Der von Premierminister Jean-Claude Juncker anlässlich der Erklärung zur wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Lage der Nation im Jahre 2000 angekündigte Rententisch wurde zum vollen Erfolg.
Punktsieg für die CSV und die CSF
Die CSV war als einzige Partei unter dem Motto “Fair Rente fir Fraen” mit ihren Rentenvorschlägen angetreten und hatte somit ihre Forderungen konsequent auf die Frauen und die Anerkennung der Erziehungsleistung in der Rente ausgerichtet. Des weiteren stand die CSV für eine stärkere Erhöhung der niedrigen Pensionen. Die Beschlussfassungen des Rententischs wurden am 5. Juni durch die Abgeordnetenkammer umgesetzt und haben vor allem zu einer Anhebung der kleinen Renten (auch von diesen Maßnahmen sind grösstenteils Frauen betroffen), zum Ausbau und der Weiterentwicklung der Rentenansprüche von Frauen sowie zur Anerkennung der Erziehungsleistung von Frauen geführt.
Entgegen den Aussagen mancher pseudo-fortschrittlicher Zeitgenossen, die bewusst alles in einen Topf warfen und polemisierten, Hausfrauen würden nun gegen berufstätige Frauen – oder umgekehrt – ausgespielt, entspricht die Pensionsreform einer sozusagen zukunftsweisenden Frauenoffensive!
Die CSF Süden begrüßt auf jeden Fall ausdrücklich den Punktsieg für die CSV, deren frauenpolitische Forderungen berücksichtigt wurden und schätzt den Impakt der am Rententisch gefassten Beschlüsse im Sinne einer Verbesserung der Altersversicherung aller Frauen. Mit diesen Maßnahmen im Interesse der Frauen wurde ein erster wichtiger Schritt getan, um langjährig bestehende Ungerechtigkeiten auszumerzen. Ein Stückchen Chancengleichheit mehr also zwischen Männern und Frauen, die letztendlich nur mit Konsequenz erreicht werden kann, wenn Frauen untereinander solidarisch sind!
Anerkennung für die Erziehungsleistung ALLER Frauen
Durch folgende Neuerungen wird die Erziehungsleistung aller Frauen anerkannt:
der Ausdehnung der Babyjahre auf Kinder, die vor dem 1. Januar 1988 geboren wurden
Die Verallgemeinerung der Babyjahre, die auf die vor dem 1. Januar 1988 liegenden Geburten ausgedehnt werden, und die Anhebung der Berechnungsgrundlage auf das anderthalbfache des Mindestlohns würdigen die Erziehungsleistung von berufstätigen Frauen.
Das im Vorfeld dieser Maßnahme getroffene, richtungsweisende Gesetz von 1999, durch das wieder die freiwillige Pensionsversicherung (mit einer staatlichen Beteiligung von 8% und der steuerlichen Absetzung der Beiträge ) ermöglicht wurde, hat bereits vielen Frauen mit minimalen Rentenansprüchen zu einer ehrbaren Rente verholfen.
Frauen, die vor 1988 die Auszahlung ihrer sozialen Beiträge beansprucht haben, können jetzt diese Beiträge wieder einzahlen, so dass die Pensionsansprüche wieder aufleben. Gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit Pensionszeiten nachzukaufen um in den Genuss einer Alterspension zu gelangen. Personen besonders Frauen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, ist zu empfehlen sich von der zuständigen Pensionskasse beraten lassen, um festzustellen wie diese Maßnahmen und die Anrechnung der Babyjahre sich auf die Pension auswirken.
Da keine Verjährungsklausel mehr besteht, kann der Antrag auf Anrechnung der Babyjahre auch noch bei der Beantragung der Pension gestellt werden.
2. die Schaffung einer Erziehungspauschale in der Höhe von 3.000 Franken pro Kind und pro Monat.
Mit der Erziehungspauschale wird die Leistung der Frauen gewürdigt, die keine eigenen Rentenansprüche haben, bzw. bereits in Rente sind. Daheim erziehende Mütter und Frauen, die also nicht vom Babyjahr profitieren konnten, erhalten einen monatlichen Zuschlag von 3 000 Franken pro Kind.
Die Erziehungspauschale ist vor allem eine Geste der Anerkennung gegenüber den Frauen, die Kinder zu einer Zeit erzogen, wo es nicht üblich war, dass verheiratete Frauen im Beruf blieben. Gleichzeitig ist sie ein konkreter Ausdruck für die Wahlfreiheit bei der Gestaltung des Familienlebens. Die 3 000 Franken sind keine Hausfrauenfördermaßnahme, sondern der Ausdruck unseres Respekts vor der Lebensleistung der ehemaligen, aktuellen und zukünftigen Hausfrauen. Frauen oder Männer, die die Entscheidung treffen, sich ganz der Familienarbeit zu widmen, können auch zukünftig die Erziehungspauschale für ihre Leistungen beanspruchen.
Die Erziehungspauschale muss mittels speziellem Formular beantragt werden und kommt jenem Elternteil ab dem 60. Lebensjahr zugute, der die Erziehung der Kinder übernommen hat, ohne dass diese Leistung in der späteren Rente berücksichtigt wird. Eine bezugsberechtigte Person, welche noch kein Antragsformular erhalten hat, kann dieses ohne weiteres im Sekretariat ihrer Wohnsitzgemeinde oder beim Nationalen Solidaritätsfonds (Telefon 49 10 81-33, von 8.30 bis 11.30 Uhr) anfordern .
Vom durchschlagenden Erfolg dieser Maßnahme zeugen die bereits über 32.000 Anträge die beim Nationalen Solidaritätsfonds eingereicht wurden. Die Ausbezahlung erfolgt allerdings nicht vor dem 1.Januar 2003.
Frauen nicht in ein Dilemma drängen
Die CSV hat in den vergangenen Jahren der Frauenpolitik eine neue Orientierung gegeben. Frauenpolitik ist keine einfache Aufgabe in unserer Zeit. Sie kann eigentlich nur darin bestehen, die freie Willensäußerung junger Frauen bestmöglich zu unterstützen, wie auch immer diese ausfällt.
Wenn gut ausgebildete Frauen für sich das Berufsleben wählen, dann gehört diese Entscheidung respektiert und durch eine Politik unterstützt, die diesen Frauen die Vereinbarung von Familie und Beruf auf bestmögliche Art erlaubt. Und zwar bis zur Pensionierung.
Wenn die gleichen Frauen sich später im Leben zeitweilig auf Haushalt und Kinder konzentrieren wollen – der Satz gilt im Übrigen auch für Männer – dann verdient das ebenfalls Respekt und Unterstützung, etwa durch berufliche Wiedereingliederungs-Maßnahmen. Und wenn jemand – noch immer meistens die Frau, aber gelegentlich auch der Mann – sich nur der Familie widmen will, dann hat der Staat auch diese Entscheidung anzuerkennen. Nur diese Auffassung der Gleichwertigkeit der Tätigkeiten ist für die CSV denkbar, weil sie dem Willen der Frauen und Männer Rechnung trägt.
Die von der CSV vorgeschlagene Erziehungspauschale unterstreicht die, frühere und aktuelle, Auffassung unserer Partei, dass die Arbeit in der Familie und im Haushalt viel zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beiträgt und die Anerkennung der Gesellschaft und des Staates verdient.
Gleichzeitig wird aber deutlich, dass wir mit der sozialen Absicherung von Frauen, die nur zeitweise Beitragszahler waren, oder überhaupt keine Rentenansprüche haben, erst halb gewonnen haben. Die CSF verlangt deshalb durch positive Anerkennung und motivierende Maßnahmen sowie durch den Ausbau der benötigten Infrastrukturen, besonders den Frauen neue Chancen zur Integration oder Reintegration auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Die allgemeine Problematik der Individualisierung der Pensionsrechte soll Bestandteil weiterer Analysen sein im Rahmen einer Arbeitsgruppe, die von der Regierung eingesetzt wurde. Dass die abgeleiteten Pensionsrechte bei den jetzigen Bezieherinnen einfach hin abgeschafft würden, steht ausser Frage. In Anbetracht der Probleme, die die langfristige Absicherung unserer Rentensysteme aufwirft, soll jedoch baldmöglichst ein Modell eines allgemeinen individuell beitragspflichtigen Versicherungssystems ausgearbeitet werden.
Die Auseinandersetzung um ausgleichende Gerechtigkeit zwischen ausser Hause Berufstätigen und ganztätig zuhause Tätigen, ist und bleibt eine Gratwanderung. Die Frauen sollen sich vor allem nicht auseinanderdividieren lassen. In einer Demokratie und offenen Gesellschaft gilt es die Unterschiede anzuerkennen, mit dem Recht auf Anderssein. Auch Gleichbehandlung und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern kann man darüber hinaus nur durch echte Partnerschaft erreichen.
Sylvie Andrich-Duval
CSF Präsidentin im Bezirk Süden