Der wichtigste Tagesordnungspunkt auf dem EU-Gipfeltreffen in Sevilla am 21. und 22. Juni waren Fragen der Asyl- und Einwanderungspolitik sowie die Bekämpfung der illegalen Immigration.
Der wichtigste Tagesordnungspunkt auf dem EU-Gipfeltreffen in Sevilla am 21. und 22. Juni waren Fragen der Asyl- und Einwanderungspolitik sowie die Bekämpfung der illegalen Immigration. Für sich allein können die Nationalstaaten bei diesen Themen keine zufriedenstellende Lösung finden. Gegenüber dem Migrationsdruck aus der Dritten Welt und aus Krisengebieten wie dem Balkan sowie den international agierenden und organisierten Schlepperbanden und Menschenhändlern können Nationalstaaten nur begrenzte Maßnahmen ergreifen. Asyl und Immigration sind Themen, wo die Bürger der 15 EU-Staaten mehr Europa brauchen. Die in Sevilla erreichte Einigung auf eine gemeinsame Marschrichtung in Fragen der Immigration ist daher begrüßenswert. Der Gipfel von Sevilla hielt fest, dass es in nächster Zeit zu einer Harmonisierung der Prozeduren beim Asylrecht kommen soll. Neben Mindestvorschriften beim Asylrecht soll es im Laufe des nächsten Jahres ebenfalls zu gemeinsamen Bestimmungen über die Zuerkennung des Flüchtlingsstatuts und der Familienzusammenführung kommen. Gerade was Letzteres betrifft, zeichnet sich Luxemburg, im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, durch eine großzügigere Politik aus. Kinder bis 18 Jahre, oder Kinder, die älter sind aber finanziell abhängig, können ihren Eltern nach Luxemburg folgen. Umgekehrt gilt ebenfalls, dass Eltern, die auf die Versorgung durch ihre Kinder angewiesen sind, diesen nach Luxemburg folgen können.
Klare Luxemburger Position
In Sevilla wurde ebenfalls über die Bekämpfung der illegalen Immigration gesprochen. Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, kam dabei im Vorfeld des Gipfeltreffens ein neuer Vorschlag zur Sprache: Drittstaaten, die nur ungenügende Maßnahmen gegen Menschenschmuggel ergreifen, sollten Sanktionen angedroht werden. Im Gespräch war die Aussetzung der Zusammenarbeit mit der EU und vor allem die Streichung von Entwicklungshilfe. Neben Jacques Chirac und Guy Verhofstadt setzte sich vor allem Jean-Claude Juncker gegen eine solche Koppelung von Zielen bei der Bekämpfung der illegalen Zuwanderung und der Entwicklungshilfe ein. Ihr Argument war, dass Europa mit einem solchen Schritt vor allem die Menschen bestrafe, die in den betroffenen Ländern bereits heute am meisten Not leiden. In der Folge wäre der perverse Effekt einer solchen Vorgehensweise wahrscheinlich sogar eine noch stärkere Fluchtbewegung. Die Luxemburger Position vor Sevilla und in Sevilla war klar: Ja zu einer notwendigen gemeinsamen Politik gegen illegale Einwanderung und der Unterstützung von Drittstaaten, damit diese ihre Grenzen besser schützen können. Nein zur regelrechten Bestrafung von Ländern in den Migrationsbewegungen ihren Ursprung haben, bzw. Transitländern der illegalen Immigration. Eine Abschottungspolitik, die darauf abzielt, zwischen dem reichen Europa und benachteiligten Kontinenten und Regionen eine Mauer zu errichten, ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Es gab auch in Europa in der Vergangenheit genug Beispiele, die zeigten, dass sich Armut und Hoffnungslosigkeit auf Dauer weder weg- noch aussperren ließen. Globalisierung des sozialen Fortschritts Die beste und effizienteste Methode zur Unterbindung von illegaler Einwanderung ist die Bekämpfung von Armut, des Mangels an medizinischer Versorgung und der Umweltzerstörung in den Ländern der Dritten Welt. Zu einer solchen Politik gehören auch die Förderung demokratischer Prozesse und der Rechte von Frauen. In andern Worten:
Die Globalisierung des sozialen Fortschritts
Europa braucht überdies ein gewisses Maß an Einwanderung. Demographische Ungleichgewichte können nur durch Zuwanderung ausgeglichen werden. Und nicht zuletzt muss Europa seinen Idealen treu bleiben. Unser Kontinent muss ein Zufluchtsort bleiben, für Menschen, die in ihrer Heimat wegen ihres Glaubens, ihren politischen Überzeugungen oder ihrer ethnischen Herkunft verfolgt werden. Die Luxemburger Regierung hatte ihre Position bereits vor dem Gipfel von Sevilla in der Öffentlichkeit deutlich gemacht. Es ist zu begrüßen, dass die von ihr klar bevorzugte Marschrichtung, die auf Kooperation statt auf Sanktionen baut, sich schließlich durchsetzte. Bedenklich ist jedoch, dass der deutsche Bundeskanzler, der einer rot-grünen Koalition, also sogenannten progressiven Kräften, vorsteht, für den restriktiveren Weg eintrat. Mit der Äußerung, es sei weniger, als er erwartet habe, machte er nach dem Gipfel keinen Hehl aus seiner Enttäuschung.