Überlegungen zum Bezirkskongress 2002 der CSV-Zentrum Eine Analyse des diesjährigen Staatshaushalts zeigt unmissverständlich, dass die nationale Finanzpolitik eine bewusst hohe Investitionsquote anstrebt. Die diesbezüglichen Ausgaben belaufen sich auf stattliche 725 Millionen Euro. Doch damit hat es sich nicht. Sämtliche, aus dem vorjährigen Haushalt erwirtschafteten Mehreinnahmen sind ebenfalls in so genannte Investitionsfonds geflossen.
Hohe Investitionsreserven, anspruchsvolles Investitionsprogramm Die Investitionsreserven sind somit, im Vergleich zu denjenigen anderer europäischer Länder außerordentlich hoch. Falsch wäre allerdings, hieraus auf prall gefüllte Staatskassen zu schließen und unserem Land eine überbordende Finanzkraft zuzumuten. Dem ist gewiss nicht so. Die nationalen Reserven reichen nämlich nur, ohne zusätzliche Mehreinnahmen, für die nächsten vier Jahre, insofern man das schon beschlossene und bereits teilweise in Angriff genommene Bauprogramm zu Ende führen will. An sicherlich notwendige Neuprojekte ist dabei nicht zu denken.
Man kann also durchaus davon ausgehen, dass die seit Jahren getätigte, sehr umsichtige Vorfinanzierungspolitik von Minister Frieden und seinen Vorgängern durchaus richtig liegt und uns gegen etwaige Tücken der Konjunkturentwicklung absichert.
Doch der bloße Besitz von Geld genügt nicht. Wichtig ist, dass dieses richtig und zum passenden Zeitpunkt genutzt wird.
Luxemburg beabsichtigt ein anspruchsvolles Investitionsprogramm anzugehen, das bei weitem diejenigen der letzten Jahrzehnte übertreffen soll. Allerdings geht die diesbezügliche Planung nur von den realen Bedürfnissen aus, die in Sachen Schul- und Kulturbauten, Spitälern und Altersheimen, Straßen- und Schienennetz ermittelt wurden.
Die Wirtschaftsentwicklung als Expansionsmotor Der Anstieg der Bedürfnisse in den letzten Jahren und die kurzfristige Notwendigkeit sie in Realität umzusetzen erklären sich aus der explosionsartigen Wirtschaftsentwicklung, die Anfang der 90er Jahre begonnen hat. Eine steigende Bevölkerungszahl, ein zunehmender Anteil von Grenzgängern auf dem Luxemburger Arbeitsmarkt sowie eine sprunghafte Entwicklung des Arbeitsmarktes haben den nationalen Infrastrukturbedarf erheblich vergrößert. Hierzu kommt selbstverständlich die verstärkte Konkurrenz, die in einer globalisierten, von modernen Kommunikationstechnologien geprägten Welt jeden Wirtschaftsstandort nötigt, ein nicht nur günstiges fiskalisches Umfeld anzubieten, sondern ebenfalls ein von Vielseitigkeit geprägtes infrastrukturelles Angebot zu machen.
Der Bezirk Zentrum gefordert Für den Bezirk Zentrum ergeben sich hieraus zwangsläufig vielschichtige Konsequenzen. Nicht nur, dass unser Straßennetz durch die Fertigstellung der Nordstraße vervollständigt werden muss, sondern neue Transportwege, wie das geplante Schienennetz und seine Verbindung Bahnhof-Flughafen- Kirchberg haben hier Vorrangstellung. Dies gilt ebenfalls für Sozial- und Schulprojekte, die sowohl beim Staat als, was den Primärschulbereich betrifft, bei den Gemeinden in Planung sind.
Jedoch weder die Stadt Luxemburg noch die Anrainergemeinden können diesem Wachstum folgen.
Dezentralisierung und wohl durchdachte Landesplanung sind demnach vonnöten. Die von Minister Wolter vorgelegten Pläne zur Umgestaltung der Industriebrachen in Belval dürften hier ein gutes Beispiel abgeben.
Allerdings bleibt nach wie vor das leidige Problem der fristgerechten Fertigstellung des geplanten Projektpakets. Eine Studie des Bautenministeriums zeigt, dass der Bau einer Sekundarschule, um nur ein Beispiel unter vielen anzuführen, vom Startschuss bis zur endgültigen Fertigstellung, wenn alles planmäßig abläuft, mindestens 8,5 Jahre beansprucht. Die eigentliche Bauzeit allerdings ist mit rund drei Jahren zu veranschlagen. Das Fazit, das aus dieser Sachlage zu ziehen ist, dürfte klar sein. Unsere Prozeduren, die einzeln genommen sinnvoll erscheinen mögen, sind in ihrer Gesamtheit schwierig und zeitraubend. Sie erlauben der öffentlichen Hand heute kaum mehr ein weitsichtiges Planen fristgerecht umzusetzen. Das Überdenken und Neudefinieren des Prozedurenkatalogs ist in diesem Zusammenhang nicht nur angebracht, sondern eine dringliche Pflichtübung.
Es geht aber nicht nur darum, sich die finanziellen Mittel zur Infrastrukturentwicklung zu geben.
Unerlässlich ist ebenfalls die Akzeptanz der Bevölkerung, die für diese notwendigen Zukunftsschritte gewonnen werden muss und keineswegs abseits stehen darf. Schließlich geht es dann auch um die Schaffung von Rechts- und Verwaltungsstrukturen, die in annehmbaren Zeiträumen die erforderliche Handlungsfähigkeit ermöglichen.
Claude Wiseler Abgeordneter CSV-Bezirkspräsident