte und im Bettemburger Gemeinderat ist, wurde in ihrem Amt als Nationalpräsidentin der CSF bestätigt. Des Weiteren wurden gewählt: Alice Fournelle-Molitor, Giny Maas-Schanen und Karin Modert (Bezirk Zentrum), Lory Barra-Wilhelm, Suzy Frantzen und Annette Kemp-Klemann (Bezirk Süden), Sylvie Bisdorff und Mireille Schmit, ép. Reuter (Bezirk Norden) sowie Maryse Demuth-Raus und Marthy Schmitz-Nilles (Bezirk Osten). Der Vorstand wird durch die Delegationen aus den Bezirken komplettiert.
Rolle der Frau in Politik und Gesellschaft
Christine Doerner beleuchtete in ihrer Rede den Stellenwert der Frauen in der CSV. In vielen Gremien und auf wichtigen Positionen tragen Frauen Verantwortung in der Partei. Mit der statutarisch festgeschriebenen Quotenregelung sei zudem ein zusätzlicher Schritt auf dem Weg der Parität unternommen worden. Mit Energie plädiere die CSF innerhalb und außerhalb der CSV für diese Politik der Gleichberechtigung.
Die Schaffung von kommunalen Chancengleichheitskommissionen und die Einführung einer Paritätenregelung in anderen beratenden Kommissionen wertete sie als notwendige Konsequenz richtig verstandener Politik der Chancengleichheit. Die kommenden Wahlen sollen mit Zuversicht und Engagement begegnet werden. Mit Worten des Dankes an die Parteipräsidentin Erna Hennicot-Schoepges – sie habe innerhalb der CSV eine beispielhafte Arbeit geleistet – schloss Christine Doerner ihre Rede.
Die Rolle von Frauen in Politik und Gesellschaft war Gegenstand der Rede von Frauenministerin Marie-Josée Jacobs. Sie ging ein auf internationale Konventionen betreffend die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung und die in Luxemburg bereits verzeichneten Fortschritte bei der Umsetzung dieser Konventionen, verbunden mit dem Ziel der Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern. Die am 2 Februar 1989 ratifizierte Konvention stelle fest, dass Frauen immer noch erheblich diskriminiert werden, trotz der Annahme verschiedener internationaler Texte, in denen die Gleichberechtigung gefordert werde. Dadurch würden Frauen daran gehindert, vollständig am politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilzunehmen. Wenn es zur vollen Gleichberechtigung von Frauen und Männern kommen solle, müsse sich demnach die traditionelle Rolle des Mannes wandeln.
Chancengleichheit eben nicht nur fordern, sondern fördern
Frauenministerin Marie-Josée Jacobs erinnerte diesbezüglich an die Initiativen der Regierung zur allgemeinen Frauenförderung, so u.a. aufs Bildungsebene, im politischen und öffentlichen Leben, im wirtschaftlichen und sozialen Bereich sowie betreffend den Berufszugang, die Beförderung im Beruf, die Berufsberatung, die berufliche Ausbildung und den Zugang zu selbständigen Berufen. Weitere Schritte müssten jedoch noch folgen, damit echte Chancengleichheit möglich werde. Auch wenn die europäischen Richtlinien eine entsprechend gute Grundlage liefern würden, so sei es dennoch notwendig eine innovative und mutige Frauenpolitik zu gestalten, so Ministerin Marie-Josée Jacobs, die dazu aufrief jede Form von Gewalt gegenüber Frauen konsequent zu bekämpfen. Chancengleichheit eben nicht nur fordern, sondern fördern.
Im Mittelpunkt der Rede standen ebenfalls diverse sozialpolitische Fragen, so u.a. die Einführung der Erziehungszulage, die soziale Absicherung von Frauen im allgemeinen und die Umsetzung des Elternurlaubs.
“Mir stungen zesummen an hunn eis dru ginn”
Erna Hennicot-Schoepges, die sich in ihrer Qualität als Parteivorsitzende zum letzten Mal an die CSF Nationaldelegierten wandte, erörterte in einer tiefgehenden Analyse ihre politischen Aufbaujahre innerhalb der Frauenorganisation. Zäher Einsatz, Standfestigkeit, Hartnäckigkeit sind Qualitäten die sich im politischen Umfeld entwickeln. Aber auch die menschliche Seite, die Zuwendung, das Eingehen auf den Anderen, das Eingestehen, dass man sich auch irren kann, sind andere Aspekte eines Entwicklungsprozesses.
Die engagierte Politikerin bereut es nicht, diesen oft harten Weg eingeschlagen zu haben. Über Frauenpolitik, in einer Zeit, wo alles erkämpft werden musste, Recht auf gleiche Ausbildung, Recht auf Berufstätigkeit, Änderung der rückständigen Zivilgesetzgebung, über Gemeindepolitik ins Parlament und später als neue Herausforderung, in das Regierungsmandat. Erna Hennicot-Schoepges ist keiner Herausforderung aus dem Wege gegangen und sieht noch viele Tätigkeitsfelder vor sich.
Zum Dank für ihren Einsatz, besonders im Dienst der CSV und deren Frauenorganisation, überreichte die CSF Vorsitzende Christine Doerner Blumen und ein Erinnerungsgeschenk.