Nach dem Votum des belgischen Euthanasie-Gesetzes ist auch in Luxemburg die Debatte um das Thema Sterbehilfe wieder aufgeflammt. Jahre nach dem letzten diesbezüglichen parlamentarischen Bericht, der zurückbehielt, dass kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, wurde auch in Luxemburg ein Gesetzvorschlag zur Euthanasie eingebracht. Grund genug für die CSV, sich auf ein Neues eingehend damit auseinanderzusetzen, ohne Scheuklappen, und mit dem nötigen Respekt gegenüber anderen Meinungen. Kaum ein Thema eignet sich weniger für parteipolitische Ränkespiele: die Fragen der Sterbehilfe und der Sterbebegleitung sind die eigentlichen Fragen des Lebens. Im Übrigen ist es völlig irreführend, einen Gesetzvorschlag, der aktive Euthanasie als Ziel hat, “Gesetzvorschlag zum Sterben in Würde zu nennen”. Denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Für die CSV steht eines fest. Aktive Euthanasie wird es mit uns nicht geben. Nicht jetzt, und auch nicht in Zukunft. Die Fraktion und die Parteigremien sind sich völlig darüber einig, dass der Respekt vor dem menschlichen Leben und die Pflicht, es zu schützen und zu erhalten, nicht damit vereinbar sind, in extremen Situationen den Tod eines Menschen bewusst herbeizuführen. Dies nämlich ist aktive Sterbehilfe: durch eine bestimmte Handlung in direktem kausalen Zusammenhang das Leben eines Menschen in Minuten zu beenden. Eine solche Handlung lehnt die CSV ab.
Wir sind davon überzeugt, dass der Ruf nach aktiver Sterbehilfe viel weniger laut erschallen würde, wenn jeder todkranke Mensch zum Ende seines Lebens die richtige medizinische Betreuung fände. Sterbebegleitung – ein Begriff mit vielen Facetten – ist unserer Auffassung nach der menschlichere, der richtigere Weg zum Sterben in Würde.
Zur Sterbebegleitung gehört die allgemeine Verfügbarkeit palliativmedizinischer Betreuung. Hierbei geht es um die Erhaltung oder die Wiederherstellung einer gewissen Lebensqualität des unheilbar kranken Menschen, vor allem durch adäquate Schmerztherapie, die dem Sterbenden das körperliche Leiden, den Schmerz also, weitestgehend nimmt. Palliativmedizin und Schmerztherapie sind in Luxemburg noch nicht weit genug verbreitet. Wir arbeiten aktiv an einer spürbaren Verstärkung ihrer Verfügbarkeit.
Schmerztherapie beruht auf der Behandlung mit schmerzlindernden Medikamenten – Medikamenten, die durch ihre Nebenwirkungen die Lebenserwartung des Patienten bei entsprechend hoher Dosierung verkürzen können. Bei der Sterbebegleitung geht es eben darum, dem Kranken auf medizinischem Weg eine gewisse Lebensqualität zu erhalten, und ihn auch psychologisch in seinen letzten Momenten zu betreuen – die Anwesenheit seiner Familie und die menschliche Umrahmung durch medizinisches Personal spielen hierbei eine wesentliche Rolle.
Hier liegt der wesentliche Unterschied zur aktiven Sterbehilfe: bei ihr wird der Tod nicht hingenommen, sondern wissentlich und willentlich durch eine bestimmte Handlung herbeigeführt. Bei der Sterbebegleitung tritt zu einem bestimmten Zeitpunkt der natürliche Tod ein. Man kann in solchen Fällen von passiver Euthanasie sprechen.
Sterben in Würde bedeutet auch, dass niemand über seine natürliche Lebensdauer hinaus künstlich am Leben gehalten wird. Der französische Begriff für eine derartige unnatürliche Lebensverlängerung – oft genug geht es übrigens nur noch um die Stoffwechselfunktion, da ein Mensch nach seinem Hirntod nicht mehr im natürlichen Sinne “lebt” – ist “acharnement thérapeutique”. Er ist gegeben, wenn keine Aussicht auf Heilung oder Besserung mehr besteht, und dennoch das vegetative Leben verlängert wird. “Acharnement thérapeutique” ist abzulehnen, wenn das Leben an seinem natürlichen Ende angelangt ist.
Grauzonen gibt es am Ende des Lebens viele. Einige davon können durch eine Patientenverfügung erhellt werden: es ist legitim und sinnvoll, dass ein Mensch Anweisungen dafür hinterlässt, wie er sich das Ende seines Lebens vorstellt. Ob er im Falle definitiv unheilbarer Erkrankung beispielsweise dennoch will, dass alle möglichen rein lebensverlängernde Massnahmen getroffen werden, oder ob er in einer solchen Situation die palliativmedizinische Begleitung seines natürlichen Sterbens vorzieht. Der Wille des Menschen soll durch eine Patientenverfügung auch im Sterben respektiert werden. Und zwar auch dann, wenn er an seinem Lebensende nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äussern.
Alle Fragen, die das Sterben eines Menschen betreffen, sind Fragen des Lebens. Deshalb sind es Gewissensfragen. Parteizwänge kann und darf es in solchen Fragen nicht geben. Auch die Beschwörung des klassischen Kontrapunkts – dass es nämlich hier konservative und fortschrittliche Haltungen gäbe – ist völlig unangebracht. Es geht um nichts mehr und nichts weniger als um das menschliche Leben. Auch wenn es sich seinem Ende zuneigt. Das Ende des menschlichen Lebens, unter welchen Umständen auch immer es sich einstellt, darf nicht der Banalisierung preisgegeben werden: dies hätte auf Dauer eine Einstellung der Beliebigkeit gegenüber Leben und Tod zur Konsequenz, die eine auf Werten aufbauende Gesellschaft nicht hinnehmen kann.